Rassistische Vorurteile und Stereotypen gibt es leider überall

Vier Thüringer Landkreise Gelder für Asylbewerber-Unterkünfte zweckentfremdet. Allein im Wartburgkreis waren es 850.000 Euro von 2004 bis 2007. UNZ fragt nach, bei Steffen Dittes, Vorsitzender Thüringer Flüchtlingsrat e. V.

Wie kürzlich bekannt wurde, haben vier Thüringer Landkreise Gelder für Asylbewerber-Unterkünfte zweckentfremdet. Allein im Wartburgkreis waren es 850.000 Euro von 2004 bis 2007. Ist das „nur“ Schlamperei wie so oft oder offener Rassismus? 

Es gibt eine fehlende Bereitschaft, Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen. Die Behörden haben offenbar andere Vorstellungen, was menschenwürdige Unterkunft bedeutet. Das Landratsamt hat sich auf Kosten der Flüchtlinge für eine billigere Unterbringung entschieden. Das Landesverwaltungsamt als Fachaufsicht hat das, wie schon so häufig in den letzten 20 Jahren, einfach akzeptiert und somit ermöglicht.

Was wurde aus dem Geld? 

Diese Gelder gibt es pauschal. Das heißt, gibt man weniger aus, kann man es in den normalen Haushalt einfließen lassen. Aber das ist nicht der entscheidende Punkt. Unsere Forderung ist nicht, Geld in Gemeinschaftsunterkünfte zu investieren, sondern Flüchtlinge dezentral in Wohnungen unterzubringen. Mit den 850.000 Euro wäre das auf jeden Fall möglich gewesen.

Also kann das Problem nur durch eine Gesetzesänderung dauerhaft gelöst werden?

Nicht zwingend, denn das Gesetz verbietet es ausdrücklich nicht, Flüchtlinge in Wohnungen unterzubringen. Durch das Separieren in Lager an Ortsrändern oder kleinen Gemeinden tief im Wald wird hingegen eine gesellschaftliche Teilhabe von Flüchtlingen derzeit nahezu unmöglich gemacht. Das, was jetzt diskutiert wird, ist schon seit Jahren bekannt. Einige Lager, wie das in Katzhütte, mussten auf Grund des öffentlichen Drucks auch bereits schließen. Unsere Kritik richtet sich aber nicht an die Finanzierungspraxis der Gemeinschaftsunterkünfte, die menschenwürdige Unterbringung muss der wichtigste Maßstab sein und das sind Wohnungen, die Individualität und persönliche Schutzräume überhaupt erst ermöglichen.

Warum gibt es nie einen großen Aufschrei in den Medien und der Öffentlichkeit?

Das sind nicht nur die Medien, auch die Parteien sollten mehr Solidarität zeigen. Aber mit diesem Thema kann man keine Wahl gewinnen oder Zeitungen verkaufen. Laut Thüringenmonitor halten mehr als 50 Prozent dieses Land für in gefährlichem Maße überfremdet. Da muss man leider sagen, dass es in allen Bereichen rassistische Vorurteile und Stereotype gibt. Das ist auch der Hintergrund dafür, dass diejenigen, die die Macht hätten solche öffentlichen Debatten anzustoßen, dies nicht in dem notwendigen Maß tun. Die Frage ist letztlich, wie wir es mit einer offenen Gesellschaft halten.           

Thomas Holzmann