Die Zuschussrente ist Betrug und ein Milliardengrab

Altersarmut ist ein immer stärker zunehmendes Problem, das nun selbst von Union FDP erkannt wurde. Ob jedoch die von Ursula von der Leyen angeregte Zuschussrente das Problem lösen kann, darf angezweifelt werden.

Eines ist sicher: Wenn nichts geschieht, wird die Altersarmut in Deutschland rapide steigen. Den Bürgerinnen und Bürgern ist dies inzwischen bewusst. Nun haben es sogar Union und FDP erkannt. Deshalb wollen die Regierungsparteien noch schnell medienwirksam ihre Rentenkonzepte auf den Weg bringen, um damit zur Wahl 2013 auf Stimmenfang gehen zu können. Das Rentenkonzept der FDP ködert die Berufstätigen mit einer kurzfristigen Absenkung der Rentenbeiträge von derzeit 19,6 auf 19,0 Prozent. Das entlastet die Beitragszahler um durchschnittlich acht Euro im Monat, ist jedoch der falsche Weg. Denn sinkende Beiträge führen zu sinkenden Renten. Außerdem wird dieses Geld später fehlen und die Rentenbeiträge umso mehr ansteigen lassen. Auch die SPD strebt mit ihrem Rentenkonzept keinen Politikwechsel an, sondern setzt weiterhin auf den Rückbau der gesetzlichen Rente und Teilprivatisierung der Altersvorsorge.

Die Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat nun die so genannte „Aufstock-“ oder „Zuschussrente“ aus der Wundertüte geholt. Vollmundig wird versprochen, dass auf diese Weise niedrige Renten auf bis zu 850 Euro aufgestockt werden sollen. Derzeit erhält ein Hilfsbedürftiger 688 Euro/Monat. Das ist exakt die Summe, die heute als Rente ausgezahlt wird, wenn man 35 Jahre vollbeschäftigt für 2.500 Euro brutto gearbeitet hat. Wer jedoch das Kleingedruckte bei der Zuschussrente liest, ist schnell enttäuscht. Denn wer sich im Jahr 2049 – also in 37 Jahren – in der Rente aufstocken lassen möchte, muss zwingend 35 Jahre in eine zusätzliche private Altersversorgung eingezahlt haben. Außerdem müssen für Rentenansprüche, die ab 2023 entstehen, 45 Versicherungsjahre vorliegen, die gleichzeitig 35 Beitragsjahre aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflege enthalten. Die Zeiten der Arbeitslosigkeit werden dabei nicht angerechnet, auch wenn Pflichtbeiträge abgeführt wurden. Nun sollen also die Geringverdiener wie Krankenschwestern, Altenpfleger, Dachdecker, Erzieher, Kellner und Verkäufer von ihrem geringen Gehalt auch noch zusätzlich privat einzahlen, um sich einen angemessenen Lebensunterhalt im Alter zu sichern.

Von der Leyen nutzt mit dem Renten-Dilemma die berechtigte steigende Angst vor Altersarmut dazu aus, die unbeliebte Riester-Rente an die Frau und den Mann zu bringen. Denn bisher gibt es ‚nur‘ 15,6 Millionen Riester-Verträge. Das hört sich erst einmal viel an. Aber nur jeder dritte förderungsfähige Haushalt hat auch einen Riestervertrag. Und die Anzahl der Neuabschlüsse stagniert. Unbeliebt und vor allem sinnlos ist „das Riestern“ vor allem bei den Geringverdienern. Sie erhalten im Alter ohnehin nicht mehr als die Grundsicherung, und eine Riesterrente wird auf die Grundsicherung angerechnet. Inzwischen arbeitet jedoch jeder vierte Beschäftigte im Niedriglohnbereich. Gerade diese sollen nun in die private Zusatzversicherung getrieben werden, obwohl nicht gewiss ist, ob die Versicherten überhaupt jemals 45 Versicherungs- und 35 Beitragsjahre erreichen werden. So konnten zum Beispiel Frauen, die 2010 in Rente gingen, durchschnittlich gerade einmal 32,6 Versicherungsjahre nachweisen.

Die Zuschussrente ist also nichts anderes als ein Milliardengrab für ausgerechnet diejenigen, die ihre kleine Rente aufbessern wollen. Und es ist vor allem ein Milliardengeschenk an die Versicherungsbranche. Für DIE LINKE ist das kein tragbares Konzept zur Bekämpfung von Altersarmut. Nur eine geforderte gesetzliche Mindestrente (in Höhe von zurzeit 900 Euro) kann Altersarmut abfedern. Auch soll die gesetzliche Rentenversicherung nicht weiter durch Privatversicherungen ausgehöhlt werden, an denen sich ausschließlich die Arbeitnehmer und nicht mehr die Arbeitgeber beteiligen. Im Gegenteil: die gesetzliche Rentenversicherung ist zu stärken – durch die Einbeziehung der Arbeitgeber und aller Erwerbstätigen, also auch der Freiberufler, Beamten und Politiker.  


Kersten Steinke