Schwarz-Rosa wurde kräftig der Marsch geblasen

Durch die Abschaffung der Bannmeile um den Thüringer Landtag nutzen immer mehr Demonstrantinnen und Demonstranten die Möglichkeit, mit ihren Forderungen direkt vor den Plenarsaal zu ziehen und sie den Abgeordneten direkt unter die Nase zu halten

Eisregen verwandelte die Straßen der Landeshauptstadt in spiegelglatte Rutschbahnen, als am 8. Dezember die Aktion „Rettungsschirme für die Bildung“ vor dem Landtag stattfand. Das war auch der einzige Grund, warum im Gegensatz zur großen Schüler- und Studierendendemonstration am 23. November nur etwa 100 Menschen gekommen waren. Dank der Abschaffung der Bannmeile um das Parlament  – immerhin die wohl einzige gute Tat der schwarz-rosanen Landesregierung – konnten die Aktivisten von Gewerkschaften und LINKEN den Parlamentariern ihre Forderungen praktisch direkt unter die Nase halten, indem sie ihr großes Transparent gegen die Scheiben des Plenargebäudes hielten, wo gerade debattiert wurde.

Dr. Birgit Klaubert, die für die Linksfraktion zu den Demonstranten sprach, kritisierte, dass „in diesem Land Rettungsschirme für die Banken aufgespannt werden, aber wenn es um die Kinder und die Eltern geht, um die Schulen und die Hochschulen, dann ist das nicht möglich“. Sie forderte „Rettungsschirme für die Zukunft unserer Kinder, für die Zukunft unserer Gesellschaft“. Fast zeitgleich ergriff im Plenarsaal in der Debatte zum Thüringer Schulgesetz die bildungspolitische Sprecherin der LINKEN, Michaele Sojka, das Wort. Die von der CDU-SPD-Koalition jetzt eingeführte Gemeinschaftsschule sei ein Etikettenschwindel und ändere grundlegend kaum etwas an der viel zu frühen Trennung der Schüler. Sie betonte die Notwendigkeit des längeren gemeinsamen Lernens für alle Thüringer Kinder.

Mit Trommeln und Trillerpfeifen, Transparenten und Plakaten waren trotz Schneetreibens am nächsten Tag hunderte Schüler freier Schulen aus Thüringen vor den Landtag gezogen, um erneut Krach zu schlagen gegen die von der Landesregierung geplanten Kürzungen in ihrem Bereich. Sie waren auch im Plenarsaal gut zu hören – auch der eine oder andere Schneeball verirrte sich an das dicke Sicherheitsglas – und obwohl es den Koalitionsabgeordneten gehörig in den Ohren getönt haben muss, zeigten sie sich unbeeindruckt von den hartnäckigen Protesten und beschlossen mit dem Landeshaushalt die geplanten Einschnitte. 

Auch für andere Aktivisten, die der Landesregierung und den Abgeordneten zukünftig ihre Meinung sagen wollen, könnte das ein leuchtendes Beispiel sein, dass sie tatsächlich direkt an sie heran kommen und eine Kommunikation – wenn überhaupt –  nicht nur durch die Medien stattfindet. 

Geradezu grotesk mutete übrigens der Auftritt des Kultusministers Christoph Matschie (SPD) an, der versuchte die Demonstranten auf seine Seite zu ziehen, in dem er Mini-Verbesserungen bei Kitas und Schulen rosa-rot malte  und mit Rechentricks die finanzielle Situation der Hochschulen kunstvoll beschönigte.        

A. R./T. H.

Fotos: Peter Lahn