„Wenn es uns Ältere nicht gäbe, wäre die Partei nicht so weit.“

Seit fast 20 Jahren gibt es nun die LAG Senioren bei der Thüringern LINKEN. Seit Dezember heißt die neue Sprecherin Ursula Monsees, die Christa Steppat ablöste. Monsees will vor allem auf Kontinuität setzen und wünscht sich, dass es eine noch bessere Kooperation mit den Kreisen und auch dem Jugendverband gibt.

Ursula Monsees hatte keine einfache Kindheit. Ihr Vater fiel dem bestialischen Morden des 2. Weltkrieges zum Opfer, ihre Mutter hatte so viele Probleme, dass sie bei ihrer Großmutter aufwuchs. Aber auch die Oma bekam gesundheitliche Schwierigkeiten und so landete sie mehrmals im Kinderheim. „Diese Zeit hatte viele negative Seiten. Die Kinder haben mich wegen meiner Behinderung am Arm oft gehänselt, nannten mich Missgeburt. Aber letztlich habe ich das überwunden.“ Nach der Zeit im Heim kam Ursula Monsees wieder nach Hause, wo plötzlich ein kleines Brüderchen wartete. Auch das hat sie geprägt.


Mit 16 Jahren, nach dem Abschluss der mittleren Reife, entschied sich Ursula für eine Ausbildung als Kinderkrankenschwester, trotz ihrer Behinderung am linken Arm. „Gerne wäre ich, wie meine Mutter, Lehrerin geworden, aber dafür hat mein Leistungsdurchschnitt nicht gereicht, weil man in die DDR als Angestelltenkind bessere Noten haben musste als Arbeiterkinder.“ Schon während der Ausbildungszeit begann Ursula, sich für die FDJ zu engagieren. „Das hat mir Spaß gemacht und ich konnte mich wunderbar entfalten und war richtig in meinem Element.“ Nach der Ausbildung wollte sie in einer Kinderkrippe anfangen, doch statt dessen wurde sie hauptamtliche FDJ-Sekretärin an der medizinischen Fachschule. Im Gegensatz zur ehrenamtlichen Tätigkeit wurde sie dort nicht richtig glücklich, hauptsächlich, weil als Hauptamtliche die Möglichkeiten der freien Entfaltung nicht mehr in der Form wie zuvor bestand.


In der Bundesrepublik war Ursula nur einmal, im August 1961. Als sie ausgerechnet am 13. August von einem Verwandtenbesuch aus West-Berlin in der DDR zurückkehren wollte, stand schon die Mauer. „Die DDR-Behörden ließen mich zunächst nicht zurück, aber ich wollte auf keinen Fall im Westen bleiben. Ich fand das damals dumm und habe überhaupt nicht verstanden, was das sollte.“ Schließlich konnte sie doch zurückkehren, jedoch mit der Maßgabe in diue Partei einzutreten und sich dort als überzeugte Sozialistin zu bewähren. „So wurde ich 1961 Kandidatin, aber zunächst nicht aus Überzeugung. Am Anfang fand ich das nicht besonders angenehm, aber nach kurzer Zeit, begann ich mich in der Partei wohlzufühlen und später war ich dann aus voller Überzeugung Mitglied in der SED.“ Auf Dauer war die hauptamtliche politische Tätigkeit aber doch nicht das Richtige für Ursula Monsees. Mit 20 Jahren hörte sie als FDJ-Sekretärin auf und wurde Pflegerin in einer Kinderkrippe. Per Fernschulausbildung qualifizierte sie sich zur Kinderkrippenleiterin weiter. Nach der Scheidung von ihrem Mann stand Ursula mit zwei kleinen Kindern alleine da und war nicht mehr in der Lage, das ständige Einspringen bei Personalmangel und die harte Arbeit als Krippenleiterin zu bewerkstelligen. So landete sie bei der Urania, der Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse und begann auch dort wieder damit, sich weiter zu qualifizieren. Per Fernstudium erlanget sie einen Abschluss als Diplompädagogin. Beruf, Studium, alleinerziehende Mutter mit zwei Kinder, diese Kombination war in der DDR damals möglich, heute dagegen scheint das unvorstellbar.


„Kleine Kinder und ältere Leute haben viel gemeinsam, sie brauchen viel Fürsorge“, sagt Ursula halb ernst mit Blick auf ihre folgende Tätigkeit bei der Volkssolidarität, die sie auch nach der Wende ausübte. Von den Ereignissen 1989/90 wurde sie regelrecht überrollt. „Die Volkssolidarität war dem Gesundheitswesen untergeordnet. Mit den Problemen in den Betrieben hatten wir nichts zu tun, so dass wir vieles nicht mitbekommen haben. Die Wende habe ich am Anfang überhaupt nicht begriffen. Ich war mit der DDR immer recht zufrieden gewesen, auch wenn es an manchen Dingen gemangelt hat. Dementsprechend fassungslos stand ich dem Chaos der Wendezeit gegenüber. Viele haben meinen Kopf gefordert, aber die Angestellten bei der Volkssolidarität waren mit mir zu frieden, weil ich jederzeit vom menschlichen Standpunkt aus an alle Probleme herangegangen bin.“ So blieb Ursula Monsees auch nach dem Ende der DDR bei der Volkssolidarität. Nun gab es vermehrt finanzielle Schwierigkeiten. Auch im zwischenmenschlichen Bereich war es keine leichte Zeit. Fast alle Angestellten musste sie als Geschäftsführerin entlassen, das ging nicht spurlos an ihr vorbei. Aber wie schon immer in ihrem Leben hat sie sich auch durch diese harte Zeit durchgebissen. „Die Umbruchzeit war trotzdem eine ganz schlimm Phase, die ich nicht noch einmal erleben möchte.“


Besonders hart war die Zeit nach 1990 in der Seniorenarbeit. Aber Ursula hatte den Ehrgeiz besonders den gewendeten „Blockflöten“ zu beweisen, dass die Volkssolidarität erhalten werden kann, egal wie viele Steine man ihr in den Weg legte und sie zu manchem Trick greifen musste, um sich zu behaupten. 1997 endete ihre Tätigkeit bei der Volkssolidarität. Danach folgten etwas ruhigere Jahre, auch wenn sie weiterhin ehrenamtlich bei der Volkssolidarität aktiv blieb. Ihre Parteimitgliedschaft ruhte einige Jahre, ehe sie sich „zurückmeldete“. 


Als Rentnerin geht es Ursula heute nicht schlecht, wie sie selbst befindet, auch wenn die Rente nicht üppig ist und Lebenshaltungskosten hoch sind. „Ich bin aber der Meinung, dass die innere Zufriedenheit der Senioren zu DDR-Zeiten größer war als heute, weil man wusste, wo es lang geht, es gab eine soziale Geborgenheit, jeder wusste, wohin man sich wenden kann, wenn es Probleme gibt. Heute sagt einem keiner mehr etwas.“


Seit Dezember letzten Jahres ist Ursula Sprecherin der LAG Senioren der Thüringern LINKEN, die im September ihr 20. Jubiläum feiert. Sie tritt damit in die großen Fußstapfen ihrer Vorgängerin Christa Steppat, die auf dem Parteitag im November mit stehenden Ovationen verabschiedet wurde. „Es wird schwer etwas besser zu machen“, lobt Ursula Monsees ihrer Vorgängerin und sieht folglich wenig Handlungsbedarf für grundlegende Veränderungen. Ursula Monsees ist ein ganz anderer Mensch als Christa Steppat und wird dementsprechend einen anderen Arbeitsstil haben, ansonsten wird die Umsetzung der seniorenpolitischen Leitlinien im Vordergrund stehen, die von der Partei mit überwältigender Mehrheit angenommen wurden. Forcieren möchte sie die Zusammenarbeit mit den Kreisverbänden und freut sich, dass erste Signale in diese Richtung aus vielen Kreisen sehr positiv sind. Weiter ausgebaut werden soll auch die Kooperation mit Vereinen und Verbänden, besonders wenn es um das Thema Barrierefreiheit geht. Ursula Monsees wünscht sich zudem ein besseres Verständnis zwischen Senioren und Jugendverband. Statt den Generationenkonflikt auszutragen, könnte beide Seiten voneinander profitieren, ist sich Ursula Monsees sicher. „Sporadisch wird das jetzt schon in manchen Kreisen gemacht. Die Bereitschaft dafür ist da, es fehlt nur an Systematik. Wenn es um Geschichte geht, können wir als Ältere, die viel noch selbst erlebt haben, so manches an die Jugend weiter geben, während wir Ältere etwas über neue Aktionsformen lernen können.“ 


In einem Punkt ist sich Ursula Monsees völlig sicher: „Wenn es uns Ältere nicht gäbe, dann wäre die Partei nicht so weit. Auf uns kann man sich immer verlassen, egal wozu wir gebraucht werden.“ Einen richtig großen Wunsch hat Ursula Monsees zum Schluss noch an die Partei: „Ich hoffe inständig, dass der Umgang untereinander wieder besser wird.“