Prozess gegen Hausbesetzter eine Luftnummer

Lange haben konservative Politiker und Medien gegen friedliche Hausbesetzerinnen und Hausbesetzer gehetzt und keinen Versuch ausgelassen, die Betroffen vor Gericht zu ziehen. Jetzt haben sich die Anschuldigen mehr oder weniger in Luft aufgelöst.

Der für den 8. Juni vor dem Amtsgericht Erfurt angesetzte Pro­zess gegen Thomas, den Fahrer des Lautsprecherwagens auf einer Demonstration gegen die Räumung des Besetzten Hauses am 16. April 2009 fand nicht statt. Der Richter hatte angeboten den Prozess gegen Auflage in Höhe von 100 Arbeitsstunden einzustellen. Dieses Angebot, das nach §153a der Strafprozessordnung möglich ist, haben sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte angenommen.

 „Mit der Einstellung wurde deut­lich, dass politisch und öffentlich geführte Prozesse den Druck auf die staatlichen Apparate erhöhen und sie nicht mehr ihr politisches Kalkül nach Belieben vollziehen können“, erklärt Vera Grone, eine Sprecherin der UnterstützerInnengruppe und dankte aus­drücklich für die in der letzten Zeit bekundeten Solidarität. Ebenso schätze sie ein, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 26. Mai 2011 seinen Einfluss auf den Rückzieher zur Aburteilung von Thomas gehabt haben wird. Das Gericht stellte fest, dass sowohl die Gewahrsamnahmen, als auch die er­kennungsdienstlichen Maßnahmen gegen die SitzblockiererInnen vor dem  be­setzten Haus rechtswidrig waren.

„Die Annahme der Einstellung unter Auflagen bedeutet nicht, dass ich ein Eingeständnis zu einer Schuld oder Teilschuld vornehme, sondern vielmehr, dass ich mich dem politisch motiviert agierenden System von Anklage und Rechtsprechung weitestgehend entziehe und mich der Beliebigkeit eines Urteils nicht mehr aussetze“, so äußerte sich erst­mals der Angeklagte Thomas selbst. Dabei verwies er auf den langen und zermürbenden Prozesszirkus von Staatsanwaltschaft und Gericht, welches die Verhandlung bereits fünf Mal ansetzte und immer wieder verschob. Außerdem bedankte er sich für die immer wieder in der Öffentlichkeit stattfindende Mobilisierung für Solidarität und Unterstützung.

„Offensichtlich konnte dem Versuch der Staatsapparate, durch den Prozess im Nachhinein die Polizeieinsätze vom 16. April 2009 als rechtmäßig festzustellen und zu legitimieren, noch einmal ein Riegel vorgeschoben werden“, sagte Vera Grone. „Das Angebot des Richters, als auch das Eingehen durch die Staatsanwaltschaft darauf, macht einmal mehr deutlich, dass die Anklage gegen Thomas eine große überzogene Luftnummer gewesen ist und die Anklagepunkte nicht haltbar gewesen sind“, so Grone weiter.

Die Vorwürfe der schweren Körperverletzung, des gefährlichen Eingriffs in den Straßen­verkehr, dem Widerstand gegen die Vollstreckungsbeamten, der versuchten Körperverlet­zung und dem Verstoß gegen das Versammlungsgesetz wären unter dem Druck und der Beobachtung der Öffentlichkeit eingestürzt wie ein Kartenhaus. Diese Blamage wollten sie nach dem 26. Mai offensichtlich nicht schon wieder produzieren und stellten das Ver­fahren ein, schätzt die UnterstützerInnengruppe von Thomas die neuste Entwicklung ein.