Geschichte live: Als 16-jähriger zur Zwangsarbeit deportiert

Zeitzeugen, die noch von den Schrecken der faschistischen Konzentrationslager erzählen können gibt es immer weniger. Umso gebannter lauschten Erfurter Schüler den Ausführungen des Holocaustüberlebenden Albert Pawlowitsch

Eine außergewöhnliche Geschichtsstunde erlebten in der Erfurter „Schotte“ etwa 110 Schülerinnen und Schüler auf Einladung der Wahlkreisbüros der LINKEN Erfurter Landtagsabgeordneten. Dieses Zeitzeugengespräch mit Albert Pawlowitsch (Im Foto rechts neben Dr. Reinhard Duddek von der deutsch-russischen Freundschaftsgesellschaft) aus Minsk war eine Sternstunde. Als der nunmehr 85-jährige Mann von seinen Erlebnissen als ehemaliger Zwangsarbeiter und KZ-Häftling berichtete, hörte man im Saal eine Stecknadel fallen. Durch einen kurzen Video-Vorspann konnten sich die Teilnehmer über das Ausmaß der Zwangsarbeit in Erfurt und über die Nazi-Verbrechen im KZ-Buchenwald auf das folgende Gespräch einstellen. Albert wurde bei einem Marktbesuch in Kursk als sechzehnjähriger junger Mann von deutschen Soldaten gefangen genommen und nach Deutschland zur Zwangsarbeit deportiert. In Hamburg musste er in einem Rüstungsbetrieb arbeiten. Während eines Bombenangriffs gelang die gemeinsame Flucht mit einem befreundeten Leidensgenossen. Sie kamen bis kurz vor die polnische Grenze. Dort wurden sie von der SS verhaftet und im Bautzener Gefängnis von der Gestapo mit deren bekannten Methoden verhört. Albert wurde in das KZ-Groß-Rosen gerbracht. Im Außenlager Hartmannnsdorf, in der Nähe von Zittau, musste er in der Rüstungsproduktion arbeiten. Die Häftlinge hörten in der Ferne bereits den Geschützdonner der Front. Das Lager wurde geräumt und die etwa 1.000 Insassen mussten am 15. Februar 1945 zu Fuß auf einen 500 km langen Gewaltmarsch in Richtung Buchenwald. Nur etwa 390 Häftlinge haben den Todesmarsch überlebt.

Albert Pawlowitsch brachte bei der Ankunft in Buchenwald nur noch 35 Kilo auf die Waage. Er erlebte die Befreiung des Lagers am 11. April 1945 in der Krankenbaracke.

Seit vielen Jahren ist Albert Albertowitsch Pawlowitsch ein Stellvertreter des Leiters des Internationalen Lagerkomitees Buchenwald-Dora und konnte den sehr gespannt lauschenden Jugendlichen authentisch berichten und viele Fragen beantworten. Für diese offene und ehrliche Geschichtsstunde waren alle Schüler, Lehrer und Gäste sehr dankbar.                        

Uwe Pohlitz