Transparenz und Nachhaltigkeit statt gewissenloser Zockerei

Die EthikBank in Eisenberg geht bereits seit 2002 einen anderen Weg als die große Mehrheit der Banken – seit Jahren anhaltender Erfolg bestätigt ihre Philosophie


Krisenverursacher BankenDer blutige Siegeszug des Kapitalismus, der sich ab dem 13. Jahrhundert über die italienischen Adelsrepubliken ausbreitete, wäre ohne ein wesentliches Element niemals möglich gewesen – das der institutionell organisierten Geldwirtschaft durch immer größer und mächtiger werdende Banken. Nicht selten waren und sind sie es, die direkt oder indirekt durch Spekulation Krisen auslösen. Das Tulpenfieber von 1637, die Südseeblase von 1720, der Börsenkrach von 1929 oder aus der jüngeren Vergangenheit, die geplatzte Hypothekenblase von 2008, sind nur die krassesten Beispiele, wie massive Wirtschaftskrisen durch gewissenlose Zockerei von Banken versucht wurden. Das Resultat war und ist immer das gleiche: Umverteilung von unten nach oben, galoppierende Armut und im schlimmsten Fall Krieg.


Gegenmodell EthikBank  


Doch nicht jede Bank will heute im globalen Spiel des skrupellosen Turbokapitalismus mitzocken. Dass eine Bank anders sein kann, zeigt die Ethikbank mit Sitz im thüringischen Eisenberg. „Der Vorstandvorsitzende Klaus Euler und ich haben in den neunziger Jahren die Missstände in unsere Branche gesehen und gesagt – das geht auch anders. Welche Marktchancen wir haben würden, wussten wir damals auch nicht. Aber die Investitionskosten waren mit 250.000  gering, so dass für die Volksbank als Mutter kein Risiko bestand“, erinnert sich Vorstandsmitglied Sylke Schröder. So wurde die EthikBank Eisenberg e. G. als Zweigstelle der Volksbank bereits im Jahr 2002 gegründet, als der Wahn von gänzlich deregulierten Finanzmärkten in der Köpfen von liberalen, konservativen und selbst sozialdemokratischen Politkern alle anderen Vorstellungen von alternativen Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen überlagerte. Schon seit 1995 gab es bei der Volksbank Eisenberg eine Direktbank, die auch heute noch besteht, bei der bereits dereinst verschiedene Förder- und Spendenkonten existierten und ein Teil der Zinsen zu Gunsten sozial-ökologischer Projekte gespendet werden konnte. Der Sitz der Bank im doch eher provinziellen Eisenberg ist dabei kein Hindernis, denn bei modernen Direktbanken werden die Geschäfte in der Regel per Telefon und Internet erledigt. Dementsprechend viele Kunden stammen aus dem liberalen Bürgertum vor allem westdeutscher Großstädte. Sylke Schröder gibt allerdings zu, dass sich viele in den neunziger Jahren noch gegen die Förder- und für eine reine Renditevariante entschieden haben. „Auch heute entscheiden sich nur die wenigsten für eine Fördervariante. Das sind ca. fünf Prozent unserer Kunden. Die Idealisten sind eben dünn gesät“, erklärt Sylke Schröder.Ein weit verbreitetes Fehlurteil ist, dass man bei Banken, die ethische Kriterien anlegen, auf Rendite verzichten muss. „Wir haben durchaus markfähige Konditionen, auch wenn wir nicht der billige Jakob sind, der die einschlägigen Zinsvergleichslisten anführt. Unsere Preise sind marktgerecht und fair, auch weil wir auf Quersubventionierung verzichten“. Das Ganze ist auch immer eine Frage der Transparenz und der Ehrlichkeit, Werte, die mit dem Bankensektor fast schon unvereinbar erscheinen. Bei der EthikBank ist das anders. Ein Beispiel: Die meisten Banken bieten heutzutage kostenlose Girokonten an, was mit einigem finanziellen Aufwand verbunden ist. Diese Kosten werden an anderer Stelle wieder draufgeschlagen. Bei der EthikBank geht man einen anderen Weg und setzt einen Preis von fünf Euro im Monat für das Girokonto fest, bis 24 Jahre für zwei Euro.  Nach der EthikBankphilosophie soll es ein Preis sein, der gerecht, fair und angemessen ist, ohne dass die Mitarbeiter unverschämt hohe oder niedrige Gehälter bekommen. Im Gegensatz zu anderen Direktbanken, ist die Eröffnung eines Girokontos keine Vorraussetzung, um andere Angebote der Bank wahrzunehmen. Speziell für Neukunden gibt es auf das Tagesgeldkonto, (maximale Einlage 5.000 Euro) begrenzt auf sechs Monate immerhin 1,75 Prozent Zinsen und damit nur unerheblich weniger als bei anderen Direktbanken, wie Postbank oder ING-DiBa, die weiter weniger Transparenz und schon gar nicht über die ethischen Aus-schlusskriterien bei der Geldanlage verfügen. 


Grundprinzip Nachhaltigkeit 


Bei der EthikBank geht es ums Prinzip und das heißt nicht Gewinnmaximierung egal wie, sondern Nachhaltigkeit. Wie bei jeder Bank wird auch hier mit dem Geld der Kunden auf den internationalen Kapitalmärkten gearbeitet. Absolutes Tabu sind dabei Geschäfte mit Firmen im Bereich Atomkraft oder Waffenhandel. Gleiches gilt für Unternehmen, die ozonzerstörende Chemikalien produzieren, Kinderarbeit zulassen oder Pflanzen und Saatgut gentechnisch verändern. Außerdem werden keine Staatsanleihen von Ländern gekauft, die Menschenrechte verletzen. Ausgeschlossen sind ebenfalls Geschäfte mit radikalen Parteien und Vereinigungen. Die Linkspartei zählt übrigens nicht dazu. Neben diesen Negativkriterien, die zwar die Anlagemöglichkeiten einschränken, aber Transparenz und Vertrauen schaffen, gibt es zudem Positivkriterien. Konkret heißt das: die Unternehmen müssen sich auch überdurchschnittlich in Bereichen wie Umwelt, Soziales, Bildung oder Menschenrechte engagieren. Natürlich gibt es hier auch umstrittene Konzerne, wie beispielsweise BMW. In besonders strittigen Fällen kann es hier auch zu Online-Abstimmungen kommen, ob in eine Firma investiert werden soll. „Früher hat die Konzerne so etwas nicht interessiert und wir sind wie alle Akteure in diesem Bereich nur belächelt worden. Heute reagiert fast jeder Konzern, wenn wir ihn auf die Negativliste setzen“, freut sich Sylke Schröder. Letztlich ist es diese Form der „Gläsernen Bank“, die gerade in Krisenzeiten für die zahlreichen Neukunden gesorgt hat. Die Geschäfte liefen so gut, dass 2009 erstmals sogar eine Anzeigenkampagne gestartet wurde. Mit kecken Slogans wie „HypoReal-itätsverlust“ oder „500.000.000.000 – die neue Bank-Leid-Zahl“ wurden die Exzesse auf den Finanzmärkten karikierte.


Kredite, Geschäftskunden und Bürokratie


Nicht nur bei der Geldanlage, auch im Kreditgeschäft gelten andere Richtlinien. So gibt es den Ökokredit zu einem Zinssatz von 3,85 Prozent, vorausgesetzt der ökologische oder soziale Nutzen kann einhundertprozentig nachgewiesen werden. Wer sein Haus mit einer Solaranlage, Wärmedämmung oder anderen energetischen Verbesserungen ausstatten will, wird das keine Probleme bereiten. Die EthikBank garantiert zudem, dass der Kredit bei ihr bleibt und der Kunde nicht plötzlich bei einer anderen Bank landet, wie es im Zuge der Krise vielfach zu hören und zu lesen war.   Auch für Geschäftskunden hat man spezielle Angebote, beispielsweise eine Fördervariante mit 0,25 Prozent Bonuszinsen auf das Tagesgeld. Sie richten sich vor allem an zertifizierte Unternehmen der Ökö-Branche. Außerdem gibt es Förderkriterien für NGOs, die Ziele wie die EthikBank verfolgen.   Bei aller positiver Entwicklung die die EthikBank Eisenberg gerade in Zeiten von Finanzkrisen und Kreditklemmen nehmen konnte, bleibt auch sie von Problemen nicht verschont. So paradox es klingt, es sind gerade die neuen Gesetzte, die im Zuge der Krise erlassen wurden, um den Bankensektor zu regulieren, die der EthikBank zu schaffen machen. „Was da an Bürokratie auf uns zugekommen ist, können wir kaum noch bewältigen“, kritisiert Sylke Schröder. Ein Mitarbeiter muss sich nun fast ganztägig nur um diese Aufgabe kümmern. Die neuen Gesetzte sind für die Großbanken ausgelegt, für die EthikBank findet Sylke Schröder das einfach nur „perfide“. Insofern ist auch die EthikBank ein Opfer der Krise, wenn auch in ganz anderer Form.   


Manch einer mag sich fragen, ob die Menschheit langfristige nicht von Banken, ja vom Geld Abschied nehmen muss, weil nur so endgültig und unwiederbringlich der Wandel weg von Kapitalismus und Nationalstaaten vollzogen werden kann. Vermutlich stimmt das sogar. Aber bis es soweit ist, bietet die EthikBank Eisenberg e. G. ein äußerst interessantes Modell, dass sich sowohl in der Eigentumsform als auch in Geschäftsphilosophie und Geschäftspraxis erfrischend deutlich von den üblichen privaten Geschäftsbanken abhebt. Das funktioniert letztlich aber nur, wenn der mündige, aufgeklärte Bürger, sich seiner Macht als Konsument bewusst wird und ethisch-ökologische Grundsätze und Nachhaltigkeitskriterien auch vor sein eigenes Handeln stellt.                                

Thomas Holzmann