Wann wird die Gerechtigkeitslücke geschlossen?

100 Jahre wurde der internationale Frauentag im vergangenen Monat alt. Die Frauenbewegung hat viel erreicht, echte Lohngerechtigkeit gehört aber nicht dazu – Frauen verdienen durchschnittlich noch immer 23 Prozent weniger

Es gibt Aktionstage, welche besser überflüssig wären. Gleiche Chancen und gleicher Lohn für Frauen sind Forderungen aus einem vergangenen Jahrhundert.  Bis zum heutigen Tag werden Frauen in der Wirtschaft sowie auch in anderen Bereichen ungerechtfertigt benachteiligt.

Der 25. März ist kein feststehender Termin. Der „Equal-Pay-Day“ wird jährlich neu festgelegt und erfordert  Mathematikkenntnisse.  Es ist jeweils der Zeitraum, den Frauen im Durchschnitt länger über den Jahreswechsel hinaus arbeiten müssen, um auf das  Vorjahresgehalt von Männern zu kommen.  Anders ausgedrückt: Männer arbeiten für das gleiche Geld fast drei Monate weniger. Es stellt sich die Frage, wer steckt sich den offensichtlichen Gewinn in die Taschen?

Bettina Wiesel vom „BPW“-Club (Business and Professional Women)  erklärte auf dem Erfurter Anger (Foto: Uwe Pohlitz) unermüdlich das Anliegen und die Arbeitsweise des Aktionsbündnisses. Der Club ist ein Zusammenschluss über Partei,- Religions- oder Weltanschauungsgrenzen hinweg und möchte weltweit die Verständigung zwischen berufstätigen Frauen fördern. Es werden aber auch arbeitslose Frauen in allen Lebensbereichen unterstützt. Der BPW International gründete sich bereits im Jahr 1919 in den USA. 1938 wurde der Verband in Deutschland von den Nazis verboten und 1951 neu gegründet. In Erfurt entstand der Club 1993.   

„In Deutschland müssen Frauen 84 Tage länger arbeiten, um im Schnitt das gleiche Einkommen zu erzielen, das Männer am 31. Dezember verdient haben“, kritisieren auch Gabi Ohler und Ulrike Zerhau, zuständig für Frauen- und Gleichstellungspolitik im Parteivorstand der LINKEN. „Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen hier endlich gegensteuern. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass Frauen in Deutschland bei gleicher Qualifikation im Schnitt 23 Prozent weniger Einkommen haben als Männer. Die eklatanten Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen wurden von den letzten Bundesregierungen forciert. Der Ausbau des Niedriglohnsektors und die Möglichkeit zur Umwandlung versicherungspflichtiger Arbeitsplätze in Minijobs haben die Einkommenssituation vieler Frauen deutlich verschärft. Neben Lippenbekenntnissen wurde nichts dafür getan, die Tarifparteien durch gesetzliche Vorgaben zur Lohnangleichung zu bewegen. In Frankreich und Luxemburg haben die Gesetzgeber die Tarifparteien zu geschlechtspezifischen Tarifverhandlungen verpflichtet. Dort ist es Vorschrift, dass alle Tarifvereinbarungen die gleiche Vergütung von Männern und Frauen gewährleisten müssen. 

Auch in Deutschland muss es das Ziel sein, die Frauenlöhne deutlich anzuheben. Wesentliche Voraussetzungen dafür sind der gesetzliche Mindestlohn von zehn Euro, die Beendigung der geringfügigen Beschäftigung und die Umwandlung von Mini-Jobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Wir brauchen eine radikale Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich und die Förderung einer familienfreundlichen Arbeitswelt. 

Nur, wenn aus den Sonntagsreden konkrete Maßnahmen erwachsen und die Gesellschaft bereit ist, die Leistungen angemessen zu bezahlen, werden wir die enorme Gerechtigkeitslücke bei der Entlohnung zwischen Männern und Frauen schließen können.“