Wir sollten alle mehr Protest in Europa wagen

Bernd Riexinger nach Teilnahme an Protesten in Athen als „Vaterlandsloser Geselle“ bezeichnet, dabei tat er, was Merkel hätte tun sollen

Die Bundeskanzlerin fährt zum Staatsbesuch nach Griechenland und auf den Straßen laufen die Massen Sturm gegen die vor allem von ihr durchgesetzte Austeritätspolitik, die das Schuldenproblem noch verschlimmert und große Teile der griechischen Bevölkerung in die Armut treibt. Das schreit nach Solidarität, ein Motto, das sich DIE LINKE durchaus auf die Fahnen geschrieben hat. Der Parteivorsitzende Bernd Riexinger ließ den Worten Taten folgen und reiste nach Athen, um sich gemeinsam mit der griechischen Linkspartei Syriza für ein gerechte Lösung der Schuldenkrise einzusetzen.  „Es kommt alles darauf an, dass wir es schaffen, den europaweiten Protest gegen den neoliberalen Durchmarsch zu organisieren. Warum organisieren die Gewerkschaften in Deutschland keinen Protest, wenn ihren Kolleginnen und Kollegen in Griechenland die Löhne und Renten unter das Existenzminimum gekürzt werden? Die Gewerkschaften aus den Krisenländern haben vor kurzem einen südeuropäischen Generalstreik diskutiert. Ich halte das für einen guten Vorschlag. Aber warum nur im Süden? Wir müssen in ganz Europa mehr Protest wagen“, sagte Bernd Riexinger in Athen. 

Wie richtig diese Worte sind, zeigen einige Reaktionen aus der Heimat. In der Stuttgarter Zeitung wird Riexinger als „Vaterlandsloser Geselle“ bezeichnet, ein Rückgriff auf  Bismarcks Sozialistengesetz im 19. Jahrhundert. Damit demaskiert sich die Reaktion selbst. Eine inhaltliche Auseinandersetzung findet dagegen kaum statt. Konservative Politiker und bürgerliche Medien sind lieber damit beschäftigt, sich über das – zugegeben geschmacklose – Verhalten einiger weniger Demonstranten in Nazi-Uniformen zu echauffieren. 

Bernd Riexinger dagegen machte deutlich worum es geht: „Ich bin hier, um ein Zeichen der Verständigung zu setzen. Merkel und ihre Freunde – die Banker, die Spekulanten, die Großaktionäre, die Millionäre und Milliardäre Europas – ihnen allen wäre es das liebste, wenn die Arbeitnehmer und Rentner Europas sich entlang der nationalen Grenzen spalten lassen würden. Meine Botschaft ist eine andere: Solidarität. Es muss in Zukunft selbstverständlich sein, dass Alexis Tsipras in Hamburg auf einer Demonstration für mehr Gerechtigkeit redet und ich in Athen mit Euch gegen die brutalen Kürzungspolitik der Troika protestiere. Es muss solange selbstverständlich werden, bis wir mehr Gerechtigkeit in Europa und ein Ende der zerstörerischen Austeritätsprogramme erreicht haben. Wir sollten alle miteinander mehr Protest in Europa wagen. Merkel und ihre Freunde, Papandreou und Samaras gehören dazu, lasst Euch nicht täuschen – die haben den Karren in den Dreck gefahren, die haben unser Geld im europäischen Bankensumpf versenkt. Jetzt müssen wir einen Weg aus dem Schlamassel finden.“     T. H.