Die Hochschulgruppe DIE LINKE. SDS Jena beim Programmkonvent in Hannover

DIe Kontroverse aber auch kultivierte Diskussion war ein voller Erfolg – kein Zerwürfnis zwischen Ost und West oder "Fundis" und Pragmatikern, wie es anderweitig behauptet wurde

Seit der Veröffentlichung des ersten Programmentwurfs wurde auf unzähligen Mitgliederversammlungen der LINKEN darüber diskutiert. 

Die Ergebnisse dieser Diskussionen wurden gesammelt und an die Programmkommission weitergeleitet. Im zweiten Schritt trafen sich GenossInnen aus mehreren Landesverbänden auf so genannten Regionalkonferenzen, um länderübergreifend die Debatte zu vertiefen. 

Folgerichtig kamen am 7. November GenossInnen aus dem gesamten Bundesgebiet in Hannover zusammen, um die besten Argumente noch einmal gegenüber zu stellen. Die Veranstaltung war wesentlich besser besucht, als die Planungsgruppe zu hoffen gewagt hatte. Insgesamt fanden über 600 Genoss-Innen den Weg nach Hannover in das Congress Centrum, darunter auch vier AktivistInnen aus der SDS-Hochschulgruppe Jena.

 Die Menschen kamen aber nicht nur, um sich etwas anzuhören, sondern auch um sich mit ihren Vorstellungen und Positionen in die Debatte einzubringen. 

Nach einer temperamentvollen Begrüßung durch den scheidenden Vorsitzenden des Niedersächsischen Landesverbandes, Dieter Dehm, folgten Reden der Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst. 

Gesine Lötzsch forderte besonders dazu auf, sich nicht gegenseitig mit Theoriegebäuden zu erschlagen. Am Ende müsste ein Programm stehen, das die Leser verstehen und einleuchtend finden. 

Klaus Ernst wählte die Wirtschaft als Hauptthema seiner Rede und rief noch einmal die Eigentumsfrage in Erinnerung. LINKE Politik müsse hinterfragen, wem aus welchen Grund eigentlich was in dieser Gesellschaft gehöre. 

Die anschließende Podiumsdiskussion mit Sahra Wagenknecht, Katja Kipping, Ralf Krämer und Matthias Höhn, moderiert von Caren Lay, entwickelte sich zu einer kontroversen Debatte zwischen den Diskutanten. Katja Kipping betonte besonders, dass alle Veränderungen auf demokratischem Wege zustande kommen müssten. Nur wenn die Mehrheit der Menschen von einer Transformation überzeugt sei, könnten Veränderungen von Dauer sein. 

Ralf Krämer konzentrierte sich auf das Skizzieren LINKER Reformprojekte. Der sozial-ökologische Umbau und die Schaffung von Arbeitsplätzen im öffentlichen Beschäftigungssektor  müssten erste Schritte auf dem Weg in eine freie sozialistische Gesellschaft sein. 

Sahra Wagenknecht plädierte für rote Haltelinien. Das Programm solle nicht nur vorgeben, was mit der LINKEN zu machen sei, sondern auch was nicht. Desweiteren müsse DIE LINKE auf der Straße mit den sozialen Bewegungen daran arbeiten, Druck auf die Politik auszuüben. Auch ohne eine Beteiligung der LINKEN an Regierungen könne aktiv daran gearbeitet werden, die anderen Parteien zu verändern. 

Matthias Höhn verwies darauf, dass es absurd sei, auf einer Fundamentalopposition zu beharren. Immerhin habe DIE LINKE nächstes Jahr in Sachsen-Anhalt gute Chancen stärkste Partei zu werden und ihren ersten Ministerpräsidenten zu stellen. 

In die Podiumsdiskussion wurden auch Berichte von den Regionalkonferenzen und Wortmeldungen aus dem Publikum aufgenommen. 

Nach einer kurzen Mittagspause teilte sich die Veranstaltung in acht verschiedene Foren mit folgenden Themen und Fragen: „Woher wir kommen, wer wir sind.“ „In welcher Gesellschaft wollen wir leben?“ „Eigentumsordnung und Wirtschaftsdemokratie.“ „Leben und Arbeit im 21. Jahrhundert.“ „Demokratisierung der Gesellschaft: Wie wollen wir entscheiden?“ „sozial-ökologischer Umbau: Kann DIE LINKE Wachstum wollen?“ „Wie schaffen wir Frieden?“ „Wie wollen wir die Gesellschaft verändern?“.

Es gab jeweils Impulsreferate von engagierten GenossInnen, Abgeordneten und Wissenschaftlern. Anschließend begannen in diesen kleinen Runden intensive Debatten über den Text des Programmentwurfs. Lob und Tadel, Kritik an dem Inhalt oder der Form von Textpassagen wurden in der Diskussion herausgearbeitet und protokollarisch festgehalten, um die Verbesserungsvorschläge der Redaktionskommission zugänglich machen zu können. 

Nach zwei Stunden intensiver Debatte bot eine Kaffeepause Zeit zum Austausch untereinander und mit anderen GenossInnen, bevor der Programmkonvent mit Reden von Lothar Bisky und Oskar Lafontaine seinen Abschluss fand. 

Lothar Bisky hielt eine nachdenkliche und ruhige Rede und ging vor allem auf die Situation der LINKEN in Europa ein. Oskar Lafontaine hingegen verband in seiner Rede sachliche Argumentation mit wortgewandter Polemik und nahm dabei vor allem die Grünen aufs Korn. 

Schlussendlich verabschiedete Werner Dreibus die GenossInnen und gab einen Ausblick auf den weiteren Verlauf der Programmdiskussion. 

Die sachliche Auseinandersetzung widerlegte alle Unkenrufe aus der Boulevardpresse. DIE LINKE spaltet sich nicht zwischen vermeintlichen Realisten und angeblichen Fundamentalisten und sie ist auch nicht im Osten eine komplett andere Partei als im Westen. Die Diskussion verlief kontrovers aber äußerst kultiviert. Der Programmkonvent aus Sicht der Jungen GenossInnen aus Jena ist daher als voller Erfolg zu bezeichnen.

Belma Avcu, Felix Kupfernagel, Malte Pannemann, Sascha Rexrodt