Zensurskandal um Neofaschismus-Ausstellung

Die CDU hält in Sonntagreden sehr viel von der Meinungsfreiheit. Werden jedoch Dinge gesagt, die ihnen politisch nicht in den Kram passen, rennen sie als erste zum Staatsanwalt. Sieht so christliche Demokratie aus?

Die Kriminalisierung antifaschistischen Widerstandes und von dringend notwendiger geschichtlicher Aufklärungsarbeit zeigt immer groteskere Züge. Nachdem willkürliche Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten in Dresden und anderswo fast traurige Normalität ist, wurde mit der Beschlagnahmung von Objekten der Wanderausstellung „Neofaschismus in Deutschland“, die zurzeit im Suhler Rathaus zu sehen ist,  eine neue Qualität des Unrechts erreicht. Dabei wurde vom Veranstalter VVN/BdA nichts anderes getan, als eindeutig belegte Zitate von bekannten Politiker zu zeigen, deren Aussagen eine geistige Nähe zu rechtsextremen Kreisen erkennen lassen. Die Beschlagnahmung, um etwaige Rechtsverletzungen zu beweisen, war ohnehin unnötig, denn die gesamte Ausstellung gibt es im Internet: neofa-ausstellung.vvn-bda.de zu sehen. 

 „Es ist offenbar wieder soweit, dass in Deutschland Zensurbehörden eingerichtet werden sollen“, kritisiert Bodo Ramelow, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag die Anzeige des Landesvorstandes der Thüringer CDU und die anschließende Beschlagnahmung zweier Ausstellungstafeln. „Mit der Ausstellung ist die Geschichte wohl zu dicht an die Damen und Herren der CDU herangekommen. Die Thüringer CDU will die historischen Verbindungslinien und Kontinuitäten ihrer eigenen Partei als Sammelbecken vieler ehemaliger Nazis in der frühen BRD und rechtspopulistische Positionen in den eigenen Reihen nicht sehen. Offenbar ist es nach dem Willen des Thüringer CDU-Generalsekretärs nicht mehr zulässig, Zitate von Politikern seiner Partei zu wiederholen, die braune Stammtischparolen bedienen“, so Ramelow. 

Auch Knut Korschewsky, Vorsitzender der Thüringer LINKEN, kritisiert das Vorgehen von CDU und Staatsanwaltschaft: „Ich fordere Christine Lieberknecht als Vorsitzende der Thüringer CDU auf, diesem unseligen Treiben in ihrer Partei ein Ende zu bereiten! Pfeifen Sie Ihre Kettenhunde aus den Zeiten des Kalten Krieges zurück!“

Nach nur wenigen Stunden kamen Polizei und Staatsanwaltschaft zu dem völlig richtigen Schluss, dass die Objekte, um die es ging, keinerlei Unrechtmäßigkeiten enthielten. So kann die Ausstellung doch noch vollständig bis zum 30. März im Suhler Rathaus besichtigt werden. 

Auch wenn die ganze Aktion  nicht mehr als der berühmte Sturm im Wasserglas war, so bleibt doch ein äußerst fauliger Nachgeschmack. Wenn der CDU bestimmte Argumente politisch nicht in den Kram passen, dann ist es bei dem ein oder anderen nicht mehr weit her, mit dem hohen Gut der Meinungsfreiheit. Das zeigte sich bereits am Extremismus-Bekämpfungsprogramm der Bundesfamilienministerin  Christina Schröder (CDU), das Gelder von Projekten gegen Rechtsextremismus beschneidet und Links- und Rechtsextremismus gleich setzt. 

Alles was unter dem Begriff Antifaschismus daher kommt, wird staatsoffiziell über die Maßen kritisch beäugt. Es laufen Verfahren selbst gegen Abgeordnete von LINKEN, SPD und Grünen, die sich an Demonstrationsblockaden gegen Naziaufmärsche beteiligt haben. Die „Antifa“ wird grundsätzlich in die Ecke gewaltbereiter Extremisten gedrängt. Manchmal hat man den Eindruck, Deutschland befindet sich auf dem Weg, ein Polizeistaat zu werden, wie ein Beispiel aus Erfurt zeigt. Privatpersonen aus dem Dunstkreis von Antifa und Roter Hilfe hatten am 25. Februar auf dem Anger eine Mahnwache für die Vorgänge in Dresden angemeldet. Daraufhin wimmelte es von Polizisten, nicht nur auf dem Anger selbst, sondern auch an allen Zufahrtswegen. So viel Aufwand für eine kleine Gruppe von friedlichen Antifaschisten, die ein Transparent mit der Aufschrift „Solidarität ist eine Waffe“ entrollten, ist nicht nur eine sinnlose Verschwendung der knappen Finanzmittel des Freistaates, sondern auch ein Zeichen, dass in konservativen Kreisen Engagement gegen Rechtsextremismus offensichtlich nicht erwünscht ist.