Heuchelei um den Uranbergbau und dessen Folgen

Der Uranbergbau hat die wie die gesamte Atomwirtschaft, egal ob Ost oder West gigantische Umweltschäden hinterlassen. So auch im Raum Gera-Ronneburg. Das der Ursprung des atomaren Wettrüsten in den Atombombenabwürfen auf Japan liegt, wird aber gerne verschwiegen.

Die bürgerliche Presse wird nicht müde, der DDR die alleinige Verantwortung für die mit dem durch die SDAG Wismut betriebenen Uranabbau im Raum Gera-Ronneburg und im Erzgebirge einhergegangene Zerstörung und Belastung der Umwelt sowie strahlungsbedingte Folgekrankheiten bei vielen Beschäftigten anzulasten. Zerstörung von Landschaft und Schädigung menschlicher Gesundheit zu beklagen ist das eine, die Frage, ob das Ausmaß ohne die Bomben auf Hiroshima und Nagasaki, ohne jene Politik des „atomaren Knüppels“ nicht geringer gewesen wäre, das andere, worauf freilich überhaupt nicht eingegangen wird. In diesem Zusammenhang ist zudem die Tatsache dem Vergessen preisgegeben worden, dass auch die BRD einmal nach der Verfügungsgewalt über Kernwaffen gestrebt hat. Es war bekanntlich ihr damaliger Verteidigungsminister Franz Josef Strauß, der nur noch den „Fall Rot“ kannte. Es waren die USA und ihre NATO-Verbündeten, die es brüsk abgelehnt hatten, sich der Verpflichtung der UdSSR anzuschließen, in einem möglichen Konfliktfall nicht als erste Kernwaffen einzusetzen. Völlig zu Recht sprach kürzlich Klaus Töpfer, bis 2006 Exekutivdirektor des UN-Umweltprogramms, von einer globalen Herausforderung, zumal die Urangewinnung für andere Atommächte wie USA, Großbritannien, Frankreich oder China keineswegs ohne gewaltige Umweltschäden erfolgte und noch erfolgt. Nicht weniger wichtig ist sein Verweis auf die Gleichrangigkeit von Sanierung der Umwelt und Schaffung neuer Arbeitsplätze. Davon aber kann nun überhaupt keine Rede sein – nicht nur bei der Wismut, sondern auch in Gera selbst wurden mittels massierter Betriebsschließungen viel mehr Arbeitsplätze vernichtet als mit Neugründungen, vor allem von Kleinunternehmen, geschaffen. Das Ergebnis sehe ich bei meinen häufigen Besuchen in Gera, das allenfalls noch eine zweit- oder gar nur drittrangige Provinzstadt geworden ist: Der Verlust des Status als Bezirkshauptstadt ist dabei noch das kleinere Übel, viel schlimmer ist, dass immer mehr Einwohner gezwungen sind, dorthin zu gehen, wo es noch existenzsichernde Arbeitsplätze gibt. Man schaue sich die leerstehenden Wohnblöcke in Alt-Bieblach, wo einst vor allem für die Beschäftigten der Wismut gebaut worden war, in Bieblach Ost, in Lusan und auch in Zentrumsnähe an. Die aus diesem Grunde betriebene Vernichtung von Wohnraum wird natürlich ebenso wenig angeprangert wie die von Arbeitsplätzen in Größenordnungen. Beschönigend sprechen Politik und Propaganda von „Stadtumbau“ und „Umstrukturierung“. Man schaue sich den einst so belebten Hauptbahnhof an und findet nur noch gähnende Leere. Vom Fernverkehr ist die Stadt längst abgekoppelt worden und vom einst so regen Güterverkehr ist kaum noch etwas zu merken. Schnell- und Eilzüge sind längst Geschichte, vom Städte-Express „Elstertal“ gar nicht zu reden. Dafür ist die Autobahn trotz sechsspurigen Ausbaus häufig überlastet, nicht nur durch wegen der Arbeit zu Pendlern Gewordene, sondern vor allem durch Lastzüge, weil heutzutage selbst Brot über hunderte von Kilometern herangekarrt wird. Die von Klaus Töpfer geforderte Energieeffizienz wird ohne eine auf regionale Kreisläufe und den Schienenverkehr orientierte Wirtschafts- und Verkehrspolitik mit Sicherheit nicht erreicht werden. Im übrigen ist es kein guter Stil, wenn wie in „ Freies Wort “ Suhl am 24. Juni zur SDAG Wismut beispielsweise geschrieben wurde „Das Unternehmen hielt sich einen Erstliga-Fußballverein ...“, denn das klingt so, wie wenn sich jemand einen Hund hält. Zudem ging es in der DDR ohne Vereine und spezielles Vereinsrecht. Es gab Sport-Mannschaften und -Klubs, deren Träger wie eben auch die Wismut Betriebe und Einrichtungen waren. Da stand jede Mannschaft auf einer gesicherten finanziellen Grundlage und war nicht wie im kapitalistischen Sportgeschäft auf das Betteln um Sponsorengelder angewiesen. Und da die Überschrift jenes Artikels lautete „Forscher: Ostdeutsches Uran ließ eine Weltmacht aufsteigen“, kann man nur sagen: Eine Großmacht sollte sich nicht durch ein Streben nach Massenvernichtungswaffen, sondern durch eine aktive Friedens- und Sozialpolitik auszeichnen.

Foto und Text: Hans-Joachim Weise