Hanfverbot verhindert vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Mit abenteuerlichen Begründungen hält die Bundesregierung am Verbot von Cannabis fest, obwohl Studien klar belegen, dass das Verbot keine positiven Auswirkungen hat.

Wie bereits bei meiner ersten Kleinen Anfrage zum Thema „Festschreiben der geringen Menge im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) für Cannabisbesitz“ weicht auch bei meiner zweiten Anfrage die Bundesregierung bei ihren Antworten aus und stellt waghalsige Behauptungen auf.

So verweigert die Bundesregierung die Herausgabe ihrer empirischen Daten, die angeblich beweisen, dass durch Strafandrohung die Verfügbarkeit und Verbreitung von Cannabis eingeschränkt würde. Zudem spricht sie von einer repräsentativen Umfrage – ohne diese konkret zu benennen – die ebenfalls beweisen soll, dass das Cannabis-Verbot für den Rückgang des Cannabis-Konsums bei Schülerinnen und Schülern verantwortlich sei. Beide Punkte werde ich überprüfen, denn internationale Studien haben ergeben, dass ein Zusammenhang zwischen Verbot und Konsum von illegalisierten Drogen nicht besteht.

Ebenso untragbar sind die weiteren Ausführungen der Bundesregierung zu meiner Nachfrage, warum Drogen wie Alkohol und Tabak legal sind, die Droge Cannabis jedoch nicht, auch wenn die Anzahl der Alkohol- und Tabakabhängigen in keinem Verhältnis zum Cannabis-Missbrauch stehen. Die Begründung der Bundesregierung für diese Ungleichbehandlung ist abenteuerlich: Alkohol habe eine Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten, die nicht zu Rauschzuständen führt. Außerdem sei die berauschende Wirkung allgemein bekannt; durch soziale Kontrolle werde er vermieden.

Demgegenüber steht angeblich der Cannabis, der nur zur berauschenden Wirkung eingesetzt werde. Diese Behauptung ist schlichtweg falsch. Schaut man sich die Geschichte des Cannabis an, kann man feststellen, dass Cannabis bis zu seinem Verbot als Produktionsmittel vielfältige Anwendung fand. Hanf gilt seit 8000 Jahren als eine der ältesten Nutzpflanzen der Welt. Die erste Levis-Hose war aus Hanf, da dieser Stoff wesentlich robuster ist als Baumwolle. Erst durch das Hanf-Verbot von 1924 auf der Genfer Opiumkonferenz wurde Hanf auch in seiner Funktion als Nutzpflanze geächtet. Hanffaser wurden vor allem bei der Herstellung von Seilen, Textilien, Spezialpapier, Dämmstoffen oder auch Verbundwerksstoffen verwendet. Durch das Verbot findet diese Verwendung heutzutage nur noch in kleineren Umfang statt. Bis heute findet eine Verwendung in der Kosmetik sowie für Öle statt.

Ich möchte also festhalten, dass Hanf eine ebenso weitreichende Verwendung wie Alkohol finden kann, sofern dies durch den Gesetzgeber zugelassen wird. Erst durch die Illegalisierung von Hanf wurden ihm die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten genommen und erst dadurch steht die berauschende Wirkung der Blüten der weiblichen Hanfpflanze im Vordergrund.

Auch zur unterschiedlichen Rechtspraxis der Bundesländer bei der Strafverfolgung von Cannabis-Konsumentinnen und -Konsumenten äußert sich die Bundesregierung nicht und verweist darauf, dass die Situation eventuell geprüft werden könne. Was sie damit genau meint, bleibt jedoch im Unklaren. Erst eine jüngste Ausarbeitung des Deutschen Hanfverbands weist auf diesen unhaltbaren Zustand hin.

Auch die Verwendung von be- schlagnahmten Cannabis zur medizinischen Verwendung, nach Prüfung der Wirksamkeit und Inhaltsstoffe, so wie es in Tschechien umgesetzt wird, wurde durch die Bundesregierung abgelehnt. Vielmehr müssen „diese, wie andere nicht verwertbare Sachen vernichtet werden“, so die Bundesregierung. Dass diese „nicht verwertbaren Sachen“ für schwer chronisch Kranke teilweise eine erhebliche Leidensminimierung bedeuten, scheint sie dabei wenig zu interessieren.

Gegebenenfalls gesetzgeberische Schritte hat die Bundesregierung beim Auftreten neuer psychoaktiver Subs-tanzen angekündigt. Aber auch hier soll erst einmal weiter geprüft und beobachtet werden. Mittlerweile muss das BtMG im Durschnitt alle 73 Tage verändert werden, um auf den sich ständig wandelnden Drogenmarkt zu reagieren.

In der Gesamtheit beweist die Bundesregierung in ihrer Antwort auf meine zweite Nachfrage zum Thema Cannabis-Konsum auf ein Neues, dass sie keinerlei Interesse an einer liberalen Drogenpolitik besitzt. Obwohl immer mehr Studien feststellen, dass die Kriminalisierung der Konsumierenden keinerlei positive Auswirkungen auf die Bekämpfung des Drogenkonsums hat, wird weiter daran festgehalten.


Frank Tempel, drogenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE