Ein Bier mit Maske

Nach dem Lockdown dürfen die Kneipen in

Thüringen wieder öffnen – mit strengen Auflagen. UNZ sprach in der Erfurter Kultkneipe Double B mit der Kellnerin Dagi Höfer über den Gastro-Neustart

Das Double ist nicht nur irgendeine Kneipe in der Erfurter Altstadt, es ist seit mehr als einem Vierteljahrhundert eine Institution. Wo gibt es schon im Biergarten einen Sandkasten samt Spielplatz? Kein Wunder, dass man hier immer interessante Menschen und Erfurter Originale trifft. Früher saßen im Keller Linksjugend und Jusos beim gemeinsamen Stammtisch, oben feierten die „Erfordia Ultras“. Dann kam Corona und auch das Double B musste dicht machen.

Seit 15. Mai ist nach zwei Monaten Pause unter strengen Auflagen wieder geöffnet. Wie sieht das im Alltags aus? Und wie gehen die Beschäftigten mit der komplizierten Situation um? UNZ sprach mit Kellnerin Dagi Höfer.

Die alleinerziehende Mutter zweier Kinder arbeitet seit 2016 im Double B. Davor war sie bereits 13 Jahre im Cafe Nerly tätig, auch so eine Erfurter Institution, wo es nicht nur Speisen und Getränkte gibt, sondern auch Kultur und manchmal Politik-Diskussionen.

Der Lockdown traf alle praktisch total unvorbereitet. Dagis Glück: „Ich hatte viel Resturlaub, einige Überstunden und vor allem: noch etwas unter dem Kopfkissen.“ Sie weiß aber auch, dass es bei anderen viel schlimmer aussieht. Am härtesten traf es die Pauschalkräfte, meistens Studierende. Von denen arbeitet derzeit keiner mehr und das dürfte auch noch länger so bleiben. Ebenso die Kurzarbeit für Dagi und die anderen Beschäftigten.

„Als es wieder los ging hat man gemerkt, dass viele sich noch nicht richtig wieder her trauen. Oder vielleicht haben sie auch kein Geld mehr. Erst zu Himmelfahrt und Pfingsten war es wieder voller“, so Dagis Eindruck.

Natürlich sind alle bemüht, die Abstandsregeln einzuhalten, regelmäßig zu desinfizieren und eine Liste der Gäste zu führen. Der Chef brieft seine Beschäftigten regelmäßig. Trotzdem herrscht wegen der sich ständig ändernden Bestimmungen Unsicherheit: „Erst sollte jeder Gast sich mit Telefonnummer eintragen, dann hieß es: Nur einer pro Tisch. Manchmal weiß man nicht, was gilt“, stöhnt die Kellnerin.

Wegen der Kontaktliste gab es auch schon Gäste, die wieder kehrt machten, weil sie ihren Namen nicht angeben wollten.

Auch sonst ist vieles anders: Es wird intensiver gespült und geputzt. Ketchup und Majo gibt es nicht mehr auf den Tischen. Und natürlich tragen alle Beschäftigten den ganzen Tag Maske. Alle sind bemüht, die Hygiene-Bestimmungen einzuhalten. Immer kann das nicht gelingen. Was passiert, wenn das Ordnungsamt dann genau zum falschen Zeitpunkt kontrolliert, mag man sich nicht ausmalen. Es ist jedenfalls nicht so, dass das Virus nicht mehr ernst genommen wird. Im Gegenteil: „Ich merke auch, dass uns manche Gäste genau beobachten, ob wir uns die Hände desinfizieren“.

Der Gefahr einer zweiten Corona-Welle ist sich Dagi sehr bewusst: „Es kann sein, dass der Kindergarten und das Double B wieder zugemacht werden.“ In diesem Fall hofft sie aber auf etwas mehr Fingerspitzengefühl als beim radikalen Lockdown im März. Am besten so, dass dann nicht alles geschlossen wird. „Ich habe auch nicht verstanden, dass praktisch alles wieder aufgemacht hat, nur die Schulen und Kindergärten nicht. Warum gibt es keinen Notfallplan für Alleinerziehende?“ So bleibt nur der Gang auf’s Amt. Immerhin: „Wo früher 20 Seiten auszufüllen waren, sind es heute nur 15. Aber wer weiß, ob man später nicht wieder etwas zurückzahlen muss“, ist sich Dagi unsicher. Erfreulich außerdem: „Die Leute in den Behörden, sind seit Corona am Telefon deutlich freundlicher und netter“, so Dagis Eindruck.

Thomas Holzmann