Keine bequeme Art der Geschichtsverarbeitung

Am 17. Oktober wurden verlegte der Aktionskünstler Gunther Denninger sieben weitere Stoplersteine zur Erinnerung an von Nazis ermordete Apoldaer Juden.

 

Eine kleine Gruppe engagierter Leute um Peter Franz, erinnert eine Stadt konsequent an die Verbrechen der deutschen Faschisten. Das „Prager Haus“ in Apolda ist inzwischen ein Symbol der Erinnerungsarbeit mit der unrühmlichen Vergangenheit geworden. Wo sind unsere jüdischen Mitbürger hin? Wann und wo wurden sie ermordet? Warum hat man geschwiegen? Keine bequeme Art der Geschichtsverarbeitung, welcher man sich auch heute noch stellen muss. Hanna und Wolf Middelmann aus Göttingen drängte es genau aus diesen Grund nach Apolda. Sie fanden Gleichgesinnte in einem ähnlichen Anliegen. Tief empört waren sie, als sie erfuhren, dass der deutsche Staat an ehemalige SS-Verbrecher und jetzigen Staatsbürger der baltischen Staaten „Entschädigungsrenten“ für ihre Quislingstätigkeit (Bezeichnung für angeworbene Überläufer der besetzten Länder) zahlt. Die Zahlung erfolgt nach wie vor pünktlich.

Es gibt noch immer wenige Überlebende Opfer der Nazi-Verbrechen. Die im Ghetto Verhafteten und Überlebenden wurden von Wiedergutmachungen lange Zeit ausgeschlossen.

Ist das erstaunlich? Zahlungen werden  durch bürokratische Hürden unendlich hinausgezögert.  Ursprünglich hatte der Gesetzgeber, der Bundestag, den Zahlungstermin der so genannten Ghetto-Rente für 1997 vorgesehen. Das wäre 52 Jahre nach Kriegsende gewesen. Nach diversen Novellierungen liegt der Beginn der Auszahlungen 65 Jahre zurück. Täglich sterben aus dem Kreis der etwa 70.000 Rentenberechtigten etwa 35 Personen. Es gibt in Litauen noch 99 Überlebende. 15 erhielten einen positiven Bescheid.Weitere Kommentare erübrigen sich. 

Hanna und Wolf Middelmann organisieren regelmäßig Spendenaktionen, um bei Notfällen unkompliziert helfen zu können. Im neoliberalen Baltikum herrschen schlimme Zustände im sozialen Bereich. Ältere Menschen sind kaum noch in der Lage Medikamente zu finanzieren.

In einer Wanderausstellung im Foyer des Apoldaer Rathauses werden betroffene Menschen und ihre Schicksale vorgestellt. Es ist eine kleine, aber zutiefst emotionale Ausstellung.

Den Initiatoren sei gedankt, dass sie auf ihrer Art und Weise die Geschichte lebendig vermitteln. Am 17. Oktober gedachten engagierte Menschen in Apolda ihrer ermordeten jüdischen Mitbürger auf besondere Art. Der bekannte Aktionskünstler Gunter Denninger verlegte in der Bernhard-Prager-Gasse sieben weitere Stolpersteine, auch Dank der finanziellen Unterstützung von Kersten Steinke.


Uwe Pohlitz