Russland und der Westen – endlich wieder Krieg?
Ganz schön gewagt, mit einem solchen Programmtitel an die Öffentlichkeit zu gehen. Die junge Mannschaft der Interessengemeinschaft „Linke Einheit in Vielfalt“ (LEiV) hatte den Mut dieses brisante Thema aufs Podium zu bringen. Der Zuspruch zu dieser ersten Veranstaltungsrunde in der Campuscafeteria „Hörsaal 7“ der Erfurter Universität war beachtlich
Von Uwe Pohlitz
Ganz schön gewagt, mit einem solchen Programmtitel an die Öffentlichkeit zu gehen. Die junge Mannschaft der Interessengemeinschaft „Linke Einheit in Vielfalt“ (LEiV) hatte den Mut dieses brisante Thema aufs Podium zu bringen. Der Zuspruch zu dieser ersten Veranstaltungsrunde in der Campuscafeteria „Hörsaal 7“ der Erfurter Universität war beachtlich. Viele, vor allem junge Leute schienen am Thema brennend interessiert. Medienstimmen lassen zu oft nur ein unvollständiges Russlandbild zu und nehmen einseitige Positionen ein.
Deshalb wurde Günther Guttsche und Dr. Reinhard Duddek von der Deutsch-Russischen-Freundschaftsgesellschaft sowie Prof. Dr. Frank Ettrich von der Uni Erfurt als Diskussionspartner eingeladen. Günther Guttsche war erst vor kurzer Zeit in Russland, um vor Ort vielseitige Kontakte aufzunehmen und sich zu informieren.
Wer fühlt sich von wem bedroht?
Dr. Duddek kam erst vor wenigen Tagen aus Kiew, seinem ehemaligen Studienort nach Erfurt zurück und war noch vol-ler frischer Eindrücke. Prof. Dr. Ettrich gilt als ausgezeichneter Kenner der Ostpolitik. Die Gesprächrunde wurde durch Katalin Hahn gekonnt und ohne Scheu geführt. Bei aller Kritik an offensichtlich fehlenden bürgerlichen Demokratievorstellungen ist es wichtig, zivilgesellschaftliche Kontakte zu entwickeln und dann auch zu pflegen.Zu oft wird heruntergespielt, dass an der russischen Grenze NATO-Truppen stationiert wurden. Wer fühlt sich da von wem bedroht?
Hass auf alles Russische wächst in Osteuropa
Bei meiner letzten Reise entlang Polens Grenzen zu Weißrussland und dem Baltikum in die Masuren fiel der ungewöhnliche Haß auf alles Russische auf. Die Menschen verbreiteten keine Friedfertigkeit. Diese Stimmung wird durch die gegenwärtige Regierung noch angeheizt. Einer solchen Entwicklung gilt es entschieden entgegen zu treten. Die Freundschaftsgesellschaft sieht es als Aufgabe, den Dialog und auch freundschaftliche Beziehungen zu fördern und mit ihren Möglichkeiten zu unterstützen. Embargo und kalter Krieg können letztendlich auch zu bewaffneten Auseinandersetzungen führen. Kann es sich die Menschheit leisten, mit dem gefährlichsten Feuer zu spielen?
„Putinversteher“ wurde zum Schimpfwort
Das Wort „Putinversteher“ wurde zum Schimpfwort und dient der Ausgrenzung von Personen, welche realpolitische und friedfertige Konfliktlösungen anstreben. Manchmal gewinnt man auch den Eindruck, dass damit Menschen auch diffamiert werden. Es ist immer besser, sein Unbehagen über Handlungen einer Regierung in freundschaftlicher Form zum Ausdruck zu bringen. Es ist aber auch notwendig, sich genauer über die reale Situation, die Gedanken und Gefühle des Nachbarn zu informieren.
"Wir hegen weder Groll noch Hass"
Ein junger amerikanischer Student zeigte sich erstaunt über die freundliche Haltung vieler Ostdeutscher zu den Russen. Er erhielt eine Antwort: „Mit ihnen haben wir über Jahrzehnte zusammen und weniger zusammen gelebt. Wir hegen weder Groll noch Hass. Die UdSSR war für viele Reiseziel, Studien,- und Arbeitsort. Es entstanden erwüscht oder manchmal unerwünscht persönliche Kontakte. Wir sind mit den Völkern der ehemaligen UdSSR sozialisiert.“ Ähnliche Sozialisierungen erfolgten im Westen auch mit den Amerikanern.
Aktiv Beiträge zur Entspannung zu leisten
Dr. Reinhard Duddek konnte von seinen taufrischen Erlebnissen in der Ukraine berichten. Auch dort wächst der Hass gegen alles, was russisch erscheint. Die Besinnung an ukrainische Traditionen der Nazikollaboration haben groteske und gefährliche Züge bekommen.Wir erfahren kaum etwas über den Umgang mit den russischen Bürgern in der Ukraine.Die ukrainische Führung strebt einen Anschluss an die EU und die NATO an. Wen verwundert es, dass in Russland Befürchtungen wachsen. Es besteht eine hoch explosive Situation. Wir sollten alles tun, auch in der kleinen Form, durch freundschaftliche Gespräche und Begegnungen aktiv Beiträge zur Entspannung zu leisten. Das war das wesentliche Fazit eines gelungenen, spannenden Abends.