„Sie wussten, was sie tun“

Weil die CDU schon wieder mit den Nazis von der AfD gemeinsame Sache machte, besuchte der Klimastreik das Landtagsplenum: Das Bündnis von Fridays for Future, Omas gegen Rechts und Gewerkschaften hatte schon 2020 erfolgreich gegen Kemmerich protestiert.

Eigentlich sollte es am globalen Aktionstag von Fridays for Future Thüringen ja auch in Erfurt zuallererst um den Kampf gegen die Klimakrise gehen. Schließlich war der Sommer weltweit bereits von Waldbränden, Hochwassern und Stürmen geprägt, auch wenn Deutschland noch glimpflich davon gekommen ist. Aber, weil in Erfurt schon wieder CDU und FDP mit den Nazis von der AfD im Landtag paktierten, wurden die Pläne kurzerhand geändert.

Vom Anger zogen über 1.000 Menschen statt durch das Zentrum nach Süden, zum Thüringer Landtag, wo gerade das Plenum zu Ende ging (siehe dazu auch Parlamentsreport in dieser Ausgabe). Noch vor Klimaschutz und besserem Nahverkehr, stand an diesem Tag aber eine ganz andere Forderungen ganz oben auf der Agenda: gegen die Normalisierung der AfD. Schließlich hatten zwei Tage zuvor CDU, FDP und AfD die Senkung der Grunderwerbsteuer gegen die rot-rot-grüne Minderheitsregierung durchgeboxt. Unter dem Deckmantel angeblicher Entlastung für Familien profitieren aber in erster Linie nur große Immobilienfirmen. Kein Wunder, dass nicht nur die Klimaschützer*innen sauer sind: „CDU und FDP wussten genau, was sie tun. Das zeigt, dass sie aus dem Dammbruch 2020 nichts gelernt haben. Dagegen protestieren wir“, so eine Aktivistin. Bei der Kundgebung vor dem Landtag wurde auch deutlich, dass das Bündnis gegen jenen „Dammbruch“ vom 5.2.2020 noch quicklebendig ist: Omas gegen Rechts , Gewerkschaften, Leute aus dem kirchlichen Umfeld und viele andere: Alles Menschen, die der Nazi Björn Höcke, mit dem die CDU nicht zum erstem Mal kollaboriert hat, am liebsten „trockenlegen“ möchte.

Doch die lassen sich nicht einschüchtern: „Wir sind hier, weil wir die Herausforderungen weder nationalistisch noch egoistisch lösen können. Es ist eine Menschheitsaufgabe, bei der jeder Mensch teilhaben soll“, sagte ein Vertreter von Parents for Future. Das wird auch gleich vorgelebt. Beim offenen Mikro vor dem Landtag ergriff ein Mann das Wort, der sich „als griechischer Österreicher, als Europäer mit Behinderung“ vorstellte. Ein Mensch, dem der Nazi Höcke das Recht auf gute Schulbildung nehmen möchte, indem er die Thüringer Schulen von der Inklusion „befreit“.

Dass sich Fridays for Future auch für die Inklusion einsetzt, mag manche überraschen, belegt aber erneut wie sehr sie auf der richtigen Seite der Geschichte stehen. Leicht haben sie es trotzdem keineswegs. Nicht nur wegen der dauernden Anfeindungen von rechts. Der harte Kern der Leute, die in Erfurt seit 2019 die Klimastreiks organisieren, ist durchaus überschaubar. Die werden auch älter und müssen von irgendetwas leben. Vor dem Hintergrund ist eine Demo wie die am 15. September mehr als beachtlich. Entsprechend positiv fällt auch ihr eigenes Fazit aus: „Wir sind überwältigt, wie viele wir wieder waren. Unser Protest war im Landtag während des Plenums deutlich zu hören.“

Natürlich tat der lautstarke antifaschistische Protest auch den Abgeordneten der Regierungsfraktionen gut, die es den ganzen Tag mit „destruktiven Mehrheiten und mangelnder Dialogfähigkeit zu tun haben, wie Bodo Ramelow sagt. Dem Ministerpräsident kam es schon Tage zuvor so vor als „wäre alles orchestriert“. Am Ende steht ein handwerklich schlecht gemachtes Gesetz, das womöglich auch noch verfassungswidrig ist. Kritik am „Pakt mit dem Teufel kommt sogar aus den Reihen der CDU, wenn auch nicht aus Thüringen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther betont, ein „ wie auch immer geartetes Zusammenwirken mit der AfD ist ausgeschlossen“. Das gelte auch für eigene Initiativen, „die absehbar nur mithilfe dieser Partei Aussicht auf Erfolg haben. Die zunehmende Radikalisierung der AfD erfordert eine noch konsequentere Haltung gerade einer konservativen Partei.

Ein Vorgehen wie aktuell in Thüringen widerspricht dieser Haltung.“ Leider sind solche christdemokratischen Stimmen im Osten kaum noch zu vernehmen. Die Wahl eines Ministerpräsidenten mit den Stimmen der AfD rückt dadurch in Thüringen, Sachsen und Brandburg, wo nächsten Herbst überall Landtagswahlen sind, in immer bedrohlicher Nähe. Aber nicht, dass hier jetzt jemand über einen Generalstreik nachdenkt. Der ist ja schließlich verboten

 

Wo CDU, FPD und Afd-Nazis in Thüringen schon kollaborieren

 

Tabubruch von Erfurt

Die bisher krasseste Form: am 5.2.2020 wählten CDU, AfD und FDP Thomas Kemmrich (FDP) zum Ministerpräsidenten. Massive Proteste und Widerspruch aus Berlin beendeten den Spuk nach einem Monat.

AfD-Vorsitz im Geraer Stadtrat

Am 24.9.20 wurde Reinhard Etzrodt (AfD) in geheimer Abstimmung zum Vorsitzenden des Stadtrates gewählt. Er erhielt 23 Stimmen, die AfD hat nur 12 Sitze. Woher die übrigen Stimmen kamen, dürfte klar sein.

Querfront gegen Gendern

am 11.11.22 stimmten 38 von 74 Landtagsabgeordneten für einen CDU-Antrag, der Gendersprache im Landtag verbietet. Die AfD hat schon vorher angekündigt, das unterstützen zu wollen.

Gegen Klimaschutz im Ilm-Kreis

CDU, FDP und Freie Wähler lehnten im Februar 2022 mit der AfD den Vorschlag der Landrätin Petra Enders (parteilos) für ein Strukturkonzept „Treibhausgasneutraler Landkreis“ und die Schaffung von zwei Koordinierungsstellen, die zu 100 Prozent vom Bund gefördert worden wären, ab.

Spielhallengesetz

Am 2.2.22 haben CDU, FDP und AfD die rot-rot-grüne Minderheitsregierung beim Spielhallengesetz überstimmt. Der LINKE-Fraktionschef Steffen Dittes sagt, es ist auch handwerklich ein miserables Gesetz. Die Posse von Hildburghausen In der Kreisstadt stimmten alle außer der LINKEN für die Abwahl von Bürgermeister Thilo Kummer, auch die AfD und der umtriebige Neonazi Tommy Frenck. Danach wurde der parteilose Patrick Hammerschmidt Bürgermeister. Der vorher aus der CDU ausgetreten war, weil die nicht der AfD kooperieren wollte.

Ohne Skrupel an der Saale

Im Saale-Holzland-Kreis wurde nach Auskunft des Kreisvorsitzenden der LINKEN, Markus Gleichmann, ein AfD-Vertreter, der öffentlich für die rechtsextreme Thügida aufgetreten war, in offener (!) Abstimmung mit den Stimmen von CDU, FDP, Bürgerinitiative und Mitgliedern des Bauernverbandes gegen Grüne und LINKE als Vertreter des Kreises in den Verbandsrat eines überregionalen Zweckverbandes gewählt. Er erhielt 30 von 39 abgegebenen Stimmen.

Merz relativiert die „Brandmauer“

Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz sagte am 23.7.23 im ZDF-Sommerinterview: Die Wahl eines AfD-Landrats oder -Bürgermeisters sei eine demokratische Wahl, nach der nach Wegen der gemeinsamen Gestaltung gesucht werden müsse.

"Brown under" in Sonneberg

Nach der verlorenen Wahl sagte Jürgen Köpper, er müsse als Christdemokrat zusammen mit dem Landrat der AfD (Robert Sesselmann) das Beste für den Landkreis herausholen. Ein Boykott des AfD-Landrats sei ihm als gewähltem Beamten (erster Beigeordnete) unmöglich. Auch im Kreistag habe man als CDU schon mit der AfD gemeinsame Beschlüsse gefasst..