Im Kampf gegen Graffiti: Weimars drastische Verbotsverfügung

Graffitis sind – wenn sie keine bloßen Schmierereien sind, sondern Kunstwerke – so manche düstere Ecke eine Stadt verschönen. Doch vor allem konservative Politikern haben den Sprayen schon seit Jahren den Krieg erklärt. In Weimar greifen sie zu besonders verabscheungswürdigen Maßnahmen.

Wenn es um Graffiti geht, so ist nicht selten im gleichen Atemzug die Rede von „Vandalismus“, „Schmierereien“ oder „mutwilliger Sachbeschädigung“. Härtere Strafen, mehr Überwachung und gar der Einsatz von Polizeihubschraubern wird im Kampf um die weiße Wände gefordert. Doch die Kriminalisierungstaktik, deren Ergebnis am Ende eine geringere Anzahl an Sprayern zur Folge haben sollte, scheint nicht aufzugehen und die Law-and-Order-Mentalität offenbart sich immer häufiger als Fehlschuss. 

Die Ursache dafür ist wohl vor allem im grundsätzlich fehlerhaften Verständnis von Graffitis zu suchen, denn noch immer wird diese Form der Kunst häufig nicht als das anerkannt was sie ist: Der Ausdruck einer seit über 30 Jahren bestehenden weltweiten Jugendkultur, die es zu respektieren gilt.

Wer illegales Graffiti eindämmen will, erreicht das nicht durch massive Repressionen und Verbote, sondern dadurch, dass diese Kultur bei Jugendlichen gefördert wird und sichergestellt ist, dass es genügend öffentliche Entfaltungsmöglichkeiten gibt. Dass man dies leider auch in Weimar nicht verstanden hat, zeigt sich an der jüngsten Idee der Ordnungsbehörde. So gibt es seit letzten Oktober ein Graffiti-Mitführverbot in der Thüringer Kulturhauptstadt. Demnach dürfen all jene, die im Zusammenhang mit nicht genehmigtem Sprühen von Graffitis bereits bei der Polizei auffällig geworden sind zukünftig in der Zeit von 20:00 bis 6:00 Uhr keinerlei Utensilien mehr mit sich führen, die im näheren oder weiteren Sinne mit dem Anbringen von Graffitis zu tun haben. 

Die Liste der Gegenstände, die von nun an auf der Verbotsliste stehen, umfassen übrigens nicht nur Spraydosen, sondern auch Pinsel, Filzstifte, Farbstifte, Zeichnungen, Skizzen, Eddings, Farbbehälter, Aufkleber und Paketaufkleber, Einweghandschuhe und Gesichtsmasken. 

Wer bei einer Kontrolle mit den völlig legalen Utensilien erwischt wird, dem drohen Zwangsgelder bis zu 1.000 Euro bzw. Ersatzzwangshaft für jeden einzelnen Fall. Ob man davon betroffen ist, entscheidet die Polizei im Rahmen einer „individuellen Gefahrenprognose“. Danach werden die Personalien an das Ordnungsamt Weimar übermittelt und von hier aus werden  schriftliche Verbotsverfügungen für die Dauer von einem Jahr verschickt. 

Nach welchen Kriterien entschieden wird, bleibt dabei vollkommen offen. Genauso ist es höchst fragwürdig ob bei diesem Verwaltungsakt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wurde und ob mit dem Verweis auf das Thüringer Ordnungsbehördengesetz die ganze Maßnahme auf rechtlich haltbaren Boden steht. 

Auf Grund des drastischen Grundrechteeingriffs hat die LINKE-Landtagsabgeordnete Katharina König deswegen eine Anfrage an die Thüringer Landesregierung gestellt. 

Unterdessen gibt es auch in anderen Kommunen die Bestrebung derartige Maßnahmen einzuführen, im Erfurter Stadtrat und im Weimarer Landkreis sind die Mitführverbote bereits im Gespräch und geht es nach dem Wunschdenken der Initiatoren soll dies Praxis sogar auf ganz Thüringen ausgedehnt werden. 

„Solchen Forderungen muss strikt widersprochen werden. Statt Jugendliche in die Kriminalität zu drängen, sollten Land und Kommunen ihre Augen auf die Jugendarbeit richten und jungen Menschen mehr freie Flächen zum legalen Graffiti-Sprühen zur Verfügung stellen“, so Katharina König abschließend.                

haskala

Foto: Reiner von Zglinicki