Gegen Isolation und Diskriminierung

Noch immer müssen Asylbewerber in Thüringen in unmenschlichen Unterkünften hausen und dürfen sich wegen der Residenzpflicht nicht frei bewegen. Dagegen demonstrierten 1.500 Menschen am 22. Oktober in Erfurt.

Bis zu 1.500 Menschen fanden sich am 22. Oktober, einem Samstag, auf dem Erfurter Bahnhofsvorplatz ein, um gemeinsam gegen die unwürdige Asylpolitik der Landesregierungen und der Bundesregierung zu protestieren. Migranten, Flüchtlinge, Flüchtlingsgruppen und -aktivisten aus dem gesamten Bundesgebiet waren angereist. Sie demonstrierten gegen jede Form von rassistischer Kontrolle durch die Polizei. Sie protestierten gegen die Isolation und Diskriminierung der Asylbewerber in den Flüchtlingsheimen, die Kontrolle ihres Privatlebens, psychische und physische Zermürbung sind an der Tagesordnung. 

Machtwillkür durch lokale Behördenmitarbeiter und Heimleitungen sollen jeden Protest der Asylbewerber im Keim ersticken, um sie somit möglichst unauffällig wieder abzuschieben. Polizei ist tagtäglich damit beschäftigt, Menschen aufgrund ihrer äußeren Erscheinung zu kontrollieren.

 Ein besonderer Protest richtete sich  gegen die so genannte „Residenzpflicht“, die Flüchtlingen in Thüringen untersagt, sich frei zu bewegen. Die Residenzpflicht offenbart sich als Mittel zur Verfolgung jeglicher Aktivität von Flüchtlingen und organisiert politische Verfolgung in Deutschland. Die Abschaffung dieser perfiden Regelung war eines der Hauptanliegen der Proteste, denn Vernetzungstreffen, Demos oder Konferenzen sind von vornherein kriminalisiert. Flüchtlinge aus ganz Deutschland sprachen über ihre katas- trophale Situation, prangerten ihre Isoliertheit, ihre Ängste und die Zustände in den Lagern an: Ein Leben gezeichnet von Residenzpflicht, Gutscheinen, Abschiebeandrohung, Behördenwillkür, ausgeschlossen sein von Bildung, Arbeit und gesellschaftlicher Teilhabe.

 Die Neufassung der Verordnung zur Residenzpflicht Anfang Juni 2011, die es Asylbewerbern möglich macht, „erlaubnisfrei“ ein weiteres Territorium zu bereisen und auch eine kreisfreie Stadt zu erreichen, kann nur als zynische Verhöhnung der Flüchtlinge gewertet werden. 

Die Isolation zu durchbrechen, ein Leben in Selbstbestimmung, Würde und Freiheit für alle, die sofortige Schließung sämtlicher Flüchtlingslager sind die klaren unmissverständlichen  berechtigten Forderungen  der Flüchtlinge.


Foto und Text: Reiner von Zglinicki