Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens ist unser Ziel

„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“  

So heißt es im legendären Schwur von Buchenwald, den die Überlebenden des NS-Konzentrationslagers am 19. April 1945 leisteten. Auch wenn seit dem 67 Jahre vergangen sind, könnten diese Worte aktueller kaum sein. Nicht nur, weil im letzten Jahr das Ausmaß des rechtsextremistischen Terrors bekannt wurde und die faschistische Ideologie noch immer in den Köpfen viel zu vieler Menschen verbreitet ist, sondern auch weil der Weltfrieden in großer Gefahr schwebt. Das erkannte auch Literaturnobelpreisträger Günter Grass, der mit seinem äußerst umstrittenen Gedicht „Was gesagt werden muss“ die Debatte über den Konflikt im Nahen Osten, im spezialen zwischen Israel und dem Iran, neu entfacht hatte. Dafür musste Grass bis jetzt viel Kritik einstecken, bis hin zum unverhohlenen Vorwurf des Antisemitismus. 

„Günter Grass hat eine notwendige und überfällige Diskussion angestoßen“, erklärt dagegen Bodo Ramelow. Der Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Thüringer Landtag, der sich seit vielen Jahren intensiv mit dem Nahostkonflikt beschäftigt und die Region bereist hat, findet aber auch, dass sich Grass trotzdem gewaltig irrt, wie er in dem Gastbeitrag „So weit weg vom erhofften Frieden“ für die TLZ urteilte. 

Die Meinungen gehen weit auseinander, aber nur selten wird so differenziert. Während Grass vor allem in konservativen Medien auseinander genommen wird, springt ihm die Friedensbewegung zur Seite, die sich als das Gedicht erschien in den Vorbereitungen für die Ostermärsche befand.

Nun kann man über die Details in Grass´ Gedichts vortrefflich diskutieren, aber ist der Literaturnobelpreisträger und SPD-Anhänger ein Antisemit, weil er die Politik Israels kritisiert und dabei nicht immer die richtigen Wörter findet? Wann hat es in der modernen Mediengesellschaft einen vergleichbaren Fall geben, in dem ein Gedicht tagelang öffentlich kontrovers diskutiert wurde? Könnte diese Debatte nicht Anschub leisten, zu einer dauerhaften, friedlichen Lösung im Nahen Osten zu kommen? Die Menschen – egal ob in Israel oder im Iran – wollen ihn ganz sicher. Im Kleinen gibt es schön längst Beispiele, dass es funktionieren kann. So lange sich aber in unserer Welt mit Krieg sehr viel Geld ergaunern lässt – Religion, Herkunft oder Hautfarbe spielt dabei keine Rolle – ist der Frieden fern, damals wie heute. Das hatte  Grass in seinem Gedicht vergessen. 

Doch gerade solches Vergessen darf es nicht geben.  Deswegen war es gut, dass zu den Gedenkveranstaltungen zur Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald über 700, darunter viele junge Menschen kamen. Denn gerade in Deutschland darf niemals vergessen werden, zu was Rassenwahn, Antisemitismus und Faschismus führen: zu Krieg und Völkermord. Die im Schwur von Buchenwald geforderte „Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln“ würde nicht nur den Frieden im Nahen Osten bringen, sondern auch den Neofaschismus in den Orkus der Geschichte befördern.                    

Thomas Holzmann