Dr. Steffen Kachels „Rot-roter Sonderweg“ jetzt bei Böhlau erschienen

„Ein rot-roter Sonderweg? Sozialdemokraten und Kommunisten in Thüringen 1919 bis 1949“, so der Titel der jetzt im renommierten Wissenschaftsverlag Böhlau herausgekommenen Forschungsarbeit von Steffen Kachel (Foto: Reiner von Zglinicki). Bei der öffentlichen Präsentation seines Buches im Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar sagte Falk Burkhardt, dass es sich hier „nur scheinbar um abgeschlossenes historisches Thema handelt“. Der Geschäftsführer der Historischen Kommission für Thüringen, in dessen Kleiner Reihe der Veröffentlichungen der Band erschienen war und die ebenso wie die Rosa-Luxemburg-Stiftung die Herausgabe unterstützt hat, verwies auf die Diskussionen linker politischer Orientierungen in den letzten Jahren. 

Von einem „langen Atem der Geschichte und einem langen Atem des Autors“ sprach Gunther Mai, „der als wissenschaftlicher Betreuer nicht nur viele kenntnisreiche Hinweise gab, sondern auch überdurchschnittlich Geduld und Verständnis aufbrachte“, wie Steffen Kachel im Vorwort seines fakten-, spannungs- und umfangreichen Werkes schreibt. Der Erfurter Professor würdigte die „weit über Thüringen“ und „weit über die Parteiengeschichte nach 1945 hinaus“ wirkende „eigentliche Leistung, für die Sie die verdiente Note“ (summa cum laude, d. R.) erhalten haben und er sagte: „Sie mahnen Differenzierung nicht nur an, Sie sind auch in der Lage dazu.“ Es sei ihm gelungen zu zeigen, so Prof. Mai weiter, „dass es in Thüringen einen Sonderweg gab“, ein in regionalen Hochburgen „besonderes sozialistisches Milieu“, das ab 1928/29 zerfällt und seine Nachwirkungen nach 1945 entfaltet. Zum subjektiven Faktor gehörten u. a. eine starke linke Jugendbewegung und die besondere Erfahrungen des Kapp-Putsches.

Die Geschichte der Arbeiterbewegung mit dem Forschungsschwerpunkt der unmittelbaren Vor- und Frühgeschichte der SED hat Steffen Kachel seit seinem Studium Ende der 80er Jahre am Fachbereich Geschichte der Karl-Marx-Universität Leipzig nicht mehr losgelassen. Aus seiner Buch-Vorstellung in Weimar sprach die Begeisterung darüber, „regional als auch biografiegeschichtlich Neues über eine historisch ungeheuer intensive Phase“ herausgefunden zu haben. 

Dr. Steffen Kachel, ehrenamtlicher Stadtvorsitzender der LINKEN in Erfurt und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Linksfraktion im Thüringer Landtag – der PDS-Landtagsfraktion hatte er in der 2. Legislaturperiode als Abgeordneter angehört –, bezeichnete es übrigens auch als erstaunlich, wie wenig heute bekannt ist über die „Zeit der Weichenstellung“ von 1945 bis 1948, auf die er sich bei seinen Forschungen konzentriert hatte. Und er verwies mit Hermann Brill und August Frölich beispielhaft auf „zwei spannende Biografien, die bis heute viele Fragen offen lassen“. 

„Vielfarbig, widersprüchlich, oft erstaunlich“ sei diese jüngere Geschichte. Und für sein Buch wünscht sich Steffen Kachel „sehr gern auch Anregung zum Widerspruch, denn Geschichte ist so“.


Annette Rudolph


Steffen Kachel, „Ein rot-roter Sonderweg?“, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011


Der Autor bietet an, sein Werk auf Anfrage auch in anderen Orten Thüringens vorzustellen.