Hot oder Schrott?

Die E-Scooter sind zurück in Erfurt und Jena. Brauchen wir sie wirklich?

Nicole Grießbach, Mitglied im Vorstand von die Thüringengestalter meint: 

„Sharing is caring“ – teilen bedeutet mehr Teilhabe 

 

Menschen konsumieren die unterschiedlichsten Dinge, sei es aus Freude, Notwendigkeit oder Neugierde. Dieser Tatsache mit bevormundender Ansprache zu begegnen, um individuelle  (Kauf-)Entscheidungen vermeintlich zu verbessern, erachte ich als keineswegs gesellschaftspolitisch förderlich.

‚Verzicht‘ also ‚Sein‘ – ganz im Sinne  Erich Fromms – als das neue „Haben“ zu propagieren und damit kritischen Konsum als Schlüssel für eine nachhaltigere Welt zu verstehen, blendet nicht nur wachsende sozio-ökonomische Benachteiligungen in unserer Gesellschaft aus, sondern verkennt auch die kapitalistischen Wirkmechanismen. Ist es nicht das gesellschaftliche Sein der Menschen, welches ihr Bewusstsein bestimmt und nicht umgekehrt?

Innerhalb unserer gesellschaftlichen Rahmung ist meiner Meinung nach vielmehr an der Idee des gemeinschaftlichen Konsums festzuhalten und diesen auszubauen. „Sharing is caring“, also „Kollektives Konsumieren“ ist keineswegs neu, doch gerade in Zeiten wachsender Ungleichheit, erscheint jeder Schritt der Entschärfung von Ausgrenzung und Teilhabe sehr wertvoll. 

Um eine geregeltere Praxis im Umgang mit E-Scootern zu realisieren und aus vergangenen Fehlern zu lernen, könnten die jeweiligen Kommunen, ähnlich von  der LINKEN in Berlin angeregt, an klaren Anforderungen und Regeln gegenüber der Sharing-Dienste arbeiten. Durch direkte in Haftungnahme der Sharing-Dienste könnten Missentwicklungen (z.B. das Blockieren von Gehwegen) bestenfalls vermieden bzw. durch sich stetig verbesserte Angebote  vermindert werden.

Letztlich sehe ich meine Aufgabe nicht in der kritischen Bewertung verschiedener Konsumformen und dem Appellieren der ‚grünsten‘ Varianten von Mobilität, ohne individuelle Lebensweisen zu kennen. Ganz zu schweigen von jenen, die weder für das eine noch das andere die körperliche, sozialstrukturelle oder ökonomische Verfasstheit mitbringen.

Als Linke verstehe ich mein Wirken im Kampf gegen Privatisierungen: öffentliche Verkehrsmittel für alle, Arbeitskämpfe unterstützen und für gesamtgesellschaftliche Verbesserungen streiten. Das heißt: Menschen zu motivieren, sich zu organisieren. 

 

 

Dr. Gudrun Lukin, verkehrspolitische Sprecherin DIE LINKE im Thüringer Landtag findet dagegen:

Hipp, modern, aber nicht  ungefährlich

 

 

Erste schwere Unfälle, Alkoholfahrten, Gefährte ohne Zulassung und Leichtsinn trüben den unzweifelhaft vorhandenen Fahrspaß mit den E- Rollern.

Allein von Januar bis Mai gab es 460 angezeigte Unfälle mit E-Kleinstfahrzeugen, 464 Verletzte, davon 82 mit schweren Verletzungen und einen Todesfall. Vielen ist unklar, dass der Gehweg für die Roller tabu und das Fahren nur auf Radwegen und Straßen erlaubt ist. Leider wird dafür kein Nachweis über Kenntnisse der Straßenverkehrsordnung verlangt. Sinnvoll wäre in diesem Zusammenhang auch die erneute Diskussion über eine Helmpflicht für Fahrräder und E-Roller. Die E-Kleinstfahrzeuge sollten zur Sicherheit der Nutzer bei Teilnahme im Straßenverkehr mit Bremsleuchten und Richtungsanzeigern ausgestattet werden. 

Genauso dringend ist eine kritische Sicht auf die vorhandene Infrastruktur. Ein fehlendes Radwegenetz in den meisten Kommunen, zu wenig abgetrennte Rad- und Fußwege, Abstellmöglichkeiten und abgestimmte Verkehrsanlagen verschärfen vorhandene Konfliktsituationen. Fuß- und Radwegeausbau sollten zukünftig mehr Priorität bei der Verkehrsplanung erhalten, die Möglichkeiten für E-Roller könnten sinnvoll erweitert werden.