Europaweite Proteste zum Auftakt in den „Heißen Herbst“

Breites Bündnis sozialer Bewegungen könnte weiteren Sozialabbau stoppen

Seit dem 7. Juni sind nun die Sparpläne der Regierung bekannt und die ersten Proteste gegen die dadurch entstehenden soziale Schieflage schon wieder Geschichte. Doch wie geht es jetzt weiter? Nachdem sich Hannelore Kraft entschieden hat, einer rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen – möglicherweise auch mit den Stimmen der LINKEN – eine Chance zu geben würde Schwarz-Gelb die Mehrheit im Bundesrat verlieren.

Deswegen plant die Bundesregierung, ihre Sparpläne am Bundesrat vorbei zu manövrieren – verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Dadurch kann, muss und wird es weiteren Widerstand geben, sowohl parlamentarisch als auch auf der Straße. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Thüringer Landtag, Ina Leukefeld, hat sich bereits in einem offenen Brief an die Bundesregierung gewandt. „Überall im Land regt sich zu Recht Protest. Während die Wirtschaft und die Banken weitestgehend von Sparvorschlägen verschont bleiben, lassen CDU/CSU und FDP Rentnerinnen und Rentner, Arbeitslose, sozial Benachteiligte und Familien fu?r die Zockerei der Banken und Spekulanten bluten. Das ist nicht nur grob ungerecht, sondern offenbart das wahre Gesicht dieser Koalition der sozialen Kälte und der politischen Geisterfahrerei“, kritisiert Leukefeld darin. Sie wendet sich an alle Vereine, Verbände, die Gewerkschaften und alle außerparlamentarischen Akteure, die einen solchen sozialen Kahlschlag verhindern wollen und bittet um deren Unterstützung in der politischen Auseinandersetzung. „In dieser Situation, wo eine verfehlte Politik den sozialen Frieden und die Demokratie im Land gefährdet, kann es nur eines geben: öffentlichen Widerstand einer breiten sozialen Bewegung. Nur so kann es gelingen, diesen massiven Sozialabbau zu verhindern“, ist sich die Landtagsabgeordnete sicher.

Besonders gravierend sind die Einschnitte bei sozial schwächeren Familien, die keine Lobby haben und sich nicht wehren können, wie die Energiekonzerne, die gegen die ebenfalls im Sparpaket geplante Brennelementesteuer vor Gericht ziehen wollen. „Es ist der falsche Weg, bei den Kindern zu sparen,“ sagte Kersten Steinke, Bundestagsabgeordnete der LINKEN aus Bad Frankenhausen zur Streichung des Elterngeldes für Hartz-IV-Empfänger. „Jedes vierte Kind in Deutschland ist von Armut bedroht. Doch statt etwas gegen dieses Armutszeugnis zu tun, kürzen Union und FDP bei der aktuellen Sparpolitik noch zusätzlich bei den Familien. Dafür werden Wirtschaft und Reiche geschont.“ DIE LINKE fordert daher, das Kindergeld umgehend auf 200 Euro zu erhöhen und langfristig eine bedarfsgerechte Kindergrundsicherung in Höhe von 420 Euro pro Kind einzuführen. Dafür sollen andere Fördermaßnahmen abgeschafft werden. Vor allem das Ehegattensplitting gehört auf den Prüfstand, weil damit nicht zwangsläufig Kinder unterstützt werden. Viele Ehepaare haben keine Kinder und viele Kinder haben keine verheirateten Eltern. Das Ehegattensplitting ist in seiner heutigen Form nicht mehr zeitgemäß.
Heftig Kritik übte auch Steinkes Thüringer Fraktionskollege Ralph Lenkert: „Dieses Sparpaket trägt wahrhaftig die Signatur der Koalition, ganz besonders die des marktliberalen Westerwelle, dessen Verachtung für das Schicksal arbeitsloser Menschen die Grenze des Erträglichen überschreitet. Der Wegfall der Rentenzuschüsse und die Umwandlung von Pflicht- zu Ermessensleistungen innerhalb der Arbeitsagentur setzen der demütigenden Bittstellerkultur für Arbeitslose und Aufstocker die Krone auf.“


Der Widerstand wird wachsen, spätestens wenn die WM-Euphorie verflogen ist. Dann wird es für viele Bürgerinnen und Bürger ein böses Erwachen geben.