Schlecker-Pleite: Beschäftigte sollen nun für die Krise zahlen

Jahrelang galt Schlecker als Inbegriff für Lohndumping und schlechte Behandlung seiner Mitarbeiter. Dass das Unternehmen jetzt Pleite ist zeigt, dass solche Geschäftspraktiken keine Erfolgsmodell sind.

Der Unternehmenseigner Anton Schlecker gehört zu den reichsten Deutschen. Sein geschätztes Vermögen lag im Jahr 2011 bei über zwei Milliarden Euro. Jahrelang hat das Unternehmen seine Beschäftigten drangsaliert, bespitzelt und versucht, ihre Löhne zu drücken. Tausende von Beschäftigten haben dafür bei schlechter Bezahlung geschuftet. Sie schufen die Werte und den Überfluss, von denen sich die Schleckers, die Albrechts und Kaiser bedienen und ausruhen können. 

Aber warum wurde ein Marktführer in die Knie gezwungen? Schlecker ergeht es nicht anders als anderen großen, auch global agierenden Unternehmen zuvor. Erinnern wir uns an die Mega-Pleiten wie Mannesmann, Karstadt, Qimonda, Schiesser, Rosenthal, der Spielzeughersteller Märklin mit seiner 150-jährigen Unternehmensgeschichte und erst kürzlich der Druckmaschinenhersteller Manroland. Die Liste ist lang. Diese Unternehmen wurden durch die systemimmanente Logik des Marktes und seinen neoliberalen Fesseln auf das Schafott des ruinösen Verdrängungswettbewerbs geworfen. Marktmacht und Profitrate bestimmen das Handeln der Unternehmen. Demzufolge wird überproduziert und investiert – mit geliehenem Geld der Banken, gleichzeitig werden der Lohn gedrückt und soziale Rechte abgebaut. Stetig erlebt man – nicht nur in der Drogeriebranche – Neueröffnungen von Filialen, in der Hoffnung so ein größeres Stück von dem nicht größer werdenden Kuchen zu bekommen. 

2010 gab es im Einzelhandel in Deutschland 122 Millionen Quadratmeter Verkaufsfläche, soviel wie noch nie. Zugleich fallen die Umsatzerlöse je Quadratmeter und stagniert die Nachfrage. Die Politik und die öffentliche Verwaltung haben diesen ungezügelten Wettstreit zum Teil noch unterstützt, indem sie entsprechende Gewerbeflächen zur Verfügung stellte und Rabatt- und Ladenschlussgesetze lockerte. 

In der Sparte der Drogeriemärkte machten dem Marktführer Schlecker nicht nur die Konkurrenten Rossmann und dm zu schaffen, sondern auch Lebensmitteldiscounter wie Aldi, Lidl etc., die zunehmend auch Drogerieartikel in ihr Sortiment aufnahmen. Es war nur eine Frage der Zeit, dass einer auf der Strecke blieb.

Zehntausende Arbeitsplätze wurden im Einzelhandel bereits abgebaut oder in Minijobs umgewandelt. Die Reallöhne sanken zwischen 2004-2010 um 3,1 Prozent. Verlierer dieser Entwicklung sind die Beschäftigten. Es wäre fatal, wenn die Beschäftigten bei Schlecker nun auch noch die Zeche für eine gescheiterte Unternehmenspolitik zahlen sollen. Bei einem Besuch von Gewerkschafts- und Betroffenenvertreterinnen in unserer Bundestagsfraktion in der vergangenen Woche machten die Abgeordneten deutlich, dass sie solidarisch an der Seite der Betroffenen stehen und sie im Kampf um ihre Rechte unterstützen werden. 

Der Unternehmenseigner und Milliardär Anton Schlecker ist mit seinem gesamten Vermögen in die Pflicht zu nehmen. DIE LINKE fordert zudem eine Mitbestimmung der Gewerkschaft und des Betriebsrates im Insolvenzverfahren.

Es muss Schluss sein mit dem zügellosen Wettbewerb auf Kosten der Verkäuferinnen. Die Masseneinkommen müssen steigen, die Politik in den ungezügelten Wettbewerb beim Einzelhandel lenkend eingreifen. Allein die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von zehn Euro würde eine zusätzliche Nachfrage von 26 Milliarden Euro schaffen.        

Kersten Steinke