Deutliches Signal des Widerstandes gegen Rechtsextremismus

Ende September marschierten 100 Neonazis nahezu ungehindert durch Erfurt und seit Monaten häufen sich Berichte über brutale Gewalttaten mit rechtsextremen Hintergrund. Grund genug für Frust, aber auch für Widerstand.

Friedlich, lautstark und vor allem bunt demonstrierten etwa 500 Menschen am 13. Oktober in der Erfurter Innenstadt. „Der Frust muss raus“, lautete das Motto, unter dem antifaschistische Gruppen aufgerufen hatten. Anlass war nicht nur die ungehinderte Demonstration von 100 Neonazis durch Erfurt am 29. September, sondern auch das offensichtliche Problem mit Nazigewalt in der Landeshauptstadt. Der Frust der Teilnehmenden richtete sich aber nicht nur gegen gewaltbereite Nazis, sondern auch gegen das ihrer Meinung nach zu oft fehlerhafte Verhalten von Polizei und Behörden. Zu oft seien Täter schon zu Opfer gemacht wurden, wie beim Überfall von Nazis auf eine Feier in  der „Offenen Arbeit“. Auch gegenüber Migranten soll sich die Polizei nicht immer korrekt verhalten. Dabei sind Menschen anderer Herkunft am stärksten von der Nazigewalt betroffen, so dass sie sich Nachts nicht mehr in eine Straßenbahn trauen. 20 Jahre nach dem Pogrom gegen Asylbewerber von Rostock-Lichtenhagen werden Migranten von staatlichen Stellen noch allzu oft wie Menschen zweiter Klasse behandelt. Die derzeitige Debatte um angeblichen Asylmiss-brauch ist dafür symptomatisch. Unfassbar mutet es da an, dass der Landrat des Wartburgkreises, Reinhard Krebs (CDU), zwei NPD-Funktionären den Zugang zur Flüchtlingsunterkunft in Gerstungen ermöglichen will.

Viele Gründe, um Frust zu schieben, aber auch um sich zu engagieren und den Mund aufzumachen. Dafür hat die Demo, die mit einer Kundgebung am Wenigenmarkt begonnen hatte und über den Anger und das Rathaus zum Kunsthaus führte, eine Startsignal gegeben. Wenn Polizei und Behörden den Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht ernst genug nehmen, dann sind die Bürgerinnen und Bürger der Stadt gefordert, das Heft des Handelns selbst in die Hand zu nehmen. Dazu passt auch, dass kaum Landes- oder Kommunalpolitiker unter den Demonstrierenden waren.

„Die vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben heute deutlich gemacht, dass wir mit unserem Frust nicht alleine sind und haben dies lautstark zum Ausdruck gebracht.” lautet das positive Fazit von Constanze Schubert aus der Vorbereitungsgruppe. Zur Abschlusskundgebung betonte die Moderation noch einmal, dass mit der kritischen Auseinandersetzung der Zustände in Erfurt nicht Schluss sein darf. „Wir müssen effektiven Widerstand gegen Rassismus, Sexismus, Nationalismus und Antisemitismus im Alltag leisten. Wir sind uns darüber im Klaren, dass dies heißt, die kapitalistische Gesellschaftsordnung als Ganze in die Kritik zu nehmen und treten gemeinsam für eine solidarische Gesellschaft ein. Wandelt Frust in Widerstand!”. 

Erfurt hat, wenn auch mit tatkräftiger Hilfe aus anderen Orten Thüringens, gezeigt, dass man das Nazi-Problem ernst nimmt und bereit ist, Widerstand zu leisten. Ein Umstand der noch längst nicht bei allen angekommen zu sein scheint. So wird es noch ein langer Weg bis es heißt: Erfurt ist nazifrei!

Thomas Holzmann