Leider kein Jubiläum zum Feiern: Die Saalburger „Fürstenhöhe“ wird 80

Wer aus Richtung Schleiz nach Saalburg fährt, dem fällt eindrucksvolles Gebäude auf: das Hotel „Fürstenhöhe“. Wer davor steht, dem erscheint die Bauweise als sachlich und nüchtern, doch irgendwie gediegen und zeitlos formschön. Dabei ist das Bauwerk schon bald 80 Jahre alt

Wer aus Richtung Schleiz nach Saalburg fährt und seinen Blick einmal nicht nach rechts auf die weite Wasserfläche des Stausees, sondern nach links zum Kulmberg wendet, dem fällt dort ein weithin sichtbares und eindrucksvolles Gebäude auf: das Hotel „Fürstenhöhe“. Am Nordhang des Kulmberges gelegen, harmoniert es trefflich mit der herben Schönheit der Landschaft. Wer davor steht, dem erscheint die Bauweise als durchaus sachlich und nüchtern, doch irgendwie gediegen und zeitlos formschön. Dabei ist das Bauwerk schon bald 80 Jahre alt: Der Bauantrag wurde in der 8. öffentlichen Stadtratssitzung in Saalburg im August 1933 behandelt. Seine Genehmigung erfolgte zwar unter Vorbehalt hinsichtlich der vier Punkte Zufahrtswege, Wasserversorgung, Kanalisation und Licht, jedoch ausdrücklich nach dem Grundsatz, dass eine Ablehnung unter keinen Umständen möglich und die Erteilung der Schankkonzession dann Angelegenheit des Kreisrates sei. Warum das geschah, wird sich einige Zeilen später noch zeigen. Die Vorarbeiten begannen im Jahre 1934. Bereits im April 1935 konnte das Richtfest gefeiert werden und für die Woche nach Pfingsten war die Eröffnung vorgesehen. Es ging also alles relativ schnell vonstatten.

Doch ein Wunder dürfte das wohl nicht gewesen sein, schließlich trug der Bauherr und Eigentümer den Namen Mutschmann. Da wird der geschichtlich etwas Kundige stutzig, denn Sachsen ist so weit nicht vom Schleizer Oberland: Handelte es sich etwa gar um Sachsens Nazi-Gauleiter Martin Mutschmann in höchsteigener Person? Die Antwort lautet zwar eindeutig „Nein“, doch so eindeutig ist sie wiederum auch nicht, denn - der Bauherr hieß zwar Hugo Mutschmann und war Konditormeister in Plauen, doch, wie jener eindrucksvolle Bau bei Saalburg zeigt, durchaus vermögend und geschäftstüchtig. Überdies, und das war zweifellos die Hauptsache in jenem Falle, war er der ältere Bruder des im nahen Hirschberg geborenen Nazi-Gauleiters Martin Mutschmann. Der zum höchsten „Amtswalter“ der NSDAP in Sachsen aufgestiegene Textilfabrikant hatte folglich sehr wohl seine Hand im Spiele und man darf durchaus sagen, dass ein Gauleiter dem anderen kein Auge aushackte. So dürfte Martin Mutschmann das Vorhaben seines Bruders bei seinem thüringischen Amtskollegen Pg. Fritz Sauckel selbstverständlich tatkräftig gefördert haben.

Jedenfalls erstrahlte bereits zu Pfingsten 1935 erstmals die weithin sichtbare Leuchtreklame des Hotels „Fürstenhöhe“. Am Nachmittag fand die offizielle Eröffnung von Hotel und Gaststätte statt. Die gärtnerischen Anlagen waren freilich noch nicht fertig, doch gefeiert wurde trotzdem. Gelobt wurden vor allem der wunderschöne Ausblick vom neuen Hotel nach Saalburg, zum Stausee, in Richtung Pöritzsch und in die herrliche Umgebung überhaupt.

Schon das Erdgeschoss bot mit seinem 20 m langen und 6 m breiten Gastraum einen wundervollen Ausblick nach Saalburg und auf den Stausee. Die Innenausstattung wurde allgemein als schön und geschmackvoll gerühmt. So harmonierten die mit poliertem Holz und Stoff verkleideten Wände gut mit der Stuckdecke. Die großen, breiten Fenster besaßen Fensterbänke aus Saalburger Marmor (Buntrosa). Zum damals selbstverständlichen „Zimmerschmuck“ gehörten Gemälde von Hitler und Hindenburg. Küche und Büfettraum sorgten für das leibliche Wohl der Gäste. Für die Hausgäste gab es eigens zwei Frühstückszimmer mit mahagonigetäfelten Wänden und einem Kamin aus Saalburger Marmor. Im Keller wurde eine „altdeutsche Trinkstube“ mit „bunten Fenstern“ eingerichtet, deren Wandverkleidung aus „deutscher Fichte“ bestand. In den mit Stilmöbeln ausgestatteten Fremdenzimmern im 1. und 2. Stock war fließendes Wasser selbstverständlich. Überdies erhielten die auf der Seeseite gelegenen Zimmer im 1. Stock blumengeschmückte Balkons.

Bereits wenig später wurde die „Fürstenhöhe“ wegen ihrer schönen Lage und natürlich auf Grund der familiären Beziehungen zu einem Treffpunkt von Naziprominenz. So vergnügte sich dort im Juni 1935 der Bruder des Besitzers, der sächsische Gauleiter Martin Mutschmann, in illustrer Runde zusammen mit dem Wirtschaftsminister Lenk, dem Plauener Oberbürgermeister Wörner und dem dortigen Polizeidirektor Franz, dem IHK-Präsidenten Lesch, dem Sturmhauptführer Heinicke und dem Auerbacher Bürgermeister Ziegler. Natürlich beschränkte sich die Nutzung des großzügig angelegten Hotels zu Vergnügungszwecken keineswegs auf die Nazi-Prominenz des benachbarten „Gaues Sachsen“. Auch führende Thüringer Nazis kamen gern hierher. Am Freitag, dem 23. August 1935, hielt sich Ministerpräsident Willy Marschler mit seinem Stab in der „Fürstenhöhe“ auf.

Der Besitz der Familie Mutschmann fiel unter die laut Volksentscheid zu enteignenden Vermögen der Nazi- und Kriegsverbrecher. Bis 1989 war das Gebäude Gästehaus der SED-Bezirksleitung Gera. Mit der darauffolgenden Privatisierung stand es der Öffentlichkeit, jedenfalls der mit dem entsprechenden Kleingeld, unter dem alten Namen als Hotel und Gaststätte in der herrlichen Stausee-Landschaft wieder offen. Lange sollte dieser Zustand allerdings nicht währen: Am 23. Oktober 2011 wurde Saalburgs touristisches und gastronomisches Kleinod „bis auf Weiteres“ geschlossen und steht seither zum Verkauf.

 

H.-J. Weise