50. Geburtstag des „Garten Thüringens“

Seit der der Eröffnung der IGA am 28. April 1961 hat Erfurt das Image einer "Blumenstadt". Einst war die Gartenbauausstellung ein international beachteter kultureller Höhepunkt. Heute dagegen regiert der Kommerz und gleichzeitig droht der Ausverkauf.

Vor 50 Jahren, am 28. April 1961, öffnete die Erfurter „Internationale Gartenbauausstellung“ ihre Pforten. In vielen mühevollen „NAW-Stunden“, also in freiwilliger und unbezahlter Arbeit, hatten die Erfurter das Gelände rund um die Cyriaksburg zum attraktivsten Garten der DDR umgestaltet. Dies geschah bereits vor dem 13.August 1961, woran sich erkennen lässt, dass eine Verbundenheit zur Heimat bestand. Mit Zwang wäre ein derartiges Projekt nicht realisierbar gewesen. Es ist wohl auch einer der Gründe, dass die IGA sofort von der Bevölkerung in Besitz genommen wurde. Die erste Gartenbauausstellung gab sich noch Europa verbindend. Besonders die Hallen Hollands und Frankreichs wurden von langen Besucherschlangen umlagert, aber auch die der DDR sowie der sozialistischen Nachbarländer wurden sehr attraktiv gestaltet.


Das Ausstellungsgeschehen ist durch viele interessante kulturelle Höhepunkte bereichert worden. Für Kleingärtner war der IGA-Besuch in Erfurt ein absoluter Höhepunkt. In Bussen, mit der Bahn und verbilligten Tickets, einige schon mit PKW oder Motorrad, strömten die Besucher aus dem ganzen Land zur IGA.Auf der Freilichtbühne mit 3.000 Plätzen und vielen Nebenbühnen fanden die unterschiedlichsten Veranstaltungen statt. Nach Beendigung der Ausstellung fiel das Gelände nicht etwa in einen Dornröschenschlaf. Die Eintrittspreise und die Fahrpreise der Straßenbahn ermöglichte es vor allem Familien mit Kindern, den Blumengarten der Stadt regelmäßig zu besuchen. Für die Kinder gab es bereits in den Gründerjahren einen attraktiven und äußerst beliebten Spielplatz.Viele besuchten mal so nebenbei das Observatorium und beobachteten unser Sonnensystem. Zu den Öffnungszeiten gab es eine fachkundige Führung.


Viele Erfurter erinnern sich noch gern an die Sommerfilmtage. Bei der ersten Aufführung eines Western in Erfurt, es war der Film „Die glorreichen Sieben“, musste die Polizei den Andrang regeln. Die jährlich stattfindenden Pressefeste, welche von der Bezirkszeitung „Das Volk“ ausgerichtet wurden, waren absolute Höhepunkte der Unterhaltungskunst. Stars aus dem In- und Ausland wechselten im Stundentakt die zahlreichen Bühnen. Es war jedes Mal eine logistische Meisterleistung. Die 15. Arbeiterfestspiele im Jahr 1974 fanden in der Hauptsache auf der Erfurter IGA statt. Das Eröffnungsprogramm durfte unser damaliger Singeklub  „Konkret“ mitgestalten. Mit unseren eigenen Programmen traten wir oft auf dem IGA-Gelände in Erscheinung. Deshalb verbinden sich auch besonders viele persönliche Erinnerungen an unseren „Erfurter Garten.“ Was ist eigentlich aus der Idee der „Quadrinale“ geworden? Kunsthandwerker aus verschiedensten Ländern trafen sich in Erfurt zur Leistungsschau.


Die Besucher erlebten eine wunderbare Ausstellung der Farben und Formen. Erhalten geblieben ist das Lichterfest, eine Veranstaltung, welche aus der Erfurter Kulturlandschaft nicht mehr wegzudenken ist. Die „Biermeile“ als rein kommerzielle Fete hat nicht so einen vorteilhaften Ruf. Es ist  zu verkraften und bringt der ega etwas Geld in die leeren Kassen. Als die Zentralgaststätte mit dem großen Saal und der Rendezvousbrücke noch stand, feierten viele Betriebe und Organisationen dort ihre Feste. Jährlich fand dort auch der Silvesterball der Erfurter Jugend statt – trotzdem blieb die IGA stehen. Die Fernsehsendung „Du und dein Garten“ wurde sehr oft im „Garten Thüringens“ produziert.  Bei Rock-Konzerten kam es kaum zu nennenswerten Zwischenfällen. Heute haben die gut situierten  Anwohner das Sagen, um nicht in der „wohlverdienten“ Ruhe gestört zu werden. Meine Erinnerung sagt mir, dass die Gruppe „Elefant“ mit Ute Freudenberg bis zum Domplatz zu hören war und sich keiner aufregte. Es gibt allerdings auch leisere Töne, mit denen Besucher zu erfreuen sind. Über diese verfügt mit Sicherheit die Erfurter Oper und andere Bühnen Thüringens. Mit vielen Gästen aus dem In- und Ausland habe ich regelmäßig ega-Besuche miterlebt und kann die Begeisterung vor allen über das größte Blumenbeet Europas verstehen. Es ist eine echte Attraktion für Erfurt. Wie kann man nur auf eine solch absurde Idee kommen, an dieser Stelle einsparen zu können? Wir stellen fest, dass der Bestand der heutigen ega, trotz größerer Landverkäufe, nicht in trockenen Tüchern ist. Es gibt gierige Blicke auf den Südhang und den noch vorhandenen Irisgarten, allerdings mit verschlossenen  Ein- und Ausgang. Das Bürgerbündnis „ega 21“ hat inzwischen eine Unterschriftenaktion zur Rettung der ega als denkmalgeschützten Park gestartet. Die Akteure werden auch zum 50. Jubiläumsfest, am 1. Mai, in der Stadt und vor den Eingangstoren des Parks Unterschriften sammeln. Eine Barriere für Menschen im Niedriglohnbereich, Arbeitslose, für Rentner, aber auch Familien mit Kindern sind die Eintrittspreise und zusätzlichen Parkgebühren. Es steht die Frage, ob man mehr Besucher in der Gesamtzahl oder lieber wenige besser Verdienende haben möchte.


Wer erinnert sich noch? Am 1. Mai galt die rote Nelke immer als Eintrittskarte. Es gibt Hoffnung, dass die vernünftigen Überlegungen zum Erhalt und zur Weiterentwicklung  des „Garten Thüringens“ Gehör finden. Deshalb ist es wichtig, dass sich so viel Erfurter und Gäste zu ihrer „ega“ bekennen und sei es nur durch eine Unterschrift.


Uwe Pohlitz