„Nur, wenn wir uns auf die Sache konzentrieren, dann werden wir auch erfolgreich sein.“

Auf einem harmonischen Parteitag legte die DIE LINKE. Thüringen die Strategie bis 2014 fest – Oskar Lafonatine sieht LINKE als Partei, die den Menschen Hoffnung macht

Regieren ohne Identitätsverlust

Nach der Atomkatastrophe ist nichts mehr wie es einmal war. Diese Erkenntnis präsentierte der Landesvorsitzende der Thüringer LINKEN auf dem Parteitag gleich zu Beginn seiner Rede. In den Fragen Atomausstieg und Energiewende ginge es um mehr, als nur um eine von vielen politischen Richtungsentscheidungen, sondern um eine ganz zentrale Zukunftsfrage. „Die Zukunft gestalten. Gerecht, demokratisch, sozial und ökologisch“, so lautete auch das Motto des Landesparteitages in Sömmerda am 28. Mai. Dazu hatte der Landesvorsitzende ein umfassendes Strategiepapier eingebracht.  

„Auch wir müssen überlegen, wie wir im Hier und Heute als LINKE etwas dazu beigetragen können, dass Politik verändert wird“, erklärte Korschewsky. Deshalb müsse auch DIE LINKE den schnellstmöglichen und unumkehrbaren Atomausstieg immer und überall zum Thema machen. Die Linksfraktion hat bereits ein umfassendes Energiekonzept in Arbeit, das am 18. Juni auf einer Energiekonferenz debattiert wird. Korschewsky bemerke, dass die CDU in dieser Frage offenbar gespalten ist. Während Lieberknecht für den Ausstieg ist, ist die CDU-Fraktion eher dagegen. Angesichts dieser „Opposition innerhalb der Regierung“ sei es nicht einfach für DIE LINKE, noch als starke Oppositionskraft wahr genommen zu werden.

Ziel LINKER Politik sei es, Regierungsverantwortung zu übernehmen, darauf ziele auch das Strategiepapier ab. Dazu brauche man aber Partner. Schnittmengen gäbe es mit der SPD, aber auch mit den Grünen. Mit Blick auf eine etwaige Zusammenarbeit betonte Korschewsky aber zugleich, dass „wir niemals unsere eigene Identität verlieren dürfen“. Dabei zeige gerade die Regierungsbeteiligung in Berlin, dass LINKE auch pragmatisch und lösungsorientiert arbeiten könne. Für 2012 kündigte Korschewsky einen Kampf um die Rathäuser an und sieht die Partei auch bei den Landratswahlen gut aufgestellt. Städte wie Sömmerda oder Hildburghausen würden bereits zeigen, dass LINKE Bürgermeister es besser können.  

Selbstkritisch gab sich der Landesvorsitzende, der sich im Herbst wieder zu Wahl stellen will, mit Blick auf sein letztes Wahlergebnis in Schleiz. Daraus habe er gelernt. Die Zusammenarbeit zwischen Landesvorstand und Landesausschuss sei deutlich verbessert worden, ebenso die Kommunikation mit der Basis durch die Einführung eines Newsletters und der Mitglieder-Zeitung. Die Hinwendung zur modernen Technik wurde auch durch ein Video untermalt, dass die Arbeit der letzten Jahre gekonnt zusammenfasste.


Parteiauftrag: Kampf für sozial Schwache 

Höhepunkt des Parteitages war der Auftritt des saarländischen Fraktionsvorsitzenden Oskar Lafontaine. Dass es ohne sein Engagement heute DIE LINKE in dieser Form nicht geben würde, hat man auch in Thüringen noch nicht vergessen. Lafontaine betonte, wie gerne er nach Thüringen komme, nicht nur wegen der herrlichen Landschaft, sondern auch wegen der Geschichte der Arbeiterbewegung, wobei er an den Erfurter Parteitag der SPD von 1891 erinnerte. Seit August Bebel sei die SPD einen langen Weg gegangen – einen Irrweg. Eloquent und bissig, wie eh und je holte Lafontaine zum Rundumschlag gegen das Zocken auf den Finanzmärkten, den Lobbyismus in den Parlamenten und den Raubbau am Sozialstaat aus. Die Welt lebe in einer „Diktatur der Finanzmärkte“, von der sie sich endlich befreien müsse, sagte Oskar Lafontaine.   

Für das Strategiepapier der Thüringer, führte Lafontaine Clausewitz ins Feld. Strategie, so schrieb es der große Theoretiker des Krieges, sei „Die Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht“, was übersetzt für die Landespolitik bedeutet, sich auf die wichtigen Gefechte in Form der anstehenden Wahlen in den nächsten Jahren zu konzentrieren. Jede Strategie brauche ein Ziel und dieses müsse die Übernahme von Regierungsverantwortung mit einem klaren Programm der Veränderung sein. Der Wähler müsse wissen, warum er sich für DIE LINKE entscheidet. Gehen Wahlen verloren, habe man entweder sein Profil nicht genug geschärft oder schlichtweg die falschen Positionen vertreten, so Lafonatine.  DIE LINKE sei immer noch die Partei, die vielen Menschen Hoffnung gibt. „Der Kampf für die sozial Schwachen“, müsse deswegen der Auftrag der Partei sein. „Personaldebatten, wie in letzter Zeit, sind dabei völlig überflüssig, denn nur, wenn wir uns auf die Sache konzentrieren, dann werden wir auch erfolgreich sein.“ Die Delegierten waren von solch offenen Worten begeistert und quittierten Lafontaines Rede mit minutenlangen tosendem Beifall.  


Mensch im Mittelpunkt

Auch der Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow betonte, dass sich LINKE für eine bessere Gesellschaft einsetzen sollen und ihre Kraft nicht nur dafür aufwenden dürfen, was in den eigen Reihen gesagt oder getan wird. „Wir müssen uns aushalten, damit wir gemeinsam die Politik verändern.“ Jede Genossin, jeder Genosse sei nur ein Mensch und könne nicht an mehreren Stellen gleichzeitig agieren. Wer sich engagiert müsse auch stärker auf seinen Gesundheit achten, denn gerade für LINKE müsse der Mensch im Mittelpunkt stehen. Ramelow weiß wovon er spricht, laborierte er doch unlängst an einem Netzhaut-abriss. Das hätte den Vorteil gehabt, das er nicht lesen konnte und den anderen mehr zu hören musste, wodurch die Landtagsfraktion schnell das Energiepapier beschließen konnte, sagte der Fraktionsvorsitzende süffisant selbstkritisch. 


Trennung von Amt und Mandat?

Über das Hauptanliegen des Parteitages, das Strategiepapier 2012 – 2014 gab es kaum kontroverse Diskussionen. Eine, mit klarer Mehrheit beschlossene, Änderung präzisierte sprachlich einige Dinge, ehe das Papier mit breiter Mehrheit angenommen wurde. 

Für die Einführung einer Frauenquote fanden sich einige Fürsprecher, unter ihnen Bodo Ramelow, der stets betonte als Delegierter zu diskutieren. Neben Ramelow, warnten auch Sandro Witt und Stanislav Sedlacik davor, die Frauenquote zurück zu schrauben und sich damit heraus zu reden, es würden sich zu wenige Frauen bewerben. Schon in der PDS habe es ein „starkes weibliches Element“ gegeben, dass man nicht aufs Spiel setzen dürfe, so Ramelow. Die Anträge auf die Einführung einer Doppelsitze sowie zur Einführung einer Frauenquote wurden abgelehnt. Alle Diskutanten bestätigten aber, dass die politischen Überlegungen hinter Quote vollauf berechtigt seien. 

Der noch vom Schleizer Parteitag übertragene Antrag bezüglich der „Trennung von Amt und Mandat im Landesvorsitz“ wurde ebenfalls rege diskutiert. Hier war man sich schnell einig, dass es vernünftig sei, wenn der Landesvorsitzende oder einer der Stellvertreter kein Mitglied Landtagsfraktion ist. Der am Ende mit 49 zu 34 Stimmen, bei 11 Enthaltungen angenommene Antrag sei aber keine Satzungsänderung, sondern ein politische Absichtserklärung, die auf dem nächsten Parteitag im November weiter diskutiert wird, betonte der Erfurter Vorsitzende Steffen Kachel.   

Mit nur vier Ja-Stimmen hingegen abgelehnt wurde der Antrag, eine Ehrenamtsquote im Landesvorstand einzuführen. Neben rechtlich Einwänden hinsichtlich einer doppelten Quotierung, konnte der Antrag auch politisch nicht überzeugen. Kritisiert wurde u. a., dass Mitarbeiter von Abgeordneten betroffen wären, die dürfe man aber „nicht in einer Kultur des Misstrauens in den gleichen Sack stecken“, forderte Bodo Ramelow. 

So endete der Parteitag harmonisch, jedoch nicht, ohne ein klares Statement gegen den Antisemitismus zu verabschieden. 

Nicht nur der Landesvorsitzende Knut Korschewsky konnte am Ende ein positives Fazit ziehen. Die Partei sei in der Debatte ein wichtiges Stück voran gekommen, nun gelte es für den Thüringer Landesverband sich weiterhin intensiv in die Programmdebatte einzubringen.            

Thomas Holzmann