„Wir sollten uns das nicht bieten lassen!“

Ein weiterer Datenskandal erschüttert die politische Landschaft. Beim der Blockade des Naziaufmarsches im Februar in Dresden hat die Polizei tausenden Handynutzer ausgespäht. Das wollen die Betroffen nicht einfach hinnehmen.

Das Bündnis Dresden Nazifrei hat angesichts der Speicherung der Handydaten von zehntausenden Menschen angekündigt, gegen die Maßnahmen von Staatsanwaltschaft und Polizei vor Gericht zu gehen. „Wir gehen durch alle Instanzen notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht“, sagte Bündnisanwältin Kristin Pietrzyk am Donnerstag vor Journalisten in Berlin. Das Bündnis rufe dazu auf, Auskunft über die Datenerfassung zu verlangen und den Sachverhalt vollständig aufzuklären. Ein Formular dazu ist auf www.dresden-nazifrei.com zu erhalten. Der thüringer Fraktionsvorsitzende der LINKEN, Bodo Ramelow, kündigte an, dass „alle Abgeordneten seiner Fraktion“ rückwirkend bis 2009 ein Auskunftsersuchen zu dieser „illegalen und illegitimen Datensammlung“ stellen werden, um zu prüfen, welche Handydaten erhoben wurden. Ramelow fügte an: „Das alles ist nur ein Vorgeschmack auf das, was mit der Vorratsdatenspeicherung zu erwarten ist.“ 

Der Jenaer Bürgermeister Albrecht Schröter (SPD) sagte: „Wir sind nicht in der DDR auf die Straße gegangen, um jetzt in einem Staat zu leben, wo so etwas möglich ist. Was da in Dresden passiert ist, war Rechtsbeugung. Ich werde alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um das feststellen zu lassen.“ 

Ringo Bischoff, ver.di-Bundesjugendsekretär, machte deutlich, dass das Bündnis Dresden Nazifrei durch diese Maßnahmen zusammengeschweißt wird. „Wir werden weiterhin gegen Naziaufmärsche protestieren. Ziviler Ungehorsam ist ein legitimes und erfolgreiches Mittel dazu.“ 

Eine Sprecherin des Bündnis wies darauf hin, dass die „SOKO 19.02“ mittlerweile 83 Verfahren angestoßen hat und zahlreiche Busunternehmen angeschrieben hat, um die ProtestiererInnen auszuspionieren und die Unternehmen einzuschüchtern.

Henning Obens von der Interventionistischen Linken bemerkte, dass massenhafte kollektive Regelübertretungen seit Heiligendamm 2007 Konjunktur haben. „Es existiert eine neue Kultur der Zusammenarbeit und Konfliktbereitschaft, diese ermöglichte die Erfolge von Dresden.“ Er fügte an „Polizeigewalt und frivoler Rechtsbruch zeigen, dass die staatlichen Stellen nur repressive Antworten auf diese Herausforderung haben. Das haben Stuttgart, Castor und Dresden gezeigt. “

 Der ebenfalls von der Datenerfassung betroffene Musiker Konstantin Wecker machte die Dimension des Datenskandals klar: „Entscheidend ist: Wie geht die Demokratie mit den Menschen um, die sich nicht nur empören, sondern Widerstand leisten, dort wo es nötig ist? Wir sollten uns das nicht bieten lassen!“ Wecker rief zu Spenden für „Dresden Nazifrei“ auf, um das Bündnis bei den anstehenden Prozess-kosten zu unterstützen.