Drogen und Drogenverbote zwischen Profitgier und Rassismus

Drogen sind Tabuthema Nummer 1, bei dem Lügen und Unwissenheit jede Debatte behindern, doch schon ein kurzer Blick auf die Geschichte führt zu erstaunlichen Ergebnissen.

Wer im Spätmittelalter oder der Frühen Neuzeit Wissen über allerlei berauschende Substanzen hatte, die, wie z. B.  Stechapfel, Engelstrompete oder psilocybinhaltige Pilze zu Hauf auch in den heimischen Wäldern zu finden sind, konnte schnell auf dem Scheiterhaufen landen. Seit dem hat sich in der Drogenpolitik, die eigentlich nichts weiter als ein blutiger Krieg gegen Drogen ist, prinzipiell nur wenig verändert. Tabuisiert wurde schon immer – das gilt auch für legale Drogen, wie Alkohol oder Tabak, aber die strengen Verbote, die auch die Konsumenten kriminalisieren und alle Probleme noch verschlimmern, gibt es erst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Warum ist das so?

 Schauen wir zunächst auf die vermutlich älteste und eine der weit verbreitetsten, heute aber illegalen Drogen: Cannabis. Präzise geht es um die Blüten der weiblichen Hanfpflanze bestimmter Sorten, die den Wirkstoff THC enthalten. Die getrockneten Blüten werden als Grass, Weed oder Pot bezeichnet. Sind sie gepresst spricht man von Haschisch. Der oft gebrauchte Begriff Marihuana ist eine Erfindung der Amerikaner aus den 20er Jahren. Als man versuchte gegen Mexikaner, Hispanics und Schwarze Stimmung zu machen, schufen Behörden und Rechtspresse kurzer Hand dieses fremd und bedrohlich klingende Wort. Der rassistische Unterton, dass „Nigger“ berauscht vom Mörderkraut den „Teufelsjazz“ spielen, um danach weiße Frauen zu vergewaltigen war in den USA besonders widerlich, fand sich aber auch in Ägypten oder im Apartheidsstaat Südafrika.

Als die USA in den zweiten Weltkrieg eintraten änderte sich die Haltung und das 1937 eingeführte Verbot wurde wieder aufgehoben. „Hemp for Victory“ (Hanf für den Sieg, ein Propagandavideo gleichen Titels ist bei youtube zu bestaunen) hieß nun die Devise, unter der alle Söhne von Hanfbauern vom Militärdienst freigestellt wurden. Schließlich war Hanf Jahrhunderte lang ein unverzichtbar regenerativer Rohstoff, aus dem man von Segeltuch bis zum Hühneraugenmedikament alles herstellen konnte. Nach dem Sieg über den Hitlerfaschismus war der Hanf als Droge, bzw. Medizin und als Rohstoff der Chemie- und Pharmaindustrie ein gewaltiges Dorn im Auge. Der US-Chemieriese DuPont hatte gerade Nylon auf den Markt gebracht, das mit der Hanffaser nicht mithalten konnte. Mit Hilfe des ultrarechten Medienmoguls Randolph Hearst und seinem politischen Freund Harry J. Anslinger wurde eine beispiellose Hass- und Lügenkampagne gegen Cannabis gestartet. In deren Folge wurde bis in die siebziger Jahre Cannabis nahezu weltweit verboten und mit Opiaten auf eine Stufe gestellt. Alles nur, um die Profite der Industrie zu sichern. Gleichzeitig wurde Cannabis zum Symbol einer durch Rassismus polarisierten Gesellschaft, nicht nur in den USA.   

Lügen und Unwissen, das findet man auch in Zusammenhang mit anderen Drogen, wie dem im Gegensatz zu Cannabis wirklich ernsthaft süchtig machenden Heroin. Wer weiß heute noch, dass Heroin von Bayer entwickelt wurde und mit teils aggressiven Werbekampagnen bis 1958 (!) legal verkauft wurde. Nur ein Jahr nach Verkaufsstart 1898 exportierte Bayer das Medikament in 20 Länder, nach drei Jahren trug es fünf Prozent zum Gewinn bei. Das recherchierte der Berliner Mediziner Michael de Ridder, der in seinem Buch „Heroin – vom Arzneimittel zur Droge“ die Entstehungsgeschichte detailliert nachzeichnet. Dass die Konsumenten damals nicht abhängig wurden, lag an der oralen Einnahme und an den geringen Mengen, die selten fünf Milligramm überstiegen. Heute spritzt sich ein Heroinsüchtiger eine Dosis, die bis zu 40 Mal so hoch ist. Man darf jedoch anzweifeln, ob Heroin ohne die aggressive Vermarktung des Bayerkonzerns jemals ein solche Verbreitung gefunden hätte. Mit dem Verbot hatte Bayer keine wirklichen Probleme,  schließlich hatte man genügend andere Medikamente, allen voran das Aspirin erfunden, mit denen die Milliardengewinne gesichert werden konnten. 

Schon der kurze Blick auf diese sehr unterschiedlichen Beispiele sollte verdeutlichen, wie kapitalistische Profitgier und rassistische Xenophobie die Triebfeder der Drogenpolitik sind. Weil das Thema Drogen aber bewusst tabuisiert wird, steigt die Unwissenheit immer weiter an. Dabei haben doch alle großen Kulturvölker, von China über Ägypten bis ins Inkareich, Drogen als Medizin, zur Entspannung oder zur Erweiterung ihres Bewusstsein verwendet. Die Schamanen wussten damals mehr über natürliche Drogen als die Mehrheit heutiger konservativer Politiker. Deswegen ist es so wichtig, dass DIE LINKE sich so klar für eine neue Drogenpolitik ausspricht, denn wenn Sozialismus die Emanzipation aller Menschen bedeutet, dann muss auch in Sachen Drogen Freiheit, Vernunft und Wahrheit der Weg sein, anstatt all der rassistischen Vorurteile und Lügen.


Thomas Holzmann