„Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen“

Seit Jahren steht Bodo Ramelow unter Beobachtung vom Verfassungsschutz. Doch der Fraktionsvorsitzenden der LINKEN im Thüringer Landtag ist nur das prominenteste Opfer eines immer mehr ausufernden Überwachungsstaates, der längst außer Rand und Band geraten ist.

Was bedeutet es uns, in einer Demokratie unsere Meinung sagen zu dürfen? Mit dieser Frage begann der Vorsitzende der Linksfraktion im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, seine Rede im Rahmen der Veranstaltung des Erfurter Bündnisses für sozial Gerechtigkeit. Von den „Schlapphüten“, um die es an diesem 21. Juli ging, weiß Ramelow eine Menge zu berichten, denn er steht schon seit 30 Jahren unter Beobachtung vom Verfassungsschutz. Eigentlich müsse ihm der Verfassungsschutz zu Weihnachten jedes Jahr eine Karte schicken, weil er ihnen die Jobs garantiere, bemerkte der Gepeinigte, der sich seit Jahren auch auf gerichtlichem Wege – mal mehr mal weniger erfolgreich – zu wehr setzt, flapsig . Die Regierung – und wohl so ziemlich jeder ernstzunehmende Jurist – findet an der Person Bodo Ramelow nichts verfassungswidriges, aber die Mitgliedschaft in der LINKEN, wird als Indikator für eine Überwachung herangezogen. Anscheinend nach dem Motto, es könne ja sein, dass eines Tages die Weltrevolution an die Tür klopft, wie Ramelow spöttisch den immer mehr werdenden Menschen auf dem Anger zurief.

Dabei ist die ungeheuerliche Überwachung des bekannten LINKEN-Politikers längst kein Einzelfall. Immer mehr Skandale kommen ans Tageslicht. In Dresden, bei der erfolgreichen Blockade des Naziaufmarsches im Februar,  hat die Polizei die Telefone aller Menschen, die sich in der Stadt bewegt haben, überwachen lassen. Selbst Ärzte oder Anwälte, die vom Grundgesetz besonders geschützt sind, waren betroffen. „Ich war fassungslos“, gestand Ramelow, als er erstmals von diesen orwellschen Vorgängen hörte. Die Liste solcher Beispiel wird immer länger. Auch die Daten von 60.000 Obi-Kunden wurden gespeichert, weil bei einem Brandanschlag eine Kiste des Baumarktes gefunden wurde. „Die Behörden geraten außer Rand und Band“, stellte Ramelow fest: „Die Methode heißt Abschreckung. Den Demonstranten wird signalisiert: bleibt weg!“ Der Rechtsstaat stehe auf dem Kopf, wenn gleichzeitig auch noch diskutiert wird, die Vorratsdatenspeicherung auszuweiten. 

Bodo Ramelow wird aber weiter kämpfen. Bekommt er in Karlsruhe kein Recht, wird er den Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen. Dabei geht es nicht um seine Person, sondern um „diese ganze Denkrichtung“. „Wir müssen uns weiter einmischen und dürfen uns nicht einschüchtern lassen von den Schlapphüten oder verblöden lassen von der Zeitung mit den großen Buchstaben“, sagte Ramelow unter dem Applaus der Zuhörer zum Abschluss.                      

Thomas Holzmann