Im Austausch mit anderen kommen immer die besseren Ideen zu Stande

Dirk Möller, ab Juli einer von fünf neuen Abgeordneten der Linksfraktion im Thüringern Landtag, verspricht, seine kommunalpolitischen Wurzeln nicht zu vergessen und so oft wie möglich in Weimar präsent zu sein

Die Kommunalwahl ist schon fast wieder Geschichte und die für DIE LINKE. Thüringen erfolgreichen Kandidaten bereiten sich bereits auf die Übernahme ihrer neuen Herausforderungen ab dem 1. Juli vor. Doch nicht nur in den Thüringer Landkreisen und Kommunen hat sich vieles verändert, auch in der Linksfraktion im Thüringer Landtag gibt es reichlich personelle Veränderungen. Mit Diana Skibbe, Maik Nothnagel, Johanna Scheringer-Wright und Ralf Kalich rücken vier Abgeordnete nach, die bereits über parlamentarische Erfahrungen im Landtag verfügen.  Neuling, wenn auch im Parteiumfeld nicht nur in Weimar bestens bekannt, ist hingegen Dirk Möller. 


Schließlich ist der derzeitige Regionalmitarbeiter des Landesverbandes alles andere als unerfahren und hat sich speziell in der Kommunalpolitik einen Namen gemacht. Zur Politik kam der Diplomlehrer für Geschichte und Staatsbürgerkunde noch kurz vor der „Wende“. Damals kümmerte er sich um die Organisation des Parteilehrjahres. „Ich habe mal gesagt, ich hätte Vorstellungen, wie man die Parteilehrjahre auch anders, besser machen könnte“. So wechselte Dirk Möller nach vier Jahren als Lehrer im August 1988 zur SED-Kreisleitung. Genauer gesagt, er bekam die Aufforderung dazu. Dann kam die „Wende“. „Ich bin als stellvertretender Kreisvorsitzender für den ganzen organisatorisch-technischen Teil zuständig gewesen und hatte die Aufgabe, den ganzen Apparat abzuwickeln. Vorher hatte ich nie etwas mit Personal- oder organisatorischen Fragen zu tun gehabt und bin voll ins kalte Wasser gesprungen.“ Trotz aller Schwierigkeiten und Wirrungen in der Wendezeit blieb Dirk Möller auch in der Folgezeit der PDS treu.

 

„1990, als ich noch in Bad Berka gewohnt habe, bewarb ich mich für den Kreistag und wurde Fraktionsvorsitzender. Durch meine berufliche Entwicklung habe ich die Themen Bildung und Jugend übernommen und schnell Spaß an der Politik gefunden. 1994 wechselte ich nach Weimar, wo ich 1996 Vorsitzender des Kulturausschusses wurde. Ich denke, dass Bildung und Kultur zusammen gehören, gerade hier in Weimar“. 


Kultur und Weimar – Begriffe, die in der Tat so zusammen gehören wie Senf und Bratwurst wie Stulle und Butter. Entsprechende Freude hat Dirk Möller bei der kulturpolitischen Arbeit und könnte sich auch gut vorstellen, im Landtag die Kulturpolitik zu übernehmen. Auch Bildung oder die Jugendpolitik wären Felder, die für ihn in Frage kommen. Ob es tatsächlich eines dieser Felder wird, entscheidet die Fraktion aber erst auf einer Klausurtagung Anfang Juli.


So, wie Dirk Möller schon 1988, als er zur SED-Kreisleitung wechselte, ins kalte Wasser sprang, wird es ihm auch ab Juli im Landtag gehen. Doch das bereitet ihm keinerlei Sorge. „Potentiale sind in der Fraktion jede Menge vorhanden. Als Vorsitzender des Kulturausschusses und Regionalmitarbeiter habe ich mich außerdem im Bereich Bildung und Kultur mit eingebracht und auch an den Beratungen des Kulturressorts teilgenommen. Dadurch kenne ich die handelnden Personen sehr gut. So neu ist das alles gar nicht für mich und die Eingewöhnung wird mir entsprechend leicht fallen“, blickt Dirk Möller optimistisch in die Zukunft. 


Überhaupt sieht sich der Diplomlehrer als außerordentlicher Team-Player. „Immer nur allein vorne weg rennen und allen sagen, wo es lang geht, das ist nicht mein Ding. Im Austausch mit anderen kommen immer die besseren Ideen zu Stande, als wenn man nur alleine nachdenkt. Diese Erfahrung hab ich schon sehr häufig gemacht. Das möchte ich auch im Landtag, egal in welchem Ressort, mit einbringen.“


Mannschaftsspiel sollte es nicht nur im Landtag geben, sondern generell in allen Lebensbereichen im Vordergrund stehen. So gib es durchaus verkehrstechnisch logische Argumente, warum die ICE künftig nicht mehr oder deutlich seltener in Weimar halten sollen. Denn eigentlich, das sagen Verkehrsexperten, sollten mindestens 100 km zwischen ICE-Haltepunkten liegen, damit sich die Fahrzeiten deutschlandweit deutlich verringern. Dass die Mehrheit der Weimarerinnen und Weimarer dies naturgemäß anders sieht und auch entsprechender Protest organisiert wird – wie man es von einer Weltkulturstadt erwarten kann, sehr bunt und kreativ –  ist ebenso verständlich wie nachvollziehbar. An der Problemlage ändert das jedoch nichts. „Nachdem die Bahn den neuen Streckenplan bekannt gegeben hatte, war relativ klar, dass in Weimar früher oder später keine ICE mehr halten. Das ist lange verschlafen worden, bis sich eine Initiative gegründet hat. Die muss jetzt das Maximum fordern, um am Ende eine Lösung zu bekommen, mit der alle zufrieden sind. Die Lösung kann nur ein massiver Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung sein. Wenn das durchgängig zweigleisig wird, vielleicht sogar irgendwann elektrifiziert, könnte man einen S-Bahn-Verkehr zwischen den Universitätsstädten einrichten. Da sehe ich große Möglichkeiten, auch entsprechende Schnellfahrzüge als Zubringer zum ICE einzusetzen. Das will ich als Landtagsabgeordneter begleiten und befördern. Mit den Fraktionskollegen Gudrun Lukin und Karin Kaschuba aus Jena wird es da sicher auch noch weitere Unterstützung geben“. 


Ganz oben auf der Agenda steht für einen Politiker, dessen Wahlkreis Weimar ist, aber naturgemäß die Kulturpolitik. Während in Altenburg oder Eisenach Theater von der Schließung bedroht sind und in der Kultur generell immer wieder gekürzt wird, sieht es in Weimar etwas anders aus. „Für das Deutsche Nationaltheater ist die Finanzierung für die nächsten fünf Jahre gesichert. Manch einer möchte aber die Debatte über die Fusion der Theater von Erfurt und Weimar weiterführen. Da bin ich ganz klar der Meinung, dass beide Häuser selbständig bleiben sollen. Eine Kooperation schließt das nicht aus und darüber werden wir auch reden, aber eine Fusion werde ich keinesfalls unterstützen“. In einer Kulturstadt wie Weimar gehört auch eine vielschichtige Sozio- und Breitenkultur zum Erscheinungsbild.  „Da ist die Politik gefordert, die entsprechenden Bedingungen zu schaffen. Das macht die Stadt schon viel, indem sie z. B. kostenlos Räumlichkeiten zur Verfügung stellt“, schätzt Dirk Möller ein und fügt hinzu, dass die Linksfraktion ebenfalls seit längerem an diesem Thema arbeitet. Kultur ist zudem ein wichtiger Teil im Kampf gegen den Rechtsextremismus, der auch in Weimar um sich greift. Zuletzt versuchten am 1. Mai Nazis zu marschieren. Demokratie „zu lernen“ im Rahmen eines Museums ist ein Weg, um braunem Gedankengut entgegenzuwirken. Im Gespräch ist deswegen ein „Haus der Demokratie“ zu bauen. Erste Konzepte dafür gibt es schon und eine Idee ist, es zum 100-jährigen Jubiläum der Weimarer Republik zu eröffnen. Immerhin findet die Aufarbeitung der Geschichte des Staates, der den Namen der Stadt trägt, zurzeit in diesem Land kaum statt.


Doch auch in Weimar gibt es Probleme. Vor zwei knirschte es in der LINKEN ganz erheblich im Getriebe. Am Ende trat der in Weimar direkt gewählte Dr. Thomas Hartung aus Partei und Fraktion aus und wechselte zur SPD-Fraktion. Im Alltag spielt dieser alte Konflikt aber keine Rolle mehr. „Wir begegnen uns immer wieder im Stadtrat, man grüßt sich und gibt sich die Hand. Zu einer inhaltlichen Zusammenarbeit ist es noch nicht gekommen, aber irgendwann sind die Wunden so verheilt, dass wir im Weimarer Stadtrat auch zu einer Zusammenarbeit auf der Basis souveräner Fraktionen kommen können“. Schwerer vorstellbar ist dagegen aus Dirk Möllers Sicht, ob es im Landtag zu einer Kooperation zwischen LINKEN und Sozialdemokraten in der Gesundheitspolitik kommen wird. „Es braucht aber keiner Angst zu haben, dass wir uns da an die Gurgel gehen“, bilanziert Dirk Möller nach dem langen Streit um die Entstehung der so genannten „Neuen Linken“ im Weimar.


Somit kann und wird sich Dirk Möller ganz auf die Inhalte konzentrieren und  freut sich bereits riesig auf die ab Juli anstehenden Aufgaben. „Ich will trotzdem im Stadtrat bleiben und versuchen, so oft wie möglich in der Stadt präsent zu sein“, verspricht er den Bürgern in seinem Wahlkreis. Viele haben sich auch mit mir gefreut, gerade wegen meiner langjährigen kommunalpolitischen Arbeit und diese Wurzeln werde ich auch im Landtag niemals vergessen“. Gerne würde er auch mit Blick auf 2014 versuchen, sich um das Direktmandat in Weimar zu bemühen. Bis dahin jedoch steht im Thüringer Landtag noch eine Menge Arbeit an.   


Thomas Holzmann