Das war erst der Anfang

„Heißer Herbst gegen soziale Kälte“: eine Chance für mehr Gerechtigkeit?

Eigentlich war der Auftakt zum „Heißen Herbst“ ja schon der 4. September in Leipzig. Aber wie so häufig wurde diese Demo schon im Vorfeld ziemlich zerredet. Die einen sahen die große „Querfront“ von Nazis und Linken kommen, die anderen ereiferten sich aufgrund des Wochentages. Schließlich sei das der Tag der DDR-Opposition gewesen. Und außerdem hätten in Sachsen die Nazis mit „Pegida“ die Montagdemos längst gekapert. 

 

„Gasumlage finanzieren, lasst doch Christian Lindner frieren“

 

 

Gut, dass Thüringen von solchen,  unnötigen Schlammschlachten, zu oft anonym in den Kommentarspalten der asozialen Medien ausgetragen, verschont wurde. In Erfurt hatte ein breites Bündnis von Gewerkschaften, Parteien und Zivilgesellschaft den Sonntag für den Auftakt in den „Heißen Herbst“ auserkoren.  Der Bahnhofsvorplatz war brechend voll. Über 2.500 Menschen waren es insgesamt. Von Querfront keine Spur. Ein Häuflein Neonazis wurde noch vor Beginn des ersten Redebeitrages erfolgreich abgedrängt. Mit Fahnen, Musik und Sprechchören ging es einmal quer durch die Stadt. Die Stimmung ist entschlossen, aber nicht aggressiv. Humor und Kreativität ist Trumpf. Es ertönen Gesänge wie „Gasumlage finanzieren, lasst doch Christian Lindner frieren“ oder „Ohne euch reichts für uns schon: Lindern in die Produktion“. 

Dabei laufen Menschen nebeneinander, die sonst wenig gemeinsam haben. Da läuft die Grüne Jugend neben Leuten, die den Grünen Bundeswirtschaftsminister derbe zum Rücktritt auffordern. Junge Antifas neben ziemlich bürgerlichen Typen, die ihr bisschen hart erarbeiteten Wohlstand schwinden sehen. Und warum auch nicht? Debatten über die NATO oder Nord Stream 2 bringen auf dieser Demo niemanden weiter! Das klare Formulieren von gemeinsamen Zielen dagegen schon. 

 

Ohne Hilfe vom Bund könnte in vielen Betrieben bald das Licht aus gehen

 

Die Reichen und Superreichen, Konzerne wie Amazon und Co. haben schon in der Pandemie einen unverschämten Reibach gemacht. Durch den Ukraine-Krieg verdienen sich die Öl- und Energiekonzerne eine goldene Nase. Gleichzeitig droht auch Thüringer Unternehmen der unverschuldete Exitus. Ob Bäckerei, Brauerei, Glasindustrie oder die ohnehin schwer gebeutelte Kulturbranche: ohne Hilfe vom Bund könnte in vielen Betrieben bald das Licht aus gehen. 

 

Am Ende droht sogar das Bier knapp zu werden

 

Ganz zu schweigen von all denen, bei denen das Geld auch schon vor Krieg und Corona knapp war. Wenn sich die Kosten für Heizöl verdoppeln und verdreifachen, dann ist jetzt schon klar: Es wird viele Leute geben, die das Geld nicht haben werden. Den strukturell benachteiligten Osten, trifft das natürlich wieder mal härter. Und das Heizöl ist wahrlich nicht das einzige, was unbezahlbar wird.  Am Ende droht sogar das Bier knapp zu werden, weil die Brauereien die Kohlensäure nicht bezahlen können.

Angesichts dieser gravierenden Lage sind die Forderungen klar wie Kloßbrühe: Energiepreisdeckel, Mietenstopp und ein wirklich wirksamer  Inflationsausgleich. Und auch bei der Frage, wie das finanziert werden soll, herrscht allgemeine Einigkeit: Indem die Kriegs- und Krisengewinner zur Kasse gebeten werden! Schließlich ist eine Übergewinnsteuer in anderen Ländern längst Realität. 

 

Niemand darf in diesem Winter frieren! 

 

Der Auftakt in den „Heißen Herbst“ war in Erfurt ein voller Erfolg. Viele scheinen begriffen zu haben, worauf es jetzt ankommt. Michael Rudolph, Vorsitzender des DGB Hessen-Thüringen bringt es stellvertretend auf den Punkt: „Niemand darf in diesem Winter frieren! Das müssen die Zeiten sein, in denen die starken Schultern endlich mehr tragen als die schwachen. Deshalb brauchen wir endlich eine konsequente Besteuerung von Vermögen“. 

 

Thomas Holzmann