Schwein oder nicht Schwein, das ist hier die Frage

Oldisleben im Kyffhäuserkreis bleibt die Mega-Schweinemastanlage erspart – wie moderne, nachhaltige Landwirtschaft aussehen kann, zeigt sich nur wenige Kilometer entfernt auf dem Gutshof Hauteroda.

Grillen ist angesagt.  Beim Fleischer steht ein Ehepaar und rechnet durch, wie viele Brätl und Würste für die zu erwarteten acht Gäste benötigt werden. Die Nackensteaks sind im Angebot. Es wird kräftig zugeschlagen. Die Fleischportion hätte für einen Drei-Personenhaushalt als Wintervorrat gereicht. Das ist offensichtlich der Normalfall bei Grillwetter. Abgesehen von den gesundheitlichen Schäden durch Überernährung denkt kaum jemand an die einhergehenden enormen Umweltschäden oder an die Qualen der Massentierhaltung. Die Briefkästen quellen über von den bunten Werbeblättern der Handelsketten. Wenn auch noch „Bio“ und Angebotspreis  genannt werden, gibt es keine Hemmungen.  Die Werbung funktioniert durch das Ausschalten von Bedenken und Nachdenken. Wer als Erzeuger in dieser Schlacht mithalten möchte, muss mit rabiaten Mitteln produzieren. Die Handelsketten diktieren die Preise und kennen keine Skrupel. Das Märchen vom „ehrbaren Kaufmann“ ist ein Relikt aus der Vergangenheit. Es wird mit der Ware gehandelt, welche den höchst möglichen Profit erzielt. Dies bedeutet, für die Massentierhaltung werden große Mengen an Soja benötigt. Vor allen Dingen in Südamerika werden riesige Landflächen und Wälder  durch gnadenlosen Raubbau für Sojafelder ausgelaugt und damit vernichtet. Einheimische Flächen werden zur Erzeugung von „Bio-Sprit“ und nicht zur Erzeugung von Futter- oder Lebensmitteln verwendet.

Der Kyffhäuserkreis ist die ärmste Region Thüringens, aber ideales Gebiet für findige Geschäftsleute. Wo ökonomische Probleme bestehen, schaut man schnell einmal über ökologische Folgen hinweg. In Thüringen kann zum Beispiel kein Nachweis über den Verbleib von Gülle eingeklagt werden. Das lockt die industriellen Tierhalter an.

Die Wigger-Pieper Handels GmbH aus Telgte in Nordrhein-Westfalen betreibt im Kyffhäuserkreis zwei Schweinemastanlagen in Gorsleben und in Hauteroda. Eine weitere sollte in Oldisleben am Rande des EU-Projektes „Salzwiesen“ entstehen. Das Esperstedter Ried ist ein von der EU gefördertes Schutzgebiet für seltene Pflanzen und Tiere von internationaler Bedeutung. Außerdem befinden sich in der Nähe Kiesgewässer mit Grundwasserzuführung. Trotzdem wurde 2010 vom Landesverwaltungsamt die Genehmigung zur Errichtung einer Mastanlage für über 8.000 Schweine erteilt. Das bedeutet, im Zeitraum von nur 19 Wochen werden Ferkel mit einem Gewicht von 20 Kilo auf 100 Kilo gemästet. Die Fäkalien werden ins Umland verbracht, denn eine Biogasanlage verarbeitet schlicht nur Gas. 

Das wurde selbst den Bürgern von Bad Frankenhausen unheimlich. Der Duft über den Feldern würde den Kurbetrieb bestimmt nicht dienlich sein. Die lichte Voraussicht – „es entstehen acht Arbeitsplätze“ –  überzeugte die Anrainer nicht. Seit dem Jahr 2009 besteht in Oldisleben eine Bürgerinitiative „Diamantene Aue“. Die Initiatoren Herr Schmidt und Herr Tettenborn fanden im Ort engagierte Bürger, welche sich auch gegen den Gemeinderatsbeschluss zur Errichtung der Schweinefabrik auflehnten. Versammlungsräume wurden ihnen verweigert. Der evangelische Pfarrer öffnete der Bürgerbewegung das Gemeindehaus und die Arbeit konnte beginnen. Ein  Kampf über viele Jahre stand bevor. Es kamen Spenden und moralische Unterstützung nicht nur vom BUND, welcher auch als Kläger auftrat. Selbst der Bürgermeister von Bad Frankenhausen wurde zum Unterstützer der Initiative. DIE LINKE  und die Grünen standen ebenfalls hinter der Sache vieler Oldislebener. Protestplakate wurden nachts von feigen Befürwortern entfernt. Das nützte aber nichts. Das Verwaltungsgericht Weimar hat am 15. Mai entschieden, dass die Baugenehmigung aus Umweltgründen ungültig ist. Es lohnt sich manchmal doch, Kämpfe mit Behörden durchzuhalten und vor allen Dingen, den Kopf oben zu halten.

Im Kyffhäuserkreis, wo in Sondershausen vom 7. bis 9. Juni der Thüringentag  statt findet, gibt es  andere Beispiele für eine nachhaltige Landwirtschaft. Im Gutshof-Hauteroda lebt und arbeitet die Markus-Gemeinschaft. Gemeinsam mit behinderten Menschen wird eine ökologische Landwirtschaft betrieben. Dieses Projekt war das Erste, aber sicher nicht das Letzte seiner Art. Gute Gründe, sich zukünftig noch intensiver damit auseinander zu setzen.


Uwe Pohlitz