Desaströse Unterbesetzung

Die von der LINKEN initiierte Pflegekampagne hat die Probleme stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Prekäre Arbeitsverhältnisse und Personalmangel sind aber dennoch zu oft die Regel. Als Ergebnis der Kampagne für DIE LINKE ist festzustellen, die Forderung nach einer Pflegevollversicherung muss ein wichtiges sozialpolitisches Ziel sein.

 

Von Anne Urschll

 

Der Pflegemarkt ist ein Milliardengeschäft in Deutschland. Im Jahr 2015 betrug der Pflegemarktumsatz 47 Milliarden Euro bei 2,9 Millionen Pflegebedürftigen. Im Jahr 2030 wird sich der Umsatz auf 80 Milliarden Euro belaufen bei 3,5 Millionen Pflegebedürftigen. Mit den festen Umsatzerwartungen und guten Gewinnen ist der deutsche Pflegemarkt für spekulative Fonds, für Finanzinvestoren, für Vermögensverwalter u. a. aus den USA, Frankreich, Kanada besonders lukrativ. Die Pflegeheimbetreiber erreichen Renditen zwischen fünf und zehn Prozent. Diese Renditen erzielen sie vor allem, indem sie die Kosten ihrer Unternehmen senken, Pflegekräfte unter Tarif bezahlen, Küchendienste und Reinigungskräfte outsourcen, mehr prekäre Arbeit zulassen. In Thüringen gibt es etwa 94.000 Pflegebedürftige. Das entspricht 4,2 Prozent der Einwohner. Mit 457 Pflegeheimen verfügt Thüringen über 25.500 Betten. Die Hauptlast der Pflegebedürftigen tragen Familienangehörige! In der Pflegebranche insgesamt sind in Thüringen mehr als 19.300 Pflegekräfte, insbesondere Frauen, beschäftigt, davon 10.800 in der ambulanten Pflege bei 432 ambulanten Pflegediensten. 57,6 Prozent der Beschäftigten sind in Teilzeit tätig (Im Bundesdurchschnitt sind es 40,1 Prozent!). In den nächsten Jahren benötigt Thüringen 25.000 Pflegekräfte. Das bedeutet: Pro Jahr sind 1.250 Schulabgänger für die Altenpflege zu gewinnen und auszubilden (zum Vergleich: 2017 gab es 15.932 Schulabgänger). Das ist eine enorme Herausforderung für die Thüringer Pflegebranche.

 

 

Der Parteivorstand hat 2018 eine Kampagne zur Pflege initiiert, deren Schwerpunkt die unterfinanzierte Altenpflege ist. Damit knüpft diese Kampagne nahtlos an den Aktionen in Kliniken an. Hier wird vor allem mehr Pflegepersonal gefordert, um mehr Zeit für die Krankenpflege und Hinwendung zum Patienten zu haben. Aber auch zur Entlastung der Pflegekräfte.

 

 

Der Stadtvorstand Erfurt hat die Kampagne mit wenigen ehrenamtlichen Mitgliedern gestartet. Schwerpunkt war und ist die desaströse Unterbesetzung mit Altenpflegerinnen, Altenpflegern und deren schlechte Bezahlung. Im Mittelpunkt der Aktionen waren vor allem Infostände zur Aufklärung über die angespannte Personalsituation in den Heimen und ihre schlechte Entlohnung für die physisch und psychisch anspruchsvolle Arbeit.

 

Den Abschluss der Pflegekampagne bildete eine Podiumsdiskussion in der Seniorenresidenz am Hirschgarten u.a. mit der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Heike Werner und MdL Karola Stange. Während im Podium Fachkräfte aus der Pflege saßen, war das Publikum der Zuhörer bunt gemischt. Pflegende Familienangehörige, in der Pflegewirtschaft tätige Menschen und interessierte Bürgerinnen und Bürger verfolgten die Statements der Podiumsvertreter. Die Zuhörer übten vor allem Kritik an der unterfinanzierten Pflege, ihrer geringen Personalausstattung und die Folgen auf die Pflegebedürftigen. Als Mangel wird das Fehlen von neutralen Pflegestützpunkten zur Information von Angehörigen angesehen.

Als Ergebnis der Kampagne für die LINKE ist festzustellen, die Forderung nach einer Pflegevollversicherung muss ein wichtiges sozialpolitisches Ziel sein. Auf dem Weg dahin ist kurzfristig eine sofortige Deckelung der Eigenanteile der Pflegebedürftigen auf Bundesebene durchzusetzen.

 

Das Problem Pflege hat viele Facetten, deshalb muss es im Bewusstsein der Öffentlichkeit bleiben!