Cielo despejado en España – Über ganz Spanien wolkenloser Himmel

Vor 75 Jahren begann der Spanische Bürgerkrieg, eingeleitet durch einen Putsch der Faschisten und alten Machteliten. Während der Westen schlief, kam es zum blutigen Kampf zwischen von UdSSR unterstützten internationalen Brigaden mit von Italien und Deutschland sekundierten Truppen.

Über ganz Spanien wolkenloser Himmel: Mit dieser vom Rundfunksender Ceuta in der Nacht zum 18. Juli 1936 ausgestrahlten Losung begann etwas, das kurze Zeit später auch die Familie meiner Mutter betreffen sollte: Ihr ältester Bruder war plötzlich verschwunden. Derartiges war im „Dritten Reich“ bekanntlich alltäglich, doch dieses Verschwinden hatte nichts mit Gestapo, Zuchthaus oder KZ zu tun gehabt, sondern besaß einen völlig anderen Grund. Der gelernte Schmied, nach Abschluss der Lehre durch die beginnende Weltwirtschaftskrise arbeitslos geworden, hatte nach dem Machtantritt des Faschismus auch nicht viel mehr geboten bekommen als Billigstarbeit bei Autobahnbau und Reichsarbeitsdienst. Bei letzterem konnten adrette Uniform mit Hakenkreuzbinde und sogenannter Spessartmütze ebenso wenig wie gepflegte Baracken mit Blumenkästen an den Fenstern darüber hinwegtäuschen, dass man von dem nach Pfennigen zählenden Verdienst nicht leben, geschweige denn später eine Familie ernähren konnte. So war er den Verlockungen von Görings Luftwaffe gefolgt, wobei geschniegelte Uniform oder gar „vaterländische Gesinnung“ und Begeisterung für den „Führer“ eine untergeordnete Rolle gespielt hatten. Bordfunker bei der Luftnachrichtentruppe war er in erster Linie eines gesicherten Einkommens und gebotener Aufstiegsmöglichkeiten wegen, zu einem Gutteil wohl auch aus jugendlicher Abenteuerlust geworden. Den besorgten Angehörigen wurde auf Nachfrage bedeutet, er sei zu „einer Übung“ abkommandiert worden, worüber Dritten gegenüber selbstverständlich Stillschweigen zu bewahren sei. In der Folgezeit kamen gelegentlich einige Feldpostkarten mit für den Außenstehenden unverständlicher, weil lediglich mit irgendeiner Feldpostnummer versehenen Adresse, vor allem aber – jene Karten kamen aus einem Lazarett! Der Feldwebel der Luftnachrichtentruppe war verwundet worden? Verwundet, bei einer Übung? So jedenfalls lautete tatsächlich der wehrmachtsinterne Tarnname, der freilich verschwieg, dass es sich mindestens um eine „Übung“ mit scharfer Munition handelte: Er war zu der mit ihren ersten und als „Reisegesellschaft Union“ getarnt gewesenen Einheiten am 6. August in der spanischen Stadt Cadiz gelandeten Legion „Condor“ kommandiert worden, die gemeinsam mit italienischen Truppen den Putsch des faschistischen Generals Francisco Franco y Bahamonde und weiterer hoher Militärs gegen die Spanische Republik mit Waffengewalt unterstützte – die iberische Halbinsel diente der faschistischen Wehrmacht und insbesondere ihrer Luftwaffe als Testfeld für alle neuentwickelten Waffen. Das aber erfuhr die Familie erst viel später, als die zuletzt von Generalmajor Wolfram von Richthofen kommandierte Legion nach der blutigen Niederwerfung der Republik am 6. Juni 1939 mit Blumen am Koppel und Blut an den Händen prahlerisch als vermeintlich strahlende Siegerin vor Hitler paradierte.


Herrschaftselite versus Volksfront


Was war eigentlich in Spanien geschehen, was dem verhängnisvollen 18. Juli 1936 vorausgegangen? Dazu muss man weitere sechs Jahre zurückgehen – 1930 war die seit 1923 herrschende Militärdiktatur des Generals Primo de Rivera gestürzt und ein Jahr später von den Republikanern ein überwältigender Wahlsieg errungen sowie in in dessen Folge am 14. April die zweite Republik1 ausgerufen worden. Wie im benachbarten Frankreich gewann seither der Gedanke einer Volksfrontpolitik immer mehr Raum, zumal sich die gesellschaftlichen Widersprüche in dem rückständigen Agrarland seit dem der Neutralität im Ersten Weltkrieg zu verdankenden industriellen Aufschwung erheblich verschärft hatten. Durch eine faktisch unumschränkte Herrschaft der Gutsbesitzer auf der einen und Landarmut bzw. Landlosigkeit großer Teile der bäuerlichen Bevölkerung auf der anderen Seite geprägte und von der katholischen Kirche gestützte feudale und halbfeudale Verhältnisse, Armut, Arbeitslosigkeit, menschenunwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen in Industrie und Bergbau, Analphabetentum, Unterdrückung nationaler Minderheiten sowie immer mehr um sich greifende faschistische Umtriebe bestimmten die Entwicklung im Land. Die Herrschenden sahen ihre Pfründe in Gefahr, zumal bei den kommenden Wahlen mit einem Sieg der Volksfront zu rechnen war. So verhandelte bereits zu Beginn des Monats Februar hochrangige Vertreter des spanischen Faschismus in Berlin über eine Unterstützung gegen die Volksfront, womit deren überwältigender Wahlsieg am 16. Februar allerdings nicht zu verhindern gewesen war. Für die herrschende Oberschicht aus Großindustriellen, Feudaladel und hoher katholischer Geistlichkeit bedeutete das höchste Alarmstufe, befürchteten sie doch die Überführung wichtiger Industrie- und Finanzunternehmen in Gemeineigentum ebenso wie eine Bodenreform und eine Einschränkung der Macht des Klerus. Nun wurden die Kontakte verstärkt und bereits im März über deutsche Waffenlieferungen für die General Franco nahestehenden und in der Kolonie Spanisch-Marokko stationierten Truppen verhandelt. Ab jetzt begann die intensive Vorbereitung der Verschwörung gegen die Republik, wobei es freilich etliche entscheidende Hindernisse zu überwinden galt, was nur mit Hilfe der deutschen und italienischen Faschisten möglich war: Abgesehen davon, dass es die Putschisten schwer haben würden, in Spanien überhaupt Fuß zu fassen, und dass es noch schwerer sein würde, dort entscheidend an Boden zu gewinnen, mussten die Meuterer erst einmal das Mittelmeer überwinden, wozu ihnen jedoch das erforderliche Militärgerät fehlte. Über Transportflugzeuge verfügten sie nicht und die spanische Marine stand fast ausnahmslos loyal zur republikanischen Regierung. General Franco, der sich den herrschenden Kreisen bereits durch nahezu grenzenlose Grausamkeit und Brutalität bei der blutigen Niederschlagung der Aufstände der marokkanischen Rif-Kabylen 1921 bis 1926 und der asturischen Bergarbeiter 1934 (bis zu 2.000 Tote) wärmstens empfohlen hatte, nutzte seine engen Verbindungen zur Auslandsorganisation der NSDAP zwecks Herstellung direkter Kontakte zu Hitler. Auch hier war die Volksfrontregierung wie in den kommenden Jahren des öfteren geschehen sträflich leichtfertig, unentschlossen und halbherzig gewesen, als sie dem rechtskonservativen General zwar umgehend den Oberbefehl über die Armee entzogen hatte, ihn aber als Militärgouverneur der doch von Madrid scheinbar so weit entfernten Kapverdischen Inseln ungehindert seine Ränke schmieden ließ anstatt ihn wegen der in Marokko und Asturien befohlenen Verbrechen vor Gericht zu stellen.


Deutsche Interessen


In der bundesdeutschen Geschichtsschreibung wird nun gern die Auffassung vertreten, das „Dritte Reich“ und dabei namentlich Wehrmachtsführung und Auswärtiges Amt hätten sich Francos Wünschen gegenüber sehr zögerlich verhalten, da im Mittelmeerraum keine eigenen Interessen vorhanden gewesen seien und man zudem noch außenpolitische Rücksichten habe nehmen wollen, Hitler dann aber sämtliche Entscheidungen aus eigener Machtvollkommenheit gefällt hätte. Das klingt wie nach Ausstellung von Persilscheinen für die angeblich „saubere“ Wehrmacht und das Auswärtige Amt, dessen Diplomaten bekanntlich in sehr vielen Fällen in der BRD wieder Karriere machten. Ebenso wenig war die Wehrmacht „sauber“, das anfängliche Zögern war lediglich Ausdruck der damaligen Auseinandersetzungen in der Führungsspitze, wo ein Teil der Generalität den erreichten Rüstungsstand als noch unvollkommen einschätzte und sich möglichst nicht auf militärische Abenteuer einlassen wollte. Selbstverständlich gab es Interessen des „Dritten Reiches“, sehr erhebliche sogar: Zum einen waren sie natürlich politisch-ideologischer Art, stellte doch ein „Rotspanien“ einen weiteren „Hort des Bolschewismus“, auf jeden Fall aber eine Gefahr für den Faschismus dar. Industrie- und Finanzkapital hatten ein nahezu grenzenloses Interesse an für die Rüstungswirtschaft äußerst wichtigen Bodenschätzen wie Wolfram, Zink, Blei und Kupfer, weshalb schon Ende Juli 1936 und damit kurz nach Beginn des Bürgerkrieges die der Ausbeutung der Rohstofflager dienenden deutsch-spanischen Firmen Hisma Ltd. und Rowak m.b.H. gegründet wurden. Die Bemühungen von Konzernen wie Vereinigte Stahlwerke, Krupp und Metall AG, Zugriff auf die reichen Schwefelkies- und Eisenerzvorkommen zu erlangen, um so „von England, Frankreich und Schweden völlig unabhängig“ zu werden, hatten bereits 1935 eingesetzt. Hitler hatte das am 27. Juni 1937 mit den Worten bekräftigt „Wir brauchen eine nationale Regierung in Spanien, um uns das spanische Erz zu sichern.“, wobei mit der „nationalen“ natürlich eine faschistische Regierung gemeint war. Drittens hatte selbstverständlich auch die Wehrmachtsführung, insbesondere die der Luftwaffe, größtes Interesse an einer, natürlich getarnten, Einmischung in den Bürgerkrieg, konnte dieser doch hervorragend als Testfeld für alle neuentwickelten Waffen, für die jegliche Skrupellosigkeit einschließende Einsatzfähigkeit der Soldaten und Offiziere und für die Gewinnung praktischer Erfahrungen in der Kriegsführung genutzt werden, wie Göring im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess zugab:


Als in Spanien der Bürgerkrieg ausgebrochen war, sandte Franco einen Hilferuf an Deutschland um Unterstützung, besonders in der Luft […] Franco stand mit seinen Truppen in Afrika […] Das Entscheidende war, dass zunächst seine Truppen nach Spanien kamen. Der Führer überlegte sich, ich drängte lebhaft, die Unterstützung unter allen Umständen zu geben. Einmal, um der Ausweitung des Kommunismus […] entgegenzutreten, zum zweiten aber, um meine junge Luftwaffe bei dieser Gelegenheit in diesem oder jenem technischen Punkt zu erproben. Ich sandte mit Genehmigung des Führers einen großen Teil meiner Transportflotte und sandte eine Reihe von Erprobungskommandos meiner Jäger, Bomber und Flakgeschütze hinunter und hatte auf diese Weise Gelegenheit, im scharfen Schuss zu erproben, ob das Material zweckentsprechend entwickelt wurde. Damit auch das Personal eine gewisse Erfahrung bekam, sorgte ich für einen starken Umlauf, das heißt immer wieder neue hin und die anderen zurück.


Viertens gab es auch militärstrategische und militärgeografische Interessen, denn Spanien bildete eine mögliche Aufmarschbasis für eine Kriegsführung im Mittelmeerraum und im Atlantik, zudem konnte es als Sprungbrett nach Afrika dienen, auch wenn Kolonialpolitik in der faschistischen Welteroberungsstrategie zu jener Zeit eine völlig untergeordnete Rolle spielte. Und fünftens schien ein faschistisches Spanien auch als Verbündeter in einem kommenden Krieg und in diesem Zusammenhang ebenso als Lieferant von Nahrungsmitteln wichtig.


Der Putsch


Als der Sender Ceuta in jener Nacht zum 18. Juli 1936 die von den Meuterern vereinbarte Losung vom „wolkenlosen Himmel über ganz Spanien“ ausgestrahlt hatte, begann schließlich der Putsch gegen die Volksfrontregierung, doch so schnell, wie er begonnen hatte, so schnell fuhr er sich auch fest. Bildlich gesprochen bewölkte sich der Himmel sehr rasch: Erfolgreich waren die Putschisten außer in Spanisch-Marokko nur in Navarra, Sevilla und einigen anderen Orten und Gebieten sowie auf der Inselgruppe der Balearen. Die Volksfrontregierung kontrollierte drei Viertel des Landes und die Verschwörung gegen sie trat schon nach wenigen Tagen nicht nur auf der Stelle, sie stand vor dem Zusammenbruch. Jetzt war die Gelegenheit für den deutschen und italienischen Faschismus gekommen, durch militärisches Eingreifen zugunsten der Franco-Putschisten Spanien zum Erprobungsgelände für den in Vorbereitung befindlichen künftigen Welteroberungskrieg zu machen. So übernahm der Wehrmachts-Geheimdienst unter Admiral Wilhelm Canaris die Herstellung der entsprechenden Kontakte zur Führungsspitze in Rom, um die Unterstützung für die Putschisten zu koordinieren. Sollte die favorisierte Blitzkriegsstrategie erfolgreich sein, mussten sämtliche Vorbereitungen unbedingt unter strengster Geheimhaltung geschehen und das betraf selbstverständlich auch jenes ohnehin völkerrechtswidrige Eingreifen in Spanien, zumal bei diesem militärischen Abenteuer auch schlimmste Verstöße gegen das Kriegsvölkerrecht nicht lediglich „versehentlich und leider unvermeidbar“ sein würden – das, was heutzutage von der NATO beschönigend als „Kollateralschäden“ bezeichnet wird, war schon beim Unternehmen „Condor“ von vornherein eingeplant gewesen. Für die organisatorische Vorbereitung zeichnete der von General Helmut Wilberg, einem von Hitlers „Blitzkriegs“-Strategen, geleitete „Sonderstab W“ verantwortlich. Diesem oblag auch die Auswahl der gründlichst auf ihre militärische Eignung sowie disziplinarische und selbstverständlich politische Zuverlässigkeit überprüften Legionäre, von denen übrigens kein einziger „Freiwilliger“ war, wie die Nazi-Propaganda nach dem Ende des Spanischen Bürgerkrieges der Öffentlichkeit weismachte. Die „Übung Rügen“, so der Tarnname für die völkerrechtswidrige militärische Einmischung, war „Geheime Kommandosache“ und wer tatsächlich die Naivität besaß, sich freiwillig zu melden, hatte wegen Verletzung der Geheimhaltung sogar mit Bestrafung zu rechnen. Für diese Geheimhaltung der Beteiligung an einem völkerrechtswidrigen und somit illegalen Krieg wurde alles, aber auch alles Erdenkliche getan – von der offiziellen Entlassung der Legionäre aus der Wehrmacht über gänzlich andere Uniformen, auf denen jegliches Erkennungszeichen fehlte, die Tarnung der Verlegung nach Spanien als zivile Urlaubsreise mit „Kraft durch Freude“ auf rasch ihrer eigentlichen Zweckbestimmung als Truppentransporter zugeführten „KdF-Urlauberschiffen“ sowie unter falschem Namen und ebenso falscher Flagge fahrenden Handelsschiffen deutscher Reedereien bis zum Einsatz von Maschinen der Lufthansa, um die am Putsch beteiligte Fremdenlegion sowie die ob ihrer Grausamkeit berüchtigten marokkanischen Kolonialtruppen, „Moros“ genannt, über das Mittelmeer zu bringen. Die mit dem Kranich-Emblem geschmückten, richtiger gesagt getarnten dreimotorigen Ju 52/3 m flogen innerhalb weniger Tage 15.000 Fremdenlegionäre und „Moros“ nach Südspanien, wodurch Franco erst die Fortsetzung des Krieges ermöglicht wurde. Ohne diese ausländische Einmischung hatte für ihn die reale Gefahr des sang- und klanglosen Zusammenbrechens des Putsches bestanden.


Internationaler Widerstand


Doch auch die Verteidiger der spanischen Republik blieben nicht untätig – so rief die illegale KPD am 7. August alle militärisch ausgebildeten deutschen Antifaschisten auf, sich der Volksfrontregierung zur Verfügung zu stellen. In deutschen Betrieben wurden illegale Geldsammlungen organisiert. Am 15. August erließen die KPD- und die SPD-Mitglieder des Volksfront-Ausschusses ungeachtet der nach wie vor ablehnenden Haltung des SPD-Exilvorstandes einen gemeinsamen Hilfsappell. Am 11. September erreichte ein mit Waffen und Munition für die Republik beladenes mexikanisches Schiff den Hafen von Cartagena, Mitte September trafen Freiwillige aus der UdSSR ein, zur gleichen Zeit lichtete das erste mit Lebensmitteln beladene sowjetische Schiff die Anker. Vier Wochen später fasste die Komintern den Beschluss zur Gründung der Internationalen Brigaden. Aus der UdSSR kamen erste Waffenlieferungen für die aus Milizen neuaufgestellte, jedoch völlig unzureichend ausgerüstete Volksarmee. Am 9. Oktober 1936 gingen die ersten, mit dem Dampfer „Ciudad de Barcelona“ angereisten 650 Freiwilligen für die Internationalen Brigaden im Mittelmeerhafen Alicante an Land. Es waren Kommunisten, Sozialdemokraten, Angehörige anderer Parteien und Parteilose, die hier über politische und weltanschauliche Grenzen hinweg das Trennende hintenanstellten und sich durch ein Ziel geeint sahen – die Unterstützung der Republik und ihrer demokratisch gewählten Regierung gegen die Franco-Putschisten und ihre faschistischen Helfer aus dem „Dritten Reich“ und Italien. Als XI. bis XV. Brigade in die spanische Volksarmee eingegliedert wurden sie den Faschisten trotz Sprachproblemen und oftmals unzureichender Ausbildung, Bewaffnung und Verpflegung, teilweise auch anfänglicher Disziplinschwierigkeiten sehr rasch ein ernstzunehmender und diszipliniert kämpfender Gegner. Die Interbrigadisten waren keine Helden im Sinne von Übermenschen, sie waren Menschen mit ehrenhafter Gesinnung, Enthusiasmus und persönlichem Mut, aber auch allen Schwächen, die der menschlichen Natur nun einmal eigen sind. Wohl kaum ein anderes Werk hat das so realistisch wie differenziert gezeichnet wie der DEFA-Film „Fünf Patronenhülsen“ aus dem Jahre 1960. Ein Viertel von ihnen kam aus dem benachbarten Frankreich (Bataillon „Commune de Paris“), 1.400 aus Österreich (Bataillon „12. Februar“), 1.500 aus Kanada (Mackenzie-Papineau-Bataillon), 3.000 aus den USA (Bataillone „George Washington“ und „Abraham Licoln“), etwa 2.000 aus der Tschechoslowakei, 800 aus der Schweiz, dazu 300 jüdische Kämpfer aus dem britischen Mandatsgebiet Palästina und 102 aus Luxemburg. Weitere Interbrigadisten stammten aus Großbritannien, der UdSSR, Polen, Bulgarien, Ungarn, Irland, den Niederlanden, skandinavischen Ländern, ja, sogar aus China fanden etliche den Weg in das ferne Spanien. Die in den Bataillonen „Ernst Thälmann“ und „Hans Beimler“ zusammengefassten 5.000 deutschen und die 4.000 italienischen Antifaschisten des Garibaldi-Bataillons bewiesen, dass es noch ein anderes Deutschland und ein anderes Italien gab. Von insgesamt fast 50.000 Interbrigadisten fielen rund 20.000 im Kampf gegen den Faschismus und sowohl die sich in allem so überlegen fühlenden Angehörigen der Legion „Condor“ als auch die des italienischen Expeditionskorps mussten schwere Niederlagen hinnehmen: Schon am 5. November 1936 bestand das 1. Bataillon der Interbrigaden seine Bewährungsprobe vor Madrid, das die Franco-Truppen vergeblich einzunehmen versuchten. Im Januar 1937 fuhr sich die faschistische Offensive angesichts des zähen Widerstandes der Volksarmee am Fluss Jarama fest. Mussolinis bereits im Namen als Freiwilligenverband ausgegebenes „Corpo Truppe Volontarie“ wurde in der Schlacht bei Guadelajara am 3. März 1937 eine vernichtenden Niederlage beigebracht. Rund 10.000 seiner „Schwarzhemden“ waren in die Flucht geschlagen worden, wobei sie ihre gesamte Ausrüstung an Waffen und Kriegsgerät im Stich lassen mussten. Franco stand vor dem Zusammenbruch und für die Angehörigen der Legion „Condor“ war es moralisch ein schwerer Schlag, dass Deutsche, die in ihren Augen „Vaterlandsverräter“ waren, erheblich dazu beigetragen hatten. Nach den siegreichen Schlachten bei Brunete im Juli 1937, Aragon (August bis Dezember 1937) und Teruel (Mitte Dezember 1937 bis Anfang März 1938) hatte die Spanische Republik 18 Monate schweren Kampfes gegen die faschistischen Meuterer und die sie unterstützenden ausländischen Interventen durchgestanden. Sie war eine beachtliche politische und militärische Kraft geworden.


Nichteinmischung der Westmächte


Es waren nicht nur die italienischen und noch mehr die deutschen Faschisten, deren Unterstützung die Franco-Truppen letztlich vor der endgültigen Niederlage bewahrte, sondern vor allem die niederträchtige und hinterhältige Politik Frankreichs, Großbritanniens und der USA, die am 9. September 1936 in London ein sogenanntes „Nichteinmischungskomitee“ gebildet hatten. Sie wollten einen Sieg der Spanischen Republik unter allen Umständen verhindern, störte er doch ihre Pläne für eine Verständigung mit dem deutschen und italienischen Faschismus. Welche Aufgaben dieses hatte, zeigte schon die Tatsache, dass ihm auch die auf Seiten der Putschisten intervenierenden faschistischen Mächte beitreten durften. Mehr noch, dieses Komitee stellte die rechtmäßige republikanische Regierung mit der am 30. September in Burgos ausgerufenen „Regierung“ der Putschisten auf eine Stufe. So sorgte es dafür, dass Lieferungen für die Spanische Republik an der französischen Grenze strengstens kontrolliert, behindert und schließlich gänzlich sabotiert wurden: Im Juni 1938 schlossen die französischen Behörden die Grenzübergänge sowohl für Waffen- und Munitionstransporte als auch für Freiwillige, die sich den internationalen Brigaden anschließen wollten. Wer deshalb beim Versuch des illegalen Grenzübertritts gefasst wurde, musste mit Internierung oder gar Auslieferung rechnen. Mittels Seeblockade erschwerte oder unterband die Kriegsmarine des „Dritten Reiches“ gemeinsam mit der italienischen Flotte sowjetische Hilfslieferungen. Ein beispielloser Terror gegen offene Städte und Orte sowie auf schutzlose Zivilisten sollte den weiteren Vormarsch der Franco-Truppen erzwingen: Flugzeuge der Legion „Condor“ flogen barbarische Angriffe, bei denen erstmals flächendeckend Bomben abgeworfen und dadurch am 31. März 1937 Durango und am 26. April die religiöse Hauptstadt des Baskenlandes, Gernika (spanisch Guernica), völlig zerstört wurden. Den Terrorbombern war zuvor am Rumpf der Wimpel des „Nichteinmischungskomitees“ aufgemalt worden! Am 31. Mai beschoss die Kriegsmarine die Stadt Almería. Nachdem sich die UdSSR schon am 23. Oktober 1936 von der westlichen Sabotagepolitik distanziert hatte, verließen die Interventen schließlich am 23. Juni 1937 das „Nichteinmischungskomitee“, da sie seiner nun nicht mehr bedurften – es ließ ihnen ja völlig freie Hand. So konnten Aufklärungsflugzeuge der Legion „Condor“ ungestraft und ungehindert französischen Luftraum und französische Hoheitsgewässer verletzen. Ungeachtet dessen wurden die Interventen weiterhin unterstützt: Mit Gesetz vom 10. April 1937 verbot die luxemburgische Regierung den eigenen Bürgern auf Druck des Komitees die Beteiligung am Bürgerkrieg auf seiten der Spanischen Republik. In der Volksfrontregierung machten sich Unsicherheit und Uneinigkeit breit, die Auseinandersetzungen über den weitere Kurs spitzten sich zu, weshalb der Sozialist Largo Caballero am 16. Mai zurücktrat. Neuer Ministerpräsident wurde Dr. Juan Negrín.


Abzug der internationalen Brigaden


Mit Beschluss vom 5. Juli 1938 verlangte das Komitee den Abzug aller ausländischen Freiwilligen, am 15. November erfolgte die Auflösung der Internationalen Brigaden. Wer von den Interbrigadisten nach Frankreich gelangen konnte, wurde von den dortigen Behörden unter menschenunwürdigsten Bedingungen in den Lagern Saint-Cyprien, Gurs, Camp d'Agde oder Argelés-sur-Mer interniert, wem nicht die Flucht in den Untergrund und damit später zur französischen Widerstandsbewegung oder in die Schweiz gelang, wer keine Möglichkeit hatte, in sowjetisches, britisches oder US-amerikanisches Exil zu gehen, wurde nach der deutschen Besetzung ausgeliefert und in die Konzentrationslager Dachau und Auschwitz verschleppt. Italienische Interbrigadisten erlitten das gleiche Schicksal – ihnen drohten Mussolinis Konzentrationslager. Die deutschen und italienischen Interventen freilich blieben im Land, ihre Angehörigen waren ja nicht wie später behauptet Freiwillige. Faktisch wurde damit zugegeben, dass der angebliche Freiwilligen-Status eine Propagandalüge war. Für die Spanische Republik wurde die Lage angesichts dieses ungleichen Kampfes immer schwieriger. Nun brachen ihr die Mitglieder jenes „Nichteinmischungskomitees“ vollends das Rückgrat und zeigten endgültig ihr wahres Gesicht.


Das Morden der Franco-Faschisten


Am 27. Februar 1939, dem sechsten Jahrestag des Reichstagsbrandes übrigens, erklärten sie den Abbruch der Beziehungen und erkannten Francos Putsch-Regierung an, am 1. April folgten die USA. Während die Propaganda des „Dritten Reiches“ die eigene Bevölkerung mit Greuelmärchen über das angebliche Wüten „rotspanischer Bolschewisten“ desinformierte, tyrannisierten die Putschistentruppen die Bevölkerung in den von ihnen eroberten Gebieten. Wer als Anhänger der Volksfrontregierung erkannt oder einfach nur verdächtigt wurde, sah einer blutigen Abrechnung entgegen. Im ganzen Land knallten die Salven der Erschießungskommandos, füllten sich die Gefängnisse und Zuchthäuser, wurden Konzentrationslager errichtet, waren die Schreie der Gefolterten zu hören. Auf der Balearen-Hauptinsel Mallorca mit ihrer seit Jahrhunderten in religiöser Demut und politischer Uninteressiertheit gehaltenen Bevölkerung tobte der faschistische Terror angesichts traditioneller Spannungen mit der Zentralmacht und des dadurch bedingten geringen Einflusses der Volksfrontregierung bereits seit Beginn des Putsches. Als der dortige Franco-treue Befehlshaber General Manuel Goded Llopis beim Versuch, auch in Barcelona den Umsturz auszulösen, verhaftet und nach einem Gerichtsverfahren am 11. August 1936 gemeinsam mit drei seiner Offiziere hingerichtet wurde, geriet der faschistische Mob auf der Inselgruppe, unterstützt vom Erzbischof von Mallorca, Don José Miralles, in tollwütige Raserei: Unter Führung des am 26. August von Mussolini entsandten „Beraters“ Arconovaldo Bonaccorsi, genannt „Conde Rossi“, brachte die Schwadron „Drachen des Todes“ selbst Menschen, die an Alphabetisierungskursen teilgenommen hatten oder keine regelmäßigen Kirchgänger waren, in Zuchthäuser und Konzentrationslager. Von den vermutlich bis zu 7.000 Todesopfern allein auf Mallorca konnten bis zum 24. März 2011 erst 1.188 exhumiert und von diesen 522 bislang nicht identifiziert werden.

In die Hände der Franco-Faschisten gefallene Interbrigadisten wurden in Konzentrationslager verschleppt, wo sie mit deutscher Unterstützung zu rassenideologisch motivierten medizinischen „Experimenten“ missbraucht wurden. Durch besondere Grausamkeit taten sich die marokkanischen Kolonialtruppen hervor, denen Franco persönlich auch das Recht zum Plündern eingeräumt hatte und die den Menschen noch die letzte Habe raubten. Das wirkte sich freilich sehr nachteilig auf die Stimmung der Bevölkerung aus, die doch laut Berichten der Nazi-Presse allerorten die „Befreier vom bolschewistischen Joch“ angeblich „freudig begrüßte“. Aus allen vier Himmelsrichtungen drangen nun die Putschistentruppen mit massiver Unterstützung der Interventen auf Madrid vor, die Republik war im Würgegriff der Faschisten. Am 1. Februar war das Parlament, die Cortes, in Figueras zum letzten Mal zusammengetreten. Was Franco trotz allem bislang nicht gelungen war, sollte nun Verrat in den eigenen Reihen schaffen: Am 4. März putschten die vom strikt antikommunistisch eingestellten Oberst Segismundo Casado geführten Truppen mit Unterstützung des rechten Flügels der sozialdemokratischen Partei (PSOE) unter Julián Basteiro und enttäuschter Führer der Iberischen Anarchistischen Föderation (FAI) als fünfte Kolonne gegen die Regierung von Juan Negrín. Der sich den Putschisten angeschlossen habende General José Miagra löste umgehend eine Verfolgungs- und Verhaftungsaktion gegen Mitglieder der Kommunistischen Partei aus, von Cipriano Mera befehligte anarchistische Einheiten schlugen den Widerstand regierungstreuer Truppen nieder und erschossen deren Führer Luis Barceló Jover standrechtlich. Der Ministerpräsident emigrierte nach Paris und nach der Besetzung Frankreichs nach London, wo er bis 1945 die Leitung einer Exilregierung der zweiten Republik übernahm und die Unterstützung für außer Landes gegangene Republikaner organisierte. Oberst Casado indes sollte der Verrat kein Glück bringen – Franco hatte es nun nicht mehr nötig, mit ihm über einen Friedensvertrag zu verhandeln, sondern konnte auf bedingungsloser Kapitulation bestehen. Der enttäuschte Verräter floh kurz vor dem Einmarsch der Putschistentruppen am 28. März in das von ihnen weitgehend zerstörte Madrid über Barcelona nach Frankreich, von dort nach Großbritannien und weiter nach Kolumbien und Venezuela. Als er schließlich 1961 zurückkehrte, ließ ihm Franco umgehend den Prozess machen. Zwar wurde er freigesprochen, doch seine (sehr zweifelhafte) Ehre, Angehöriger und Offizier der spanischen Armee zu sein, hatte er ein für allemal verwirkt. Auch Franco liebte zwar den Verrat, nicht aber den Verräter. Für 36 lange und qualvolle Jahre versank Spanien in der Nacht des Faschismus und durchlitt eine grausame und blutige, von Industrie- und Finanzkapital, der Kaste der Großgrundbesitzer, dem katholischen Klerus, der Armee sowie der paramilitärischen Bürgergarde („Guardia Civil“) und der Falange-Partei gestützte Diktatur. Doch auch Franco wurde klar, dass dieses auf brutalsten Terror gestützte System nicht ewig währen und spätestens mit seinem eigenen Ende hinweggefegt werden würde. Damit jedoch seine Auftraggeber kein Schwinden ihrer mit dem Sieg der Putschisten von 1936 erlangten Machtstellungen befürchten mussten, handelte er nach dem Grundsatz, wonach der kluge Mann vorzubauen habe: Die Republik wurde 1946 abgeschafft und Spanien wieder zum Königreich erklärt, was das Kuriosum zur Folge hatte, dass so ein Königreich ohne König entstanden war. Das allerdings war nun in voller Absicht geschehen, wollte der Diktator doch keinen Herrscher über sich haben, zumal der ihn bei Notwendigkeit ähnlich dem italienischen Beispiel von 1943 auch für abgesetzt erklären, zumindest aber seine unumschränkte Herrschaft gefährden konnte. Indes sorgte Franco dafür, dass mit Prinz Juan Carlos der Enkel des 1931 verjagten Königs Alfonso XIII. systematisch auf die Thronbesteigung nach dem Ableben des Diktators vorbereitet und so ein bruchloser Übergang zur parlamentarisch verbrämten Herrschaft von Kapitaleignern und Klerus möglich wurde. Diese Erziehung in seinem Sinne galt Franco als Garant dafür, dass jegliche Aufarbeitung der faschistischen Verbrechen unterblieb, seine Falange-Partei als ehedem spanisches Gegenstück zu Hitlers NSDAP ungehindert weiter faschistische Ideologie verbreiten konnte und die Schergen seines Regimes ungeschoren blieben.


Fehlende Geschichtsaufarbeitung in Spanien und späte Rehabilitierung


Gut 30 Jahre lang tat sich das offizielle Spanien schwer mit der Aufarbeitung dieser unheilvollen Vergangenheit. Was schließlich durch den immer stärker werdenden öffentlichen Druck, vor allem aus den Familien der vielen Mordopfer, nicht mehr aufzuhalten war und unter PSOE-Regierung endlich in die Wege geleitet wurde, war ein mühsamer und sich zäh dahinwindender Prozess, der vor allem durch die rechtskonservative Volkspartei PP und natürlich die noch große Zahl der in dieser untergekrochenen Franco-Anhänger sowie den Klerus immer wieder gebremst, behindert und sabotiert wurde. Erst 30 Jahre nach Francos Tod, in der Nacht zum 17. März 2005, wurde sein sieben Meter hohes Standbild in Madrid entfernt, wobei die längst fällig gewesene Aktion durch die Polizei gegen wütende Anhänger des Diktators geschützt werden musste. Dem folgten Straßenumbenennungen sowie die Beseitigung seiner Denkmäler in vielen weiteren Orten, darunter seiner Geburtsstadt Ferrol. Am 10. Oktober 2007 beschloss das Parlament endlich das schon 2005 von der Regierung Zapatero angekündigte Gesetz zu Rehabilitierung der Opfer, Aufklärung der faschistischen Verbrechen und Entfernung der Diktatur-Symbole aus dem öffentlichen Straßenbild. Ungeachtet dessen darf die als „privat“ firmierende „Nationalstiftung Francisco Franco“ weiterhin im Sinne einer Verklärung des Diktators wirken, die faschistischen Verbrechen leugnen oder gar rechtfertigen und unliebsamen Historikern den Zugang zu wichtigen Archivalien verweigern. Unter der PP-Regierung von José María Aznár durfte sie sich erheblicher staatlicher Zuwendungen erfreuen, die allein im Jahre 2001 mit umgerechnet 150.000 Euro den zweithöchsten Subventionsbetrag im Etat des Kulturministeriums darstellten.



Keine Verfolgung der Täter


Für das „Dritte Reich“ - und natürlich auch das faschistische Italien – freilich hatte sich die völkerrechtswidrige Intervention ausgezahlt: Vor allem deutsche Großkonzerne erhielten ungehinderten Zugang zu den Reichtümern des Landes, wovon die Kriegswirtschaft erheblich profitierte. Neuentwickeltes Kriegsgerät hatte sowohl die Bewährungsprobe bestanden als auch Schwächen gezeigt, die umgehend beseitigt wurden: Waren etliche Flugzeugtypen von Görings Luftwaffe den sowjetischen Jägern vom Typ Polikarpow I-16 im ersten Kriegsjahr noch hoffnungslos unterlegen, so änderte sich das ab 1937 sehr rasch mit dem Einsatz neuester Maschinen wie des Jägers Messerschmidt Bf 109 (Me 109), der Bombenflugzeuge Heinkel He 111 und Dornier Do 17 sowie des Sturzkampfbombers Junkers Ju 87. Ein alle sechs bis höchstens neun Monate vorgenommener regelmäßiger Personalwechsel sorgte dafür, dass bis Oktober 1938 etwa 20.000 und dann bis Frühjahr 1939 insgesamt rund 25.000 Angehörige der Hitler-Wehrmacht ausreichend Kriegserfahrung besaßen. Selbst die obersten Befehlshaber wurden aus diesem Grunde zweimal ausgewechselt – auf Generalmajor Hugo Sperrle folgte im Oktober 1937 Oberstleutnant Alexander Holle, der schließlich im Oktober 1938 von Generalmajor Wolfram von Richthofen abgelöst wurde. Dazu kamen noch Hunderte, wenn nicht gar Tausende von Ingenieuren, Technikern und Facharbeitern aus deutschen Flugzeugwerken, Angehörige des Wetterdienstes, der Nachrichtentruppe und des Sanitätsdienstes. Mit der ersten Luftbrücke und dem ersten massiven Luftkrieg gegen die Zivilbevölkerung eines Landes hatten „Neuerungen“ der Kriegsführung ihre „Bewährungsprobe“ bestanden, die Kriege fortan noch grausamer, brutaler und unmenschlicher werden ließen als sie ohnehin bereits waren. Die Führung des „Dritten Reiches“ hatte wahrlich alles in ihren Kräften Stehende getan, um nur ein knappes halbes Jahr später die ganze Welt in Brand setzen zu können!

Dass die Legion „Condor“ die ersten Kriegsverbrechen der Wehrmacht verübt hatte, focht Franco ebenso wenig an wie Hitler und Mussolini, die ihre Söldner mit Geld, Auszeichnungen und Beförderungen überhäuften. Die sich als „Rechtsnachfolgerin“ des „Dritten Reiches“ verstehende Bundesrepublik Deutschland nahm daran über Jahrzehnte keinerlei Anstoß: Verbrechen wie die zum Symbol des Krieges schlechthin gewordene Zerstörung von Gernika wurden nicht als solche gebrandmarkt, sondern als „militärische Leistungen“ gepriesen. Daran beteiligt gewesene Legionäre galten der Bundeswehr als verehrungswürdige Vorbilder, die ihr Traditionsverständnis über lange Zeit prägten. So wurden ein Jagdgeschwader und eine Kaserne nach Oberst Werner Mölders, einem der besonderen Lieblinge Hitlers, benannt. Generalmajor Adolf Galland, ebenfalls einer der besonderen Lieblinge Hitlers, war gar als erster Inspekteur der Bundesluftwaffe vorgesehen, wovon nur auf US-amerikanische Bedenken hin Abstand genommen wurde. Dessen ungeachtet durfte er schon 1953 als Bestsellerautor in seiner Autobiografie die Untaten von Görings Luftwaffe preisen und angesichts zwei Millionen verkaufter Exemplare ein erkleckliches Honorar einstreichen. Johannes Trautlofts Jagdgeschwader 54 („Grünherz“) lieferte nicht nur die Traditionslinien für das Jagdbombergeschwader 34 der Bundesluftwaffe, er selbst empfahl sich damit bestens für den Posten ihres stellvertretenden Inspekteurs und Chefs des Stabes. Zuletzt Kommandierender General des Luftwaffen-Gruppenkommandos Süd schied er 1970 als Generalleutnant aus dem aktiven Dienst und durfte zudem das „Große Bundesverdienstkreuz mit Stern“ tragen. Heinz Trettner, der sich seine Meriten außer in Spanien auch bei der Vorbereitung des Überfalls auf die Niederlande und die Insel Kreta verdient hatte, wurde 1964 gar zum Generalinspekteur der Bundeswehr ernannt. Alexander Holle, zuletzt Generalmajor der Hitler-Wehrmacht, wurde 1978 im Beisein einer Abordnung der Bundeswehr zu Grabe getragen, ihre am Sarg stehenden Ehrenposten präsentierten auf einem Samtkissen das ihm verliehene Ritterkreuz. Das sind übrigens nur einige der bekanntesten Namen, diese Aufstellung ließe sich in erheblichem Ausmaß fortsetzen. Erst 1998 konnte sich der Bundestag nach - wie konnte es auch anders sein – langer, heftiger und kontroverser Debatte wenigstens zu dem halbherzigen Beschluss durchringen, Angehörige der Legion „Condor“ nicht mehr als Leitbilder für die Bundeswehr „zu empfehlen“. Der Verteidigungsminister schaffte es schließlich 2006, eine Umbenennung der nach Werner Mölders benannten Kaserne und des Jagdgeschwaders anzuordnen. Vermutlich hätte er sich damit sogar eine Auszeichnung für besondere Tapferkeit verdient, denn im Jahr zuvor machten vor allem rechte Kräfte, ihnen voran das „Institut für Staatspolitik“ als Denkfabrik der Neuen Rechten, dagegen mobil, wobei sie sich der Unterstützung aktiver und ehemaliger hoher Offiziere der Bundeswehr wie des damals schon hochbetagten Heinz Trettner erfreuen konnten. In Berlin, genauer gesagt in der vormaligen „Frontstadt“ Berlin (West), wird die Legion „Condor“ aller Kriegsverbrechen zum Trotz auch heute noch mit dem Straßennamen „Spanische Allee“ geehrt. Fast überflüssig ist es da, auf die stets guten politischen und noch besseren wirtschaftlichen Beziehungen der BRD zu Franco-Spanien hinzuweisen, die doch nicht müde wird, die ungeachtet fehlender objektiver Kriterien und Beweise längst zum Axiom gemachte „SED-Diktatur“ zu geißeln. Selbstverständlich kamen aus Bonn auch nie „Ermahnungen“, „die Menschenrechte zu beachten“ oder gar einzuhalten und es gab auch keine Proteste dagegen, dass sich Nazi- und Kriegsverbrecher wie SS-Standartenführer Otto Skorzeny und der belgische Faschistenführer Léon Degrelle, zuletzt SS-Standartenführer und Oberst der Waffen-SS gewesen, des wohlwollenden Schutzes der Behörden erfreuen konnten. Als Franco den Kommunisten Julían Grimau García 1963 zum Tode verurteilen ließ, vermied das offizielle Bonn tunlichst jegliche Stellungnahme. Erst als die weltweite Protestwelle nicht mehr zu ignorieren war, wurde dem Diktator kurz vor Schluss die Bitte übermittelt, doch wenigstens Gnade walten zu lassen. Der jedoch wusste nur zu genau, dass er aus der BRD nichts zu befürchten hatte und folglich auch jenes Schreiben nicht ernstzunehmen brauchte: Am 20. April 1963 – fast könnte man meinen, es sollte noch ein Geburtstagsgeschenk an seinen 1945 so schmählich abgetretenen Freund Hitler sein - ließen Francos Henker den unbeugsamen Kommunisten durch das mittelalterliche Würgeeisen, Garotte genannt, einen ebenso qualvollen wie grausamen Tod erleiden.

Angehörige der Legion „Condor“, bei denen die Kriegsverbrechen wenigstens ein erstes, halbwegs kritisches Nachdenken auslösten und die Jahre danach aus den Katastrophen von Stalingrad und Kursk richtige Lehren zogen, blieben nicht nur die große Ausnahme, sondern galten bei unverbesserlichen Nazi-Anhängern wie späteren Kalten Kriegern als „Nestbeschmutzer“ und „Verräter“. Einer dieser wenigen war Dr. Egbert von Frankenberg und Proschlitz, der 1943 vom „Capitän“ (Hauptmann) der Legion und Major der Luftwaffe zum Mitglied des Nationalkomitees Freies Deutschland und des Bundes Deutscher Offiziere geworden war. In der DDR war er Mitglied des Hauptvorstandes der NDPD und Sportpräsident des ADMV, vor allem aber erwarb er sich als militärpolitischer Kommentator des Rundfunks einen geachteten Namen.


Unterschiedliches Schicksal der Interbrigadisten


Was nun wurde aus den Interbrigadisten, denen es gelang, Francos Häschern sowie französischer Internierung und Auslieferung an das „Dritte Reich“ oder Italien zu entkommen? So mancher mit Hilfe vor allem der Französischen Kommunistischen Partei Untergetauchte leistete illegale antifaschistische Arbeit und kämpfte ab 1940 in der Widerstandsbewegung, der Résistance. Im Mai 1939 gelangten 500 Interbrigadisten per Schiff von Le Havre aus in die UdSSR, wo ein Teil von ihnen, misstrauisch beäugt und der Agententätigkeit für faschistische Geheimdienste verdächtigt, in Lagern interniert wurde, die einige leider nicht überlebten. Viele stärkten jedoch auch die Reihen der Roten Armee, an der Front, als Kundschafter oder Verbindungsleute zu Widerstands- und Partisanengruppen, womit sie erneut Leben und Gesundheit im Kampf gegen den Faschismus einsetzten. Andere, ins britische Exil gelangte, stellten sich den westalliierten Streitkräften zur Verfügung. Insgesamt gesehen kämpften einstige Angehörige der Internationalen Brigaden auch nach 1939 in vielfältiger Weise und an vielen Fronten gegen den Faschismus.

Auch nach dem Kriege war ihr Schicksal je nach politischer und militärischer Zugehörigkeit der Heimatländer sehr unterschiedlich: In fast allen kapitalistischen Staaten blieben ihnen lange Zeit Ehrung und Anerkennung versagt, waren sie Kommunisten, sahen sie sich oftmals Verfolgung und Maßregelung ausgesetzt. Dies traf vor allem auf die Politik der BRD zu, in der wie bereits gesagt die Angehörigen der Legion „Condor“ ungeachtet der Völkerrechtswidrigkeit und Illegalität ihres Einsatzes, vor allem aber ungeachtet der begangenen Kriegsverbrechen aller Ehren für wert befunden wurden und zu einem großen Teil die Bundeswehr mitprägten sowie mit hohen Kommandostellen bedacht wurden. Interbrigadisten dagegen wurde für die Zeit ihres Kampfes für die Spanische Republik jeglicher Rentenanspruch verwehrt. Waren sie KPD-Mitglieder, widerfuhren ihnen die mit dem am 19. September 1950 erlassenen Beschäftigungsverbot im öffentlichen Dienst verbundenen Maßregelungen und Existenzgefährdungen sowie im Zuge des Parteiverbots vom 17. August 1956 Verfolgung, Verhaftung und Verurteilung. Von einer staatlichen Rehabilitierung ist bislang nichts bekannt geworden, wobei es offensichtlich schon als ein erster Erfolg gewertet werden muss, dass die Legion „Condor“ nicht mehr als Traditionsgeberin für die Bundeswehr empfohlen wird und ihre Angehörigen keine Namensgeber für Einheiten und Kasernen mehr sind. Da hat DIE LINKE ebenso eine Aufgabe wie beim Kampf um die Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer des Kalten Krieges. Selbst das heutige Königreich Spanien ist da inzwischen weiter. Ähnlich der BRD hat sich auch die Republik Österreich bislang nicht zu offizieller Anerkennung und Ehrung des Einsatzes für die Spanische Republik durchgerungen. Immerhin hat die 1971 durch Julius Mader in der DDR erfolgte Herausgabe der Autobiografie des Interbrigadisten und Widerstandskämpfers Sepp Plieseis „Partisan der Berge – Lebenskampf eines österreichischen Arbeiters“, nach der das Fernsehen auch den Film „Gefährliche Fahndung“ drehte, zu einem Neubeginn der öffentlichen Beschäftigung mit dem antifaschistischen Widerstand in der Alpenrepublik geführt und der wissenschaftlichen Forschung insbesondere zum Widerstandskampf im Salzkammergut Auftrieb gegeben. Im Jahre 2006 verwendete der Schriftsteller Franz Stefan Griebl (Franzobel) die Lebensgeschichte von Sepp Plieseis für das den antifaschistischen Widerstand in dieser Region thematisierende Theaterstück „Hirschen“. In Luxemburg wurden die Interbrigadisten 2003 auf Initiative der Abgeordneten der Lëtzebuerger Sozialistesch Arbechterpartei (Luxemburgische Sozialistische Arbeiterpartei) Mars Di Bartolomeo und Alex Bodry durch das Parlament rehabilitiert und jenes Gesetz von 1937 aufgehoben. Drei Jahre zuvor schon hatte Premierminister Jean-Claude Juncker die letzten Überlebenden mit dem nationalen Verdienstorden geehrt. Die Rehabilitierung der Schweizer Spanienkämpfer erfolgte am 1. September 2009 auf Grund einer Initiative des sozialdemokratischen Nationalrats Paul Rechsteiner und des Publizisten Ralph Hug – spät, aber immerhin. Leider konnte der Interbrigadist Hans Hutter, der wie alle seine Kameraden nach der Rückkehr in die Heimat strafrechtlich verfolgt worden war, diese Krönung seines jahrzehntelangen Kampfes nicht mehr erleben. Er, immerhin einer der ersten Angehörigen des Thälmann-Bataillons, war 2006 verstorben. Eine Ausnahme blieb Italien, wo die Kommunistische Partei einen hohen Blutzoll im Kampf gegen den Faschismus gezahlt hatte und bei großen Teilen der Bevölkerung hohes Ansehen genoss. So war der spätere Generalsekretär Luigi Longo nach dem Kriege Mitglied des Nationalkongresses, ab 1946 der die Nachkriegsordnung des Landes maßgeblich prägenden Verfassungsgebenden Versammlung und der Abgeordnetenkammer. Pietro Nenni von der Vereinigten Sozialistischen Partei (PSI) war mehrere Jahre stellvertretender Ministerpräsident sowie Außenminister der Italienischen Republik.

Demgegenüber waren in der DDR und anderen sozialistischen Ländern Ehrung und Anerkennung eine Selbstverständlichkeit. Viele einstige Interbrigadisten übernahmen hohe Staatsämter, so Heinz Hoffmann als Minister für Nationale Verteidigung der DDR, Heinrich Rau als Minister für Außenhandel, Karol Świerczewski (General Walter) als stellvertretender Verteidigungsminister Polens. Schriftsteller und Künstler wie Hans Marchwitza, Ludwig Renn, Ernst Busch, Erich Weinert, in der Tschechoslowakei Egon Erwin Kisch und in der UdSSR Ilja Ehrenburg gehörten zu den angesehensten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ihrer Länder. Bis heute hohes Ansehen genießt in der Volksrepublik China der kanadische Arzt Henry Norman Bethune, der für die spanische Volksarmee den mobilen Bluttransfusionsdienst in vorderster Front aufbaute, wodurch vielen verwundeten Interbrigadisten das Leben gerettet werden konnte. Er starb im Dienste der im Kampf gegen die japanischen Eindringlinge stehenden chinesischen Volksbefreiungsarmee, deren Sanitätswesen er ab 1938 aufbaute, 1939 an einer Blutvergiftung. Die Regierung der DDR stiftete am 17. Mai 1956 als staatliche Auszeichnung die „Hans-Beimler-Medaille“, die „an Einzelpersonen für Verdienste im nationalrevolutionären Befreiungskampf des spanischen Volkes 1936 bis 1939“ verliehen wurde, „soweit diese ihre antireaktionäre und antifaschistische Gesinnung beibehalten“ hatten. Zudem wurde die am 22. Februar 1958 gestiftete „Medaille für Kämpfer gegen den Faschismus 1933 – 1945“ auch an Personen verliehen, „die den internationalen Brigaden angehört und nach Beendigung des bewaffneten Freiheitskampfes des spanischen Volkes den antifaschistischen Widerstand fortgesetzt haben“. Mit dieser den antifaschistischen Widerstandskampf in der Breite und Vielfalt seiner Formen umfassenden Auszeichnung wurde ein wesentlich größerer Personenkreis geehrt. Auch hier gab es die Einschränkung „soweit diese nach 1945 ihre antifaschistische Gesinnung beibehalten haben und für die Stärkung der Arbeiter-und-Bauern-Macht in der DDR eintreten.“ Mit Artur Becker und Erich Weinert waren zwei Spanienkämpfer namensgebend für die höchste Auszeichnung bzw. den Kunstpreis der Freien Deutschen Jugend gewesen. Selbstverständlich wurde der Kampf der Internationalen Brigaden auch auf Briefmarken gewürdigt, erstmals in der am 5. Mai 1965 verausgabten Serie zum 20. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus, in der am 15. Juli 1966 erschienenen Serie zum 30. Jahrestag des Beginns des Spanischen Bürgerkrieges, am 11. September 1973 auf dem Block zum 20. Jahrestag der Kampfgruppen sowie auf der am 11. September 1986 verausgabten Marke zum 50. Jahrestag, auf der das von Fritz Cremer zwischen 1967 und 1968 geschaffene Ehrenmal in Berlin-Friedrichshain abgebildet wurde. Dazu kamen zahlreiche indirekte Würdigungen auf Marken, die dem Thema „antifaschistischer Widerstandskampf“ gewidmet waren. Nicht zu vergessen sind die mehrteiligen Fernsehfilme „Hans Beimler“ (1969) mit Horst Schulze und „Artur Becker“ (1971) mit Jürgen Zartmann in der Hauptrolle, die trotz mancher ideologischer Überzeichnung auch viele Probleme zwischen den unterschiedlichen politischen Lagern entstammenden Interbrigadisten deutlich machten, so im Hans-Beimler-Film jene Szene der Auseinandersetzung mit einem immer noch der falschen „Sozialfaschismus“-These anhängenden Kommunisten: „Ich lasse mir doch von einem Sozi keine Befehle erteilen!“ Diese immer wieder sehenswerten und für die Ausprägung eines der Wahrheit verpflichteten Geschichtsbildes wichtigen, vom heutigen Fernsehen freilich kaum oder auch gar nicht ausgestrahlten Filme sind als DVD der Reihe „DDR-TV-Archiv“ erhältlich.


Hans-Joachim Weise


Quellen:

1.      Autorenkollektiv (Leitung: Wolfgang Schumann und Gerhard Hass): „Deutschland im zweiten Weltkrieg“, Band 1, 2., durchgesehene Auflage, AKADEMIE-VERLAG, BERLIN 1975

2.      Bachmann, Peter und Zeisler, Kurt: „Der deutsche Militarismus“, Band 2, 1. Auflage, Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik (VEB), Berlin 1983

3.      Bartel, Frank: „Auszeichnungen der Deutschen Demokratischen Republik von den Anfängen bis zur Gegenwart“ (Aufnahmen: Jürgen Karpinski), Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1979

4.      Bergschicker, Heinz: „Deutsche Chronik 1933 – 1945“, Verlag der Nation, 1. Auflage, Berlin 1981

5.      Internet-Lexikon WIKIPEDIA

6.      LIPSIA FARBKATALOG DDR 1984, 1. Auflage, transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1984

7.      „Neues Deutschland“ vom 16./17. Juli 2011

8.      PHILEX „Deutschland 1992“, Briefmarken-Katalog, Philex-Verlag Jürgen Ehrlich, Köln

9.      von Frankenberg und Proschlitz, Egbert: „Tradition im Kreuzverhör“, 1. Auflage, Verlag der Nation, Berlin 1980