DT 64: Ein Sender für junge Leute

Die Beatles mit ihrem „Yeah Yeah Yeah oder wie das so alles heißt“ waren in der DDR beim politischen Establishment ähnlich unbeliebt wie auch im Westen. Doch auf beiden Seiten des Eisernen Vorhanges wollte die Jugend ihre Musik hören, auch in der DDR.

Am 8. Februar war es 55 Jahre her, als in der Berliner Nalepastraße ein neues Funkhaus eröffnet wurde. In diesem Gebäude entstand auch das Jugendradio DT 64. An eigenständigen Sendungen für die Jugend wurde schon länger experimentiert. Den führenden Funktionären war zumindest bekannt, dass sich der größte Teil der Jugend an westlichen Sendern orientierte. Der Musikgeschmack konnte trotz vieler Fehlversuche nicht per Beschlüsse verändert werden.

Irgendwie gelang es einigen klugen Leuten beim Zentralrat der FDJ durch Überzeugungsarbeit die alten Herren im Politbüro die Zustimmung zur Gründung eines eigenen Jugendsenders abzuringen. Am 7. März 1986, dem 40. Jahrestag der FDJ ging Jugendradio DT 64 auf Sendung. Bei DT 64 waren nun alle internationalen Hits zu hören. Es gab eine spezielle Sendung zum Mitschneiden kompletter LPs. Die Discjockeys konnten endlich legale Mitschnitte nutzen und machten regen Gebrauch. 1987 wurde die Sendezeit auf 20 Stunden erweitert. Ab vier Uhr in der Frühe gab es bereits den „Morgenrock“. Aber auch die Entwicklung der Ostrockmusikszene konnte sich auf DT64 verlassen. Schallplattenaufnahmen waren aus vielen ökonomischen und technischen Gründen erschwert. Vorrang hatten Schlager und Volksmusik für den Geschmack der älteren Bürger. In den Werkstattwochen der Jugendtanzmusik hatten junge Bands die Möglichkeit im rollenden Studio von DT 64 Funkaufnahmen zu produzieren. Auch bei der Ausrichtung des „Festivals des Politischen Liedes,“ oder den Werkstattwochen der Singeklubs leistete der Sender große künstlerische und technische Hilfe. Die Redakteurin und Moderatorin Marianne Oppelt und der Sprecher Lutz Bertram erreichten Kultstatus. Das gesprochene Wort wurde natürlich kontrolliert und unterlag den gegebenen politischen Regeln.

1989, dem Jahr der großen politischen Veränderungen, kam es auch zu neuen journalistischen Möglichkeiten bei DT 64. Die Mannschaft von DT 64 nutzte die Möglichkeiten der wirklichen Pressefreiheit gründlich und wurde stündlich attraktiver. Nach der „Wende 1989“ und der anschließenden Annexion der Eastside durch die Westside,, begann ein beispielloser Kampf von „Jugendradio DT 64“ zum Überleben in der Medienlandschaft der Bundesrepublik.

DT 64 musste schließlich seinen Namen ablegen und wurde in Sachsen-Anhalt als „ MDR-SPUTNIK“ neu kreiert. Ähnlich erging es dem Jugendfernsehen der DDR. In der Wendezeit ging „ELF 99“ auf Sendung und wurde besonders im Osten ein beliebtes Sendeformat. Seine Enthüllungen und frechen Nachfragen hatte es in der bisherigen Fernsehlandschaft noch nicht gegeben. Der Sprung in die Marktwirtschaft gelang nicht. Zunächst von den „Privaten“, zuerst RTL dann von VOX übernommen, versank das zeitkritische Jugendfernsehen gewollt in der Versenkung. Heute können wir nur noch hoffen, dass die wenigen offenen Kanäle des Rundfunks erhalten bleiben. Nur diese sind noch Garanten einer Meinungsvielfalt und der Objektivität.                                  

Uwe Pohlitz