Thema verfehlt – re[d]solution wehrt sich gegen Extremismus-Keule

Als Reaktion auf die Premiere des Films „Pößneck – eine Stadt zeigt Courage“ am 30. März 2011 wenden wir uns mit dieser Erklärung an die Öffentlichkeit

Seit dem das Schützenhaus im April 2005 von Neonazis in Betrieb genommen wurde, haben sich in der Stadt hunderte Einzelprojekte entwickelt, ist ein Netzwerk von Akteuren der Zivilgesellschaft entstanden, engagieren sich Menschen.

All das wird im mit Fördermitteln des Bundes erstellten Film von Herrn Rexhäuser leider kaum vermittelt, der sich eigentlich zum Ziel gesetzt hatte, den erfolgreichen Kampf gegen neonazistische Organisationen sowie Rassismus und Ausländerfeindlichkeit in Pößneck darzustellen.

Vielmehr ist der Film eine tendenziöse Aneinanderreihung von Interviewaussagen, die teils mit bewegten Bildern so geschnitten wurden, dass bekannte „Linke“ als Sozialschmarotzer oder Staatsfeinde erscheinen. Nach einer Viertelstunde gleitet der Film dann ab in eine Auseinandersetzung mit den „Extremisten von Links“. 

Als Beleg wird das Gedicht von Bertholt Brecht „Resolution der Kommunarden“ angeführt, welches auf der Internetseite der Linksjugend Pößneck abgebildet ist. Es sei nicht auf die heutige Zeit übertragbar, erfuhren wir und von daher ein Beleg für unsere Gewaltbereitschaft – eine streitbare Haltung. 

Weiter wird von verschiedenen bekannten Personen des gehobenen Bürgertums das Verhalten von antifaschistischen Jugendlichen auf Demonstrationen als „extremistisch“ gewertet. Parolen, die ihrer Meinung nach nicht vertretbar sind, müssen dafür als Beleg herhalten.

Dies alles gipfelt darin, dass Herr Alf-Heinz Borchardt, FDP-Politiker und Vereinsmitglied des Auftraggebers  „Pößneck attraktiver e.V.“ die „Räte Republik“ mit dem Faschismus gleichsetzt. Über seine politischen Ansichten erfährt der Zuschauer ansonsten wenig, obwohl er das erste und das letzte Wort im Film hat. 

Er präsentiert sich gerne als Anwalt des bürgerlichen Anstands, hat es allerdings bis heute nicht überwunden, dass er eine schwere Schlappe im Wahlkampf 2009 hinnehmen musste und die Partei DIE LINKE das Direktmandat für den Landtag eroberte – dank der damaligen Unterstützung von re[d]solution und anderen Aktiven.

Sein katastrophales Demokratieverständnis à la „Rot = Braun“ lässt Gedanken aufkommen, die uns das Fürchten lehren: War es nicht das Bürgertum der zwanziger Jahre, dass genau die gleiche Haltung eingenommen hatte – anstatt Nazis zu bekämpfen wurden Kommunisten auf eine Stufe mit SA und NSDAP gestellt? Am Ende sah man sich im KZ wieder – Thälmann und Bonhoeffer.

Dass Neonazis sich den „Antikapitalismus“ auf die Fahnen geschrieben haben und als „nationale Sozialisten“ große Teile der Arbeiter hinter sich versammelten, ist eine Taktik der Faschisten, um den politischen Gegner niederzuringen. Die tatsächlichen Ausbeutungsverhältnisse im kapitalistischen Wirtschaftssystem hinterfragten jedoch nur die als „links“ zu bezeichnenden Persönlichkeiten – heute wie damals.

Bei der Vorführung wurde leider keine Möglichkeit geboten den Film öffentlich zu diskutieren und Kommentare oder Fragen an den Regisseur zu richten. Lediglich in der Presse wurde Stimmen zum Film veröffentlicht.

Aus Sicht der jungen Menschen, die sich der Linksjugend-Gruppe re[d]solution zugehörig fühlen, ist der Film der Versuch, ihre politische Arbeit in Misskredit zu bringen und die Gruppe als „extremistisch“ an den Rand zu drängen. In diesem Sinne ist vielmehr die FDP eine extremistische Organisation, welche nachweislich von Burschenschaften und Lobbyisten gestützt wird und sich im Rahmen der Bundesregierung an Angriffskriegen beteiligt.

Das Filmprojekt ist somit leider Teil eines Kampfes, um die Meinungshoheit in unserer geliebten Kleinstadt, geworden. 

Bürgerliche Kreise fühlen sich durch „linke“ Aktionen gestört und versuchen uns los zu werden. Für uns bedeutet es, dass wir alles richtig gemacht haben, weil wir ins Gespräch kommen wollen und als politische Plattform für Transparenz und Basisdemokratie einstehen.

Wenn Menschen, die sich gegen Neonazis und Sozialabbau engagieren, als „Extremisten“ bezeichnet und mit den Totengräbern der Demokratie gleichgesetzt werden, ist das beschämend und eigentlich auch ein kleiner Skandal. Welches politisches Verständnis von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit steckt hinter diesen Aussagen? Demokratie wird nicht am Frühstückstisch gemacht, sondern auf dem Markt, mit den Menschen und nicht gegen sie.

Symbolisch wurde den anwesenden Schulleitern durch Herrn Borchardt eine DVD überreicht, welche Teil des Lehrstoffes werden soll. Das ein solches politisches Machwerk den Schülern hilft Orientierung zu finden, bezweifeln wir sehr und hoffen auf deren Fähigkeit sich selbst ein Bild von unserer Arbeit im demokratischen Meinungsspektrum zu machen.

re[d]solution-Redaktion