Die Treuhand und die große Enteignung

Horst Köhler und Thilo Sarrazin – Namen die wohl jeder kennt. Ihre Rolle beim Verramschen der DDR-Wirtschaft durch die Treuhand ist dagegen weniger bekannt.

Ein Buch erregt wieder einmal die Gemüter. Es wird von der Schwärzung ganzer Seiten und von einer Verkaufssperre geredet. Der Hamburger Publizist Otto Köhler, der bereits 1994 mit dem ersten Buch über die Machenschaften der Treuhandanstalt die Öffentlichkeit informierte, legt nun ein weiteres Buch unter dem Titel „Die große Enteignung“ vor. Er bringt die Hintermänner, welche bisher weitest gehend im Dunkeln agierten in das Licht der Öffentlichkeit. Köhler hat sich den Beitrag von zwei Politgrößen vorgenommen und liefert eine detaillierte Analyse der fatalen wirtschaftspolitischen Entscheidungen rund um die „Deutsche Einheit“.

Einen Tag nach dem Mauerfall legten zwei Männer dem Bundesfinanzminister in Bonn einen Plan vor. „Wir müssen diese historische Stunde nutzen.“ Ihre Namen: Horst Köhler und Thilo Sarrazin. Der Autor hat zu den Biografien dieser beiden Männer gründlich recherchiert und interessante Details veröffentlicht. Mit diesem Hintergrundwissen lassen sich viele Denk-  und Handlungsweisen dieser Politgrößen erklären. In einer acht Jahre dauernden Dissertation entstand Horst Köhlers 172 seitiges Werk mit dem Titel:“ Freisetzung von Arbeit durch technischen Fortschritt“ Er bewährte sich mit seiner neoliberalen Auffassung in Lambsdorfs Wirtschaftsministerium und später unter Theo Weigel im Finanzministerium.

Sarazin Dissertation trägt den Titel: „Logik der Sozialwissenschaften an den Grenzen der Nationalökonomie und Geschichte: die New Economic History“. Sarrazin beschäftigt sich in seiner Arbeit unter anderen mit der  Rentabilität der Sklaverei in den Südstaaten der USA. Die sozialdarwinistische Kompetenz, die er in seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ bestätigt, zeigte sich bereits in seinem frühen Werk. Otto Köhler führt uns die maßgeblichen Vertreter der Abwickler einer Volkswirtschaft in aller Offenheit vor. Viele ihrer späteren Handlungsweisen sind dem Leser dadurch besser erklärbar. Er schreibt dazu. „Mit diesem exzellenten Sklavenhalter-Fachwissen besaß Sarazin die richtige Expertise für die korrekte Behandlung  der ostdeutschen Eingeborenen. Er hat somit in seiner Doktorarbeit von 1974 die wissenschaftlichen Grundlagen für den Anschluss der DDR gelegt. Sarrazin konnte bei den Ossis anwenden, was er an den ‘Negersklaven’ gelernt hatte.“ Wie das im konkreten Fall funktionierte, kann man sehr gut nachlesen. Für die Thüringer gibt es im Buch ein ganz besonderes Kapitel und es fördert auch nach fast 20 Jahren neue interessante Details über die Vernichtung der einst modernsten Kaliindustrie des Ostens zu Tage. Es ist kein Geheimnis, dass in den ostdeutschen Kaliunternehmen weltmarktfähige Spitzenprodukte erzeugt wurden, welche in die ganze Welt exportiert wurden. Also eine echte Konkurrenz für BASF mit ihrer Kali und Salz in Kassel. Sie standen 1990 in den roten Zahlen. Der BASF-Weltkonzern brauchte einige Zeit, um sich in der liebenden Umarmung die richtige Strategie zur Beseitigung der ostdeutschen Konkurrenz auszudenken. Es kam zu so genannten „Kooperationsgesprächen“ Danach galt; der Westen lieferte nicht mehr nach Osten (hatte er noch nie getan). Und der Bruder im Osten durfte nicht mehr an seine alten Kunden in der westlichen Welt liefern. Der Düngerabsatz war damit um 80 Prozent zurück gegangen. Den Rest kennen wir. Allerdings liefert uns Otto Köhler auch in der Kali-Story viel Hintergrundwissen über die einhergehenden Machenschaften zahlreicher alter Bekannter.

Am 13. Oktober können interessierte Leser den Publizisten Otto Köhler in Erfurt live erleben.

Der Kulturverein „Rotdorn“ hat eine Lesung und ein Gesprächsforum in der Aula der IGS Schule in der Wendenstraße (Johannesplatz) vorbereitet. Beginn: 20:00 Uhr.  Auf Grund der großen Nachfrage wird empfohlen, rechtzeitig Karten unter der Nummer: 0361 – 7314536 oder direkt in der Contineo-Buchhandlung, Magdeburger Allee 90 zu bestellen.

Uwe Pohlitz