Chance zum Aufbruch?

Sahra Wagenknecht wird eine eigene Partei gründen. DIE LINKE wird jetzt von vielen totgesagt, dabei zeigt sich, dass durch die geklärten Fronten auch eine Chance besteht, sich von den bleiernen Grabenkämpfen zu befreien. Erste Zahlen auch aus

Thüringen bestätigen bereits: Erstmals seit langem treten wieder mehr Leute ein als aus. Trotzdem stellen sich Fragen.

 

 

 

1. Warum hat Sahra Wagenknecht nur einen Verein und noch keine Partei gegründet?

 

Weil ein Verein ganz anders als eine Partei agieren kann. Anders gesagt: Ein Verein kann viel leichter Leute wieder loswerden als eine Partei. Dass bei BSW auch unangenehme Leute aus Verschwörungskreisen, Rechtsextreme und schamlose Karrieristen aufschlagen werden, darüber hat  Wagenknecht sogar schon selbst geredet.

Die Partei soll, stand jetzt, erst Anfang 2024 gegründet werden und dann zur Europawahl im Juni 2024 antreten.

 

2. Was soll der Verein jetzt machen?

 

Mitglieder werben jedenfalls nicht.  Denn wie beim Fussballclub Red Bull Leipzig, kann außer den 7 auf der Pressekonferenz vorgestellten Leuten niemand Mitglied werden. Laut eigener Aussage soll der Verein „Vorarbeit leisten und Spenden sammeln“.  Die Satzung stellt klar, der Verein strebe „nicht an, an staatlichen Wahlen mit eigenen Bewerbern teilzunehmen". Er könne aber „die Tätigkeit bestehender Parteien oder die Gründung politischer Parteien unterstützen“.

 

3. Gibt es BSW in Thüringen?

 

Es gab zwar schon im Sommer Versuche, Genoss*innen aus Thüringen telefonisch abzuwerben. Nach UNZ-Informationen haben dieallermeisten (sogar bereits Ausgetretene) dem bisher aber eine klare Absage erteilt. Natürlich hatte SW auch hier viele Fans, momentan scheint es aber so, dass BSW der LINKEN in Thüringen keinen großen Schaden mehr zufügen kann.

 

4. Ist BSW sozialistisch?

 

Davon ist nicht auszugehen. Von Karl Marx hat sich Wagenknecht, die früher sogar mal in der Kommunistischen Plattform war, längt verabschiedet. In ihren Büchern feiert sie schon länger den frühen CDU-Bundeskanzler Ludwig Erhard und den Ordoliberalismus der 1950er, ein Konzept für eine marktwirtschaftliche Ordnung, in der ein durch den Staat geschaffener Ordnungsrahmen den ökonomischen Wettbewerb und die Freiheit der Bürger auf dem Markt gewährleisten soll. 

 

5. Will Sahra Wagenknecht Kanzlerin werden?

 

Das hat sie so bisher nicht verkündet. Es liegt aber nahe, dass sie als Spitzenkandidaten für Bundestagswahl 2025 antritt, zumal sie durch zwielichtige Prognosen – wie vom unseriösen Erfurter Insa-Institut mit bis zu über 20 Prozent Stimmanteilen –  von den Medien und den so genannten Meinungsforschungs-Instituten fast schon dazu gedrängt wird.  Zur Landtagswahl in Thüringen wird sie keinesfalls selbst antreten. Auch den Vorsitz der noch zu gründenden Partei will sich nicht übernehmen. Das soll Amira Mohamed Ali machen.

 


6. Mit wem könnte BSW zusammenarbeiten?

 

Auch, wenn viele Wagenknecht mittlerweile als  rechts oder „links-konservativ“ verorten, scheint eine Zusammenarbeit mit CDU und FDP eher abwegig. Und auch, wenn LINKE Gift und Galle spucken, Sozis und Grüne nicht mit Häme sparen: Die bisher bekannten wirtschafts- und steuerpolitischen Ansätze passen doch eher zu Rot-Grün als zu Schwarz-Gelb.

 

 

7. Was unterscheidet BSW von der LINKEN?

 

Anders als DIE LINKE fordert Wagenknecht eine Begrenzung der Zahl von Geflüchteten und den Import billiger fossiler Energie wie Erdgas aus Russland. Die Russland-Sanktionen wegen des Kriegs gegen die Ukraine lehnt sie ab, ebenso wie Waffenlieferungen an die Ukraine. Während DIE LINKE den Kampf gegen den Klimawandel beschleunigen will, kritisiert Wagenknecht, Wärmepumpe und E-Auto seien nur etwas für Besserverdienende. Im Gegensatz zur AfD leugnet Wagenkencht allerdings immerhin nicht grundsätzlich die Existenz des Klimwandels.

Gregor Gysi beschreibt ihre Positionen so: „Sie will mischen: Sozialpolitik wie DIE LINKE, Wirtschaftspolitik wie Ludwig Erhard und Flüchtlingspolitik wie die AfD.“  Ein konkretes Programm gibt es nicht.  Es geht aber immer um einen starken Nationalstaat und gegen Globalisierung. Spötter sagen deshalb: Wagenknecht will einen „Nationalen Sozialismus“.

 

8. Kann sich DIE LINKE ohne Wagenknecht aus der Krise befreien?

 

Derzeit stehen die Chancen dafür ziemlich günstig. „Jetzt herrscht Klarheit - das ist notwendig für die Genossinnen und Genossen unserer Partei. Dass Sahra Wagenknecht und neun weitere bisherige Mitglieder der Partei und Linksfraktion nun die stärkste Partei für soziale Gerechtigkeit und die Interessen Ostdeutschlands verlassen, ist ihre Entscheidung. Wir haben auf vielen Ebenen lange versucht, einen gemeinsamen Weg zu finden“, so die einhellige Meinung der Thüringer Landesvorsitzenden Ulrike Grosse-Röthig. Die Gute Nachricht: Seit der Entscheidung verzeichnet auch DIE LINKE. Thüringen einen ungewöhnlichen Zuwachs an Mitgliedern. Die Zahl der Eintritte übersteigt erkennbar die nach dem Parteiaustritt einiger Bundestagsabgeordnetern erwarteten Austritte. Ulrike Grosse-Röthig: Seit einer Woche treten vor allem junge und engagierte Menschen in DIE LINKE ein.

Wir sind ganz offenbar ein guter Ort, um gemeinsam für mehr soziale Gerechtigkeit, effektive Klimapolitik und gute Bildung zu sorgen. DIE LINKE ist weiterhin die starke Stimme für die Interessen der Menschen in Ostdeutschland, für eine friedliche Außenpolitik und gegen den Rechtsruck. Hier in Thüringen kümmern wir uns vor Ort jeden Tag gemeinsam darum, dass das Leben im Freistaat für alle besser wird. Dafür brauchen wir das Wissen und das Engagement all‘ unserer Mitglieder. Einige sind nun gegangen, doch viele kommen!“