„Die Häuser denen, die drin wohnen“

Im Erfurter Rotdornweg sollen entgegen bestehender Beschlüsse KoWo-Wohnungen verkauft werden – die Anwohner wollen sich nicht vertreiben lassen und verlangen Kündigungsschutz vom möglichen neuen EIgentümer

In der Wohnsiedlung unmittelbar  hinter dem Helios-Klinikum muss dringend saniert werden. Seit vielen Jahren fühlen sich die Bewohner wie Stiefkinder. Mit viel Eigeninitiative und Engagement haben sie die wichtigsten Arbeiten in ihren Kowo-Wohnungen immer wieder selbst erledigt und manchen Euro privat investiert. Jetzt stehen die Wohnungen zum Verkauf. Obwohl es dazu seit Jahren Beschlüsse gibt, wurden sie viel zu spät informiert. Das ärgert die Mieter, die sich um ihre Wohnungen sorgen. Deshalb finden seit geraumer Zeit täglich Mahnwachen einer Bürgerinitiative statt. 74 von 108 Wohnungen sind derzeit belegt – vorwiegend von Leuten wie dem Rentnerehepaar Denninger.  Herr Denninger sagt: 1938, ich war gerade ein halbes Jahr alt, bin ich hier eingezogen und lebe seitdem im Rotdornweg. Nach der Wende habe ich mit meiner Frau den Antrag gestellt, unsere Haushälfte zu kaufen. Eine Antwort habe ich nie erhalten. Jetzt wäre das möglich, aber wir sind alt und es fehlt am Geld. Wir wollen auf unsere alten Tage hier nicht weg ...“ 

Silvia Becker, Mitinitiatorin der Bürgerinitiative, ist sehr gefragt in diesen Tagen. Jeder, der dazu etwas wissen möchte, wird zu ihr geschickt. Sie selbst wohnt nicht in dieser Straße, aber sie ist die Geschäftsführerin des Vereins „Aktiv Leben Konzept“, der sich um Menschen mit Behinderungen kümmert und hier seinen Sitz hat. Mit Blick auf den Aufsichtsrat der Kowo sagt sie: „Politiker gehören in keinen Aufsichtsrat, denn da müssen sie sich verbiegen“. 

Der Unmut der hier Wohnenden ist groß, deshalb wollen sie ihre Mahnwachen mindestens bis zur Stadtratssitzung am 6. Juli fortsetzen. Außerdem haben sie sich in einem Offenen Brief an den OB Andreas Bausewein, Bürgermeisterin Tamara Thierbach, an die  Stadträte und die Mitglieder des Aufsichtsrates der Kowo gewandt: Darin heißt es u. a.: „Wir haben nichts gegen einen Verkauf, wenn der neue Vermieter unsere Mietverträge übernimmt, uns Kündigungsschutz über die Sozialcharta gewährt und bei Verkauf Eigenbedarfskündigungen ausgeschlossen werden; eine zeitnahe Sanierung zum Verkauf erfolgt; wenn die Stadt bzw. die Kowo einen Investor findet, der ein Nutzungskonzept im Interesse der Alten, Behinderten und sozial Schwachen in unserer Straße entwickelt und umsetzt; wenn wir hier bleiben können und die Mieten für jeden bezahlbar bleiben!“ 

Einen Tag später hatte die Erfurter Linkspartei ihre Gesamtmitgliederversammlung, wo auch die Situation im Rotdornweg zur Sprache kam. Die Mitglieder stimmten einem Antrag zu, der von den LINKEN im Erfurter Stadtrat, dem Aufsichtsrat der Kowo und  in anderen Gremien erwartet, dass sie sich gegen den Verkauf von kommunalen Wohneigentum aussprechen. Außerdem wollen die fünf Erfurter Landtagsabgeordneten gemeinsam mit der Bürgerinitiative  einen so genannten Einwohnerantrag in den Stadtrat einbringen, um so den Bewohnern im Rotdornweg zu helfen.      

Regina Pelz