Jammern nützt nichts
Im Februar wurde Thilo Kummer (LINKE) als Bürgermeister abgewählt. Am 4. Juni gehen vier Kandidat*innen ins Rennen. Neben Kirstin Obst (CDU) auch ein irrlichtender Kleinkünstler und ein extrem rechtslastiger Kandidat von „Pro HBN“. Zum Glück gibt es auch noch Kathrin Reinhardt, die für DIE LINKE antritt - trotz alledem, was an Schlammschlachten stattgefunden hat.
Nicht erst seit der Abwahl von Tilo Kummer, kommen aus Hildburghausen keine guten Nachrichten. Macht das unter den schwierigen Umständen eigentlich noch Spaß in der Kommunalpolitik?
Jein. Es wäre mit Sicherheit gelogen, zu sagen, dass es nicht schwierig ist. Aber, wenn ich gar keinen Spaß daran hätte, würde ich es nicht mehr machen. Wir haben hier eine Runde, die gut funktioniert und es gibt auch in Hildburghausen viele tolle Leute, von denen ganz viel Zuspruch kommt. Das macht man gerne.
Mit Steffen Harzer und Tilo Kummer hat Hildburghausen eine LINKE Tradition im Bürgermeisteramt. Aber durch die Stimmung nach der Abwahl dürfte es schwer werden, auf die sonst übliche Kontinuität und die Erfolge der Vorgänger zu setzen.
Wir versuchen ein bisschen den Spagat zwischen Fortführung und Abgrenzung hinzukriegen. Ich sage immer, ich bin nicht Steffen und ich bin nicht Tilo. Es gibt aber eine Reihe von Projekten, die Tilo angestoßen hat und die ich sehr gerne im Sinne der Menschen fortführen möchte.
Welche sind das?
Das Schwimmbad ist eine ganz große Hausnummer, um die wir uns kümmern müssen. Die Kindergärten sind eine ganz große Baustelle. Da stand die Schließung einer großen Einrichtung mit 150 Plätzen im Raum. Das werden wir verhindern. Bei vielen Projekten in der Innenstadt herrscht ein Schwebezustand. Da droht manches zu verfallen, wenn wir da nicht hinterher sind und die zugesagten Fördermittel auch nutzen. Dazu kommen einige Baustellen in der Verwaltung. Das hat Tilo schon angefangen, aber da müssen wir endlich kräftig vorwärtskommen. Zumal durch die Abwahl jetzt mehrere Leute gesagt haben: Das tue ich mir nicht mehr an!
Bei den Zuständen in Hildburghausen fragt man sich: Wie sollen einerseits Fachkräfte gewonnen und andererseits junge Menschen in Südthüringen gehalten werden?
Das ist kein Prozess, der von heute auf morgen funktioniert. Hildburghausen hat den Stempel weg. Nicht zuletzt durch den sehr schmutzig geführten Abwahl-Wahlkampf. Jetzt nur darüber zu jammern, wie schwer das alles wird, nützt aber gar nichts. Wir müssen Leute direkt ansprechen und ihnen zeigen, das Hildburghausen so viel mehr ist als Nazis und Querdenker. Und auch in unserer kleinen Verwaltung finden sich sicherlich Leute, die sich zum Amtsleiter weiterqualifizieren können. Im Idealfall bleiben diese Leute auch langfristig hier.
Um aus Erfurt oder Jena Hildburghausen zu besuchen, was wären eigentlich so die interessantesten Höhepunkte?
Wir haben eine wunderschöne Innenstadt. Unser Schlosspark gehört zu den schönsten Parks in ganz Thüringen. Außerdem kann man hier richtig gut feiern. Und ja, auch die vielen ganz netten Menschen, mit denen man hier ins Gespräch kommen kann. Es gibt nicht wenige, denen geht die ewige Schlammschlacht ganz schön auf den Keks und die sagen: Warum kann man eigentlich den Stadtrat nicht abwählen?
Dann wäre da ja noch das Festival des selbst ernannten „Prinz Chaos“. Oder kann man das nicht bewerben, seit dem der früher eigentlich als links geltende Kleinkünstler ins Querdenker-Milieu hinübergeschwurbelt ist?
Florian Kirner, so sein bürgerlicher Name, veranstaltet in der Tat hier das „Paradiesvogel Festival“. Ansonsten ist er meiner Meinung nach der Inbegriff von Querfront. Er schießt heftig gegen alles, was ihm nicht in den Kram passt. Gesetzliche Vorgaben hin oder her. Ich habe den Eindruck, er vertritt bestimmte Ansichten aber nur deshalb, weil er damit sehr viel Applaus und Zustimmung aus bestimmten Kreisen generieren kann. Da wird auch schon mal eine ausländerfeindliche Position im Sinne von „Wir schaffen das nicht“ vertreten. Die Zeiten, in denen er als Linker galt, sind offensichtlich vorbei.
Dagegen ist Frau Obst von der CDU ja fast noch konservativer Ideal-Standard.
Von den Positionen, die sie vertritt, ist sie mir von den Gegenkandidaten noch die Liebste …
… weil der vierte Kandidat von Pro HBN, Patrick Hammerschmidt, extrem weit rechts steht?
Pro HBN hat mal zur CDU gehört. Dann gab es interne Querelen. Auch was das Thema Zusammenarbeit mit der AfD angeht. Frau Obst hat sich da klar positioniert und gesagt, das wird es mit ihr nicht geben. Bei Pro HBN werden dagegen sehr gute Freundschaften zur AfD gepflegt. Es gibt eine thematische Zusammenarbeit. Die Tatsache, dass die AfD keinen eigenen Kandidaten stellt, ist ein deutlicher Hinweis, wo sich Hammerschmidt inhaltlich bewegt.
Dieses braune Süppchen, was schon länger köchelt, würde ja auch durch eine LINKE Bürgermeisterin nicht einfach verschwinden. Braucht es in Hildburghausen so was wie einen runden Tisch?
Wir haben in letzter Zeit ganz viele Diskussionen um der Diskussion willen geführt. Irgendwelche Anträge wurden erst komplett zerlegt und dann aber einstimmig angenommen. Bei so was kann man ja nur den Kopf schütteln. Wir müssen uns in Zukunft alle endlich mal zusammenreißen, sachlich und konstruktiv miteinander umgehen und anschließend zusammen loslegen. Ich mag mich auch nicht darauf versteifen wie das andere tun: Nächstes Jahr sind ja Kommunalwahlen und dann sieht der neue Stadtrat ganz anders aus. Denn die Konstellation wird auch dann nicht völlig anders sein und wir müssen nun mal mit den Menschen arbeiten die wir haben.
Thomas Holzmann