Von Seiten der Nazis ist das Konzept leider aufgegangen

Unweit der Thüringer Grenze fand in Berga (Kreis Mansfeld-Südharz) ein großes Nazifest statt. Erste Proteste gab es, aber noch ist der Widerstand im ländlichen Raum zu gering, um den Ablauf des Nazifestes ernsthaft zu stören.

Während sich das politische Deutschland vom Sommerloch auf die heiße Wahlkampfphase zu bewegt, kochen die Neonazis weiter ihr braunes Hassfestivalsüppchen. Nach dem „Rock für Deutschland“ in Gera und dem „Thüringentag der nationalen Jugend“ in Kahla, scheinen die Nazis neuerdings eine länderübergreifende Strategie zu verfolgen. So organisierte der NPD-Vorsitzende des Kyffhäuserkreises, Patrick Weber,  in Berga, zehn Kilometer von Bad Frankenhausen entfernt, eine als Volksfest getarnte neonazistische Veranstaltung mit dem Titel: „In Bewegung 2013 – das politische Fest der Nationalen“. 

Wie immer, wurde im Vorfeld von engagieren Demokratinnen und Demokraten gegen die Verbreitung faschistischer Ideologie mobilisiert. Doch das Fazit der Proteste in Berga und in der nahegelegenen Kreisstadt Sangerhausen fällt ernüchternd aus:  „Von Seiten der Nazis ist das Konzept, das Festival in den ländlichen Raum zu verschieben, leider aufgegangen, weil dort keine großen Proteste zu erwarten sind“, bilanziert Katja Fiebiger von der Mobilen Beratung in Thüringen –  für Demokratie gegen Rechtsextremismus (MOBIT).

Knapp 100 Menschen auf der Demo „Sangerhausen bleibt bunt“ setzten immerhin ein Zeichen des Widerstandes und einige fuhren auch nach Berga weiter. „ Ich fand es gut, dass es in Berga zwei Infopunkte gab, die ankommenden Nazis Protest signalisiert haben. Es gab auch Unterstützung aus Thüringen: Nordhausen, Eichsfeld, der Kyffhäuserkreis und Erfurt beteiligten sich“, lobt Katja Fiebiger. Die Gesamtzahl des Widerstandes war jedoch unter dem Strich zu klein, um den Ablauf des Nazifestes ernsthaft zu stören.  „Besonders gruselig fand ich, dass das Festivalgelände nicht eingezäunt war und die dadurch hohe Präsenz von Neonazis auf der Straße. Sie konnten ungestört ihr Festival abhalten. Ich habe auch keinen Druck von Seiten der Polizei erlebt, aber unsere Demo musste auf dem Fußweg, statt auf der Straße laufen. Dabei hatte ich teilweise richtig Angst, weil wir zahlenmäßig deutlich unterlegen waren“, fasst Katja Fiebiger die Aktionen am 10. August zusammen. Bei aller Kritik sei aber positiv anzumerken, dass die Bündnisse aus den angrenzenden Regionen grundsätzlich funktioniert und eine Zusammenarbeit statt gefunden habe. Es brauche nun aber eine Debatte über Protest im ländlichen Raum, so die MOBIT-Beraterin abschließend. 

Stefan Vogt, vom Regionalen Beratungsteam Süd-West im Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus Sachsen-Anhalt, sieht sogar noch weitere positive Aspekte der Protestaktionen. „Es ist gelungen, trotz der sehr kurzen Zeit, Proteste zu mobilisieren, um zumindest bei der An- und Abreise der Nazis am Bahnhof, auch in Sicht- und Hörweite. Am Tag davor nahmen 100 Menschen bei eine Kerzenprozession durch Berga teil, was für so einen kleinen Ort, in der es vorher keinerlei Protestkultur gab, schon ein großer Erfolg ist, auf den wir beim nächsten Mal aufbauen können“. Vogt teilt aber Fiebigers Einschätzung, dass das Nazifest insgesamt relativ ungestört abgelaufen ist. 

So bleibt nur zu hoffen, dass die ersten Erfahrungen aus diesem Jahr genutzt werden, um das Nazifest, sollte es in nächsten Jahr wieder in Berga, stattfinden, ernsthaft zu stören oder besser gleich ganz zu verhindern. Das zunehmende Ausweichen der Nazievents in die Provinz kommt sicher auch durch die gewachsene Protestkultur in Ballungsräumen zu Stande. Jetzt muss der ländliche Raum nachziehen, bis den Nazis am Ende nur noch der Mond als Veranstaltungsort übrig bleibt.

th