Bildhauer der wenigen Worte – Erich Wurzer zum 100. Geburtstag

Wer kannte ihn nicht, den Sohn unserer Stadt, seine Skulpturen, Mahnmale, Reliefs, Büsten in Betrieben und Schulen, Kleinplastiken. Seine Arbeiten waren nicht nur in Suhl präsent, sondern auch über die Grenzen des Bezirkes Suhl und der DDR hinaus.

Wer kannte ihn nicht, den Sohn unserer Stadt, seine Skulpturen, Mahnmale, Reliefs, Büsten in Betrieben und Schulen, Kleinplastiken. Seine Arbeiten waren nicht nur in Suhl präsent, sondern auch über die Grenzen des Bezirkes Suhl und der DDR hinaus. Er beteiligte sich an zahlreichen Ausstellungen in Berlin, Weimar, Gotha, Magdeburg, Leipzig und Karl- Marx-Stadt sowie an Kunstausstellungen in Dresden. Seine Werke waren zu sehen in der Sowjetunion, der CSSR, in Polen, Ungarn, in marokkanischen Städten …Erich Wurzer war mir seit den siebziger Jahren persönlich bekannt, ich besuchte ihn oft in seinem Atelier am Holunderbusch in der Nähe des Betriebes „Feinmeß“ und bewunderte den raschen, aber peinlich genauen Werdegang so mancher Plastik oder Skulptur. Auch freute mich seine besondere Hinwendung zu jungen Künstlern, die von ihm lernten. So ist er mir in Erinnerung: hochgewachsen, hager, freundlich – ein Mann der wenigen Worte. Es ist mir ein Bedürfnis, ihm anlässlich seines 100. Geburtstages ein kleines Denkmal in unserer linken Zeitung zu setzen. Dabei möchte ich Zeugnisse seines Schaffens in der Einheit von Inhalt und Form in Erinnerung rufen, da in den letzten 20 Jahren vieles gewollt oder ungewollt für manchen verloren ging.Erich Wurzer wurde am 26. Februar 1913 als Sohn eines Stuckateurs geboren. Bei seinem Vater lernte er den Beruf Steinmetz und Stuckateur. 1931 legte er die Meisterprüfung ab. Übrigens lag ihm das Talent in den Genen, denn schon sein Großvater war Kunstmaler. Erich Wurzer wollte mehr und widmete sich einem Studium an der Hochschule für bildende Künste in Weimar. Eingezogen als Soldat im Zweiten Weltkrieg, wurde sein Studium unterbrochen.Den Wunsch, als Bildhauer freischaffend zu arbeiten, konnte er erst nach 1946 realisieren. Seine Aussage: „Durch meine Plastiken vor allem will ich zeigen, wess´ Geistes Kind ich bin und wo ich politisch hingehöre“, bestimmte den Inhalt seines Schaffens bis zu seinem Tod am 26.11.1986. Plastiken und Mahnmalen verlieh er seine persönliche Haltung gegen Faschismus und Krieg, dem Wunsch nach Frieden auf der ganzen Welt, der internationalen Solidarität und dem Humanismus.1948 gestaltete Erich Wurzer das in Werkstein gefertigte Denkmal für die antifaschistischen Widerstandskämpfer aus Suhl-Heinrichs, das auf dem dortigen Friedhof seinen Platz fand. Das wohl größte Werk ist sein monumentales Mahnmal: „Kämpfer gegen Faschismus“, das 1963 von Juri Gagarin auf dem Ernst Thälmann-Platz eingeweiht wurde. Hier wird auch seine Nähe zu Fritz Cremer deutlich. Heute steht das Denkmal als Kopie, jedoch seit 1990 dezimiert, im Suhler Stadtpark (Foto). Das Original steht noch unter der Freitreppe zum ehemaligen Kulturhaus.1956 schuf er aus Rochlitzer Porphyr die Gedenkstätte für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht im Stadtpark. (Das ursprüngliche Denkmal von 1921 wurde 1933 von den Nazis zerstört).Weitere Werke von ihm sind die noch vorhandene Dreiergruppe (Tympanon) im Giebelfeld des „Kulturhauses“, der Gnom an der Ottilienquelle Friedrich-König-Straße, die Gedenkstätte für mehrere hundert Zwangsarbeiter im Raum Bad Salzungen – errichtet im Rathenaupark der Stadt …Im Detail erinnern kann ich mich an zahlreiche Bronzebüsten bekannter Persönlichkeiten: Lenin, Ernst Thälmann, Philipp Müller, Fritz Sattler, Liesel Jende, Wilhelm Pieck, Artur Becker, Juri Gagarin, E. K. Ziolkowski, Friedrich Fröbel u.a.Ihren Platz hatten sie in Betrieben, Schulen, gesellschaftlichen Einrichtungen ... Die meisten von ihnen sind heute nicht mehr auffindbar.Erich Wurzer war auch leidenschaftlicher Modellflugzeugbauer. Sein Sohn Matthias war  sein engster Partner. So manches Modell überlebte eine Baumlandung nicht.  Matthias wollte immer schon Pilot werden, seinen Wunsch konnte er sich erfüllen.Die besondere Liebe Erich Wurzers galt von Anfang an den Kleinplastiken. Dr. Rudi Anschütz wertete das zum 70. Geburtstag Erich Wurzers so:  Diese „zeichnen sich aus durch thematische Vielfalt, die dem Leben der einfachen Leute nachempfunden wurde, durch ausgewogene plastische Ausdruckskraft, die jedem Betrachter Freude und Genuß bereitet. Viele von ihnen sind mit hintergründigem, oft skurrilem Humor gestaltet … Sie alle verraten Liebe zu den Menschen und genaue Beobachtungsgabe.“Erich Wurzer, mit vielen Auszeichnungen geehrt, engagiert seit Gründung im Verband bildender Künstler, verstand sich nie, wie heute im Internet diffamiert, als „Vorzeigekünstler“ der DDR. Er fühlte sich stets seiner Stadt verbunden, ihm ging es  darum, für sein inhaltliches Anliegen die richtige Form zu finden, nicht umgekehrt.Die Stadt Suhl sollte ihm die verdiente Ehre erweisen.                                  Foto: Holger Auerswald