Ernst Jende – Erinnerung an einen großen Antifaschisten

Ernst Jende wäre im September 100 Jahre alt geworden. Die Nazis sperrten ihn schon 1933 ein. Doch Jende überlebte und half in der DDR mit, den Sozialismus aufzubauen, ob als Bürgermeister oder als Redakteur.

Als erstes Kind einer achtköpfigen Arbeiterfamilie kam Ernst Jende am 14. September in Glogau, im heutigen Polen zur Welt. Er besuchte dort von 1917 bis 1925 die Volksschule und erlernte von 1925 bis 1929 den Beruf eines Dekorationsmalers. Noch in der Lehrzeit trat er 1926 der Gewerkschaft bei und wurde zum Vorsitzenden der Jugendgruppe gewählt. Seit 1929 Mitglied der KPD, betraute man ihn schon 1931 mit der Leitung des Unterbezirkes Glogau und wählte ihn in die Bezirksleitung Schlesien des Kommunistischen Jugendverbandes.

Natürlich gehörte er nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 zu den ersten Kommunisten, die der Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt und zu vier Jahren Untersuchungs- und Schutzhaft, davon drei Jahren Einzelhaft verurteilt wurden. Schon das Ende seiner Haftzeit im Gefängnis Schweidnitz vor Augen, erklärte man ihm, dass man so einen Unverbesserlichen wie ihn nicht in die Freiheit entlassen könne. Nach einem kurzen „Umerziehungsaufenthalt“ im KZ Lichtenburg gehörte er zu den ersten Kommandos, die 1937 das neue Konzentrationslager Buchenwald auf dem Ettersberg errichten mussten. Gekennzeichnet durch den roten Winkel mit der Aufschrift „ Jende – 457“ war er in der Hölle angekommen. Um halb vier Uhr morgens begann nach einer kurzen Nacht auf dem Betonfußboden einer mit 600 Häftlingen überbelegten Baracke jeder furchtbare 14-, 16- und mehr Stundenarbeitstag. Lediglich Sonntags wurde „nur“ bis 13:00 Uhr geschuftet. Von Anfang an versuchten sich die Politischen zu organisieren und durch Solidarität untereinander die Lage für den Einzelnen etwas zu erleichtern. So konnte Ernst aus dem berüchtigten Transportkommando „Die Singenden Pferde“, kurz bevor ihn die Kräfte verließen, in dem Malerkommando untergebracht werden. Seine jetzt mögliche größere Bewegungsfreiheit im Lager nutzte er und seine Genossen zur Mitarbeit in einer der Gruppen der illegalen Parteiorganisation. Die illegale Arbeit bestand in erster Linie darin, Informationen über die Vorkommnisse im Lager, besonders über das Vorgehen der SS, über die Entwicklung in Deutschland, Europa und der Welt zu beschaffen, darüber zu diskutieren und Mut zu geben, Möglichkeiten zu beraten, die mörderischen Absichten der SS zu entschärfen und besonders gefährdete Häftlinge zu schützen; aber auch durch langsamere und fehlerhafte Arbeit zu sabotieren. Als die 3. Amerikanische Armee nicht mehr weit vom Konzentrationslager  Buchenwald entfernt war, wagten die Häftlinge am 11. April 1945 den Aufstand. Auch die Widerstandsgruppe um Ernst Jende trug zur Selbstbefreiung des Lagers bei. Diese 12 Jahre und der feierliche Schwur von Buchenwald sollten für sein weiteres Leben bestimmend sein.

Überall, wo er gebraucht wurde, war er aktiv für seinen sozialistischen Arbeiter- und Bauerstaat;  vier Monate Bürgermeister in Glogau, Aufbau der Antifajugend in Görlitz, Studium an der Karl-Marx-Hochschule, Chefkorrespondent beim Sender Leipzig, Leiter des Nachrichtenamtes der Thüringischen Landesregierung, Chefredakteur des „Freien Wortes“ in Suhl, Sektorenleiter für Agitation und Propaganda bei der SED- Bezirksleitung Dresden. Schon 58-jährig, erwarb er in einem einjährigen Fernstudium für Pädagogik und Psychologie an der Karl-Marx-Universität Leipzig die Berechtigung für die Lehrtätigkeit an der Weimarer Verwaltungsschule, wo er bis zu seinem Renteneintritt 1978 tätig blieb. Am 18. Mai 1987 wurde er zum Vorsitzenden des Bezirkskomitees Erfurt der Antifaschistischen Widerstandskämpfer gewählt, das er bis 1990 leitete. Im  Oktober 1990 gründete er gemeinsam mit Kameraden aus Erfurt, Gera und Suhl den Interessenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener in Thüringen. Dessen Vorsitzender war Ernst Jende bis zur Vereinigung des Interessenverbandes mit dem Bund der Antifaschisten auf der 5. Landesdelegiertenkonferenz am 22. Oktober 1998. Auf eigenem Wunsch trat er von der Leitungsfunktion zurück und war anschließend Ehrenvorsitzender des TVVdN/BdA bis zu seinem Tode am 22. Juli 2001. 

Ehre seinem Andenken!


J. Metze