Stichwahl am 6. Mai – Demokratie braucht Beteiligung

Zum ersten mal überhaupt kann DIE LINKE in Thüringen Landratsämter erobern. Doch während u.a in Nordhausen, dem Altenburger Land und dem Ilmkreis gejubelt wurden gab es nicht nur Grund zur Freude hatte DIE LINKE nach der Wahl: u. a. in Erfurt und Jena erwiesen sich die Gegner als übermächtig

„Ein großer Erfolg für die Demokratie“,  sei die von 42,3 auf 46,3 Prozent gestiegene Beteiligung bei den Thüringer Kommunalwahlen vom 22. April freut sich der Landesvorsitzende der Thüringer LINKEN. „Wenn die Bürgerinnen und Bürger sich dafür interessieren, wer ihre Interessen wahrnimmt, dann haben sie gewonnen“, ergänzt Knut Korschewsky, dessen auf dem Landesparteitag im letzten Mai verabschiedete Wahlstrategie durchaus aufgegangen ist. Zwar rutschte DIE LINKE verglichen mit der Kommunalwahl von 2006 von 17,8 auf 15,3 Prozent der Gesamtstimmen, kann sich aber trotzdem zu Recht als Gewinner fühlen. Nicht nur, weil CDU und SPD noch größere Verluste hinnehmen mussten, sondern auch, weil es bei einer Bürgermeister- und Landratswahl weniger auf die Gesamtzahl der Stimmen ankommt, sondern auf die tatsächlich errungenen Ämter.  Verteidigen konnte DIE LINKE. Thüringen die Bürgermeistermandate in Bad Blankenburg mit Frank Persike und in Neuhaus mit Marianne Reichelt. In Sömmerda zieht Ralf Hauboldt ab Juli ins Rathaus ein.    

Sieben Kandidaten sind für DIE LINKE bei der Stichwahl noch im Rennen (siehe Bild-Montage) und natürlich stellt sich die Frage, in wieweit es im Wahlkampf eine Kooperation mit der SPD geben kann. Die Landesvorstände beider Parteien sehen eine Reihe von gemeinsamen politischen Standpunkten und „fordern die Gebietsverbände auf, entsprechende Gespräche aufzunehmen“.  Gleichzeitig bekräftigen LINKE und SPD, dass „eine Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene neben inhaltlichen Gemeinsamkeiten, auch von der politischen Kultur vor Ort, den handelnden Personen und nicht zuletzt von den Kandidatinnen und Kandidaten abhängt“.  Somit liegt es im Ermessen der regionalen Gliederungen, ob und zu welcher Kooperation es zwischen LINKEN und SPD kommt.       

In Nordhausen gibt sich Landratskandidatin Birgit Keller in dieser Frage eher zurückhaltend:  „Wir hatten das schon 2006 mit dem so genanten rot-roten Deal. Aber die SPD hat danach alles vergessen, was DIE LINKE für sie getan hat, um sie auf den OB-Posten zu befördern. Dazu kommt, dass wir unsere Politikinhalte in den letzten Jahren nicht gemeinsam mit der SPD umsetzen konnten, z. B. die Einführung eines Jugendparlamentes oder die tarifliche Bezahlung in dem neuen Kinderhaus Ost“. Birgit Keller vertraut darauf, dass ihre Inhalte, Transparenz und Bürgerbeteiligung kombiniert mit einem neuen Politikstil, bestens geeignet sind, auch genügend SPD-Anhänger zu überzeugen. Sollte es am 6. Mai klappen, will Birgit Keller neben diesem neuen Stil vor allem auch die Finanzen in Ordnung bringen, denn „nur mit gut organisierten und soliden Finanzen können wir auch in den Kommunen alle Gestaltungsspielräume nutzen“.


Ähnlich wie ihre Fraktionskollegin aus Nordhausen sieht es Michale Sojka. „Ich schätze grundsätzlich den mündigen Wähler, Wahlabsprachen sind da gar nicht so bedeutungsvoll. Die Bürger sind mit dem amtierenden Landrat unzufrieden und man spürt eine Wechselstimmung, so dass ich die Wahl auch aus eigener Kraft gewinnen kann. Ich hoffe natürlich, dass Wähler aus anderen Lagern auch diese Wechselstimmung verspüren und für mich stimmen“, blickte die Bildungsexpertin optimistisch auf die Stichwahl. „Es wird mir Angst, wenn ich sehe, wie wenig die Amtsinhaber an der Lösung der Probleme im Kreis arbeiten, dabei brennt es überall lichterloh, sei es bei der Schulnetzplanung, dem Theater oder dem Flughafen“, fasst die Landratskandidatin zusammen.  

Ein schon jetzt strahlender Wahlsieger kommt mit Ralf Hauboldt aus  Sömmerda. Der Justizexperte der Landtagsfraktion tritt die Nachfolge von Hans-Wolfgang Flögel an, der als Parteiloser immer gut mit der LINKEN zusammengearbeitet hat. Diese Kontinuität, definiert der Landtagsabgeordnete auch als wichtigstes Merkmal seiner Politik. Neben dem bekannten Aushängeschild „Soziale Stadt“ will er sich vor allem um eine bessere Bürgerbeteiligung kümmern. Ein kam, sah und siegte ist sein Erfolg jedoch nicht, denn Ralf Hauboldt ist schon seit vielen Jahren kommunalpolitisch aktiv und somit ist seine Wahl auch eine Bestätigung seiner bisherigen Arbeit. 

„Manchmal kam warme Sonne und manchmal kam ein kalter Schauer“, fasste Bodo Ramelow das Wahlergebnis der LINKEN treffend zusammen. Denn bei allem Jubel über einige ganz hervorragende Ergebnisse, gab es auch die eine oder andere schmerzliche Niederlage. In Gera geht Amtsinhaber Dr. Nobert Vornehm (SPD), der auch von der LINKEN unterstützt wurde, hinter Dr. Viola Hahn mit schon Abstand in die Stichwahl. 

Vor allem aber in den vermutlich wichtigsten Zentren Thüringens, in Erfurt und Jena, waren die Ergebnisse für Michel Menzel und Dr. Gudrun Lukin doch eher ernüchternd. Zu übermächtig zeigten sich die SPD-Oberbürgermeister Bausewein und Schröter. In Erfurt war die Überlegenheit der SPD so enorm, dass Bausewein nicht einmal in die Stichwahl muss. „Ich sehe im Wahlausgang das klare Signal der Bürgerinnen und Bürger, dass sie für das Amt des OB keine personelle Änderung wünschen. Das muss man anerkennen“, gibt Dr. Steffen Kachel, Vorsitzender der Erfurter LINKEN, unumwunden zu. 

Auch manch anderer Kandidat hatte sich vielleicht mehr ausgerechnet als letztlich an Wählerzuspruch zu Stande kam. Aufgrund des überaus engagierten Wahlkampfes ist gut denkbar, dass der eine oder andere voller Enthusiasmus die Situation nicht ganz realistisch einschätzte und nun entsprechend enttäuscht ist. 

Doch gerade dort, wo die Wahlergebnisse nicht den Wünschen entsprochen hat, muss es jetzt zu einer harten, nüchtern und vor allem nicht-mono-kausalen Ursachenforschung kommen. Ein Zeter und Mordio sollte ausbleiben, denn grundsätzlich kann DIE LINKE die Kommunalwahl als Erfolg verbuchen. Einzelne Wahlniederlagen – so bitter sie auch sein mögen – gehören zu einer Demokratie schlicht und einfach dazu.

Thomas Holzmann