„Kein Gott, kein Staat“

Die Thüringer Klimabewegung solidarisierte sich beim globalen Aktionstag am

3. März mit den Klebeaktionen der „Letzten Generation“. Deutlich wurde, dass immer mehr Ältere zu den Aktionen kommen und die Szene noch politischer geworden ist.

 

In jüngster Zeit hat die „Letzte Generation“ Fridays for Future medial den Rang abgelaufen. Fast täglich kleben sich deren Aktivist*innen überall in Deutschland und Österreich auf den Straßen fest. Eines lässt sich dabei klar feststellen: Die Aufmerksamkeit ist ihnen damit gewiss.

Insofern überrascht es nicht, dass sich auch beim Klimastreik in Erfurt „festgeklebt“ wurde, wenn auch nur symbolisch aus Solidarität mit der „Letzten Generation“. Die Demoteilnehmenden setzten sich für einige Minuten auf den Juri-Gagarin-Ring und legten eine Hand auf die Straße. Wie bei der „Letzten Generation“ machen dabei nicht nur junge Menschen mit.

 

Unabhängig vom Alter sind die Aktivist*innen immer heftigeren Repressalien, bis hin zu Präventivhaft und Razzien, ausgesetzt. Die wären bei der bewaffneten Reichsbürgerszene besser aufgehoben, meinten die über 500 Demonstrierenden, die am 3. März lautstark zwei Stunden durch die Landeshauptstadt zogen.

In Zwischenkundgebungen wurde auch auf die lokale Dimension der Klimakrise aufmerksam gemacht. So steht der Komplex aus Hotel, Supermarkt und Parkhaus am Löbertor in der Kritik wie auch die schleppende Umsetzung der Bürgerbegehren Klima- und Radentscheid.

 

Aber natürlich haben Fridays for Future Erfurt und andere auch das große Ganze im Blick. Dass die AfD bei der nächsten Landtagswahl 2024 in Thüringen stärkste Kraft werden könnte, treibt sie genauso um, wie das alltägliche Sterben im Mittelmeer oder der Krieg in der Ukraine.

 

Neben der Forderung nach Klimagerechtigkeit ist häufig ein lautstarkes A-Anti-Anticapitalista zu hören. Die Stimmung ist dabei keineswegs aggressiv. Im Gegenteil, viele beweisen auf ihren Plakaten Humor. Unser Favorit: „Kein Gott, kein Staat, nur der Mönch von Lützerath.“ Das spielt auf ein virales Video während des Kampfes gegen das Abbaggern des Dorfes in Nordrhein-Westfalen durch den Energieriesen RWE an. Darauf sind mehre Polizisten zu sehen, die slapstickhaft durch den Schlamm stolpern, während ein barfüßiger Mönch damit keine Probleme hat und einen der Beamten zurück in den Matsch schubst.

 

Wer deswegen aber immer noch glaubt, hier seien nur verwirrte Kinder unterwegs,  sollte dringend mal in Erfurt oder Weimar vorbei kommen. Hier sind die derzeit aktivsten Ortsgruppen von Fridays for Future zu finden. Ihnen geht es zuerst, aber nicht nur um Klimagerechtigkeit. Antifaschismus und Antikapitalismus sind in Thüringen bei Klimaschützern*innen selbstverständ- licher Grundkonsens.  Neuerdings sind auch ältere Semster zu sehen, die mit einem „Fuck this System“-Plakat vor dem Rathaus stehen.

 

Wollen Iraner*innen für „Menschen, Leben, Freiheit“ auf die Straße gehen sind sie ebenso dabei wie bei einer Demo für die Rechte von Menschen mit Behinderung. Und wer hat noch mal die tagelangen demonstriert gegen Wahl von Thomas Kemmerich von Fascho Höckes Gnaden organsiert: Fridays for Future und die Omas gegen Rechts. Letzte sind auch bei allen Klimaaktionen dabei.  Gleiches gilt auch für immer mehr Gewerk- schafter*innen.

 

Anderswo haben am 3. März Klimaschützer*innen und die Beschäftigen im Nahverkehr sogar gleich  gemeinsam gestreikt. Logisch, denn die Verkehrswende kann nur mit einem massiven Ausbau von Bus und Bahn und gutem Lohn für gute Arbeit gelingen. Blöd nur, dass Thüringen nicht an den Spartentarifvertrag TVN umd dami an die Entgeltentwicklung der Abschlüsse im öffentlichen Dienst gekoppelt ist. Wenn aber Klimaschutz, Antifaschismus und Arbeitskämpfe bald Hand in Hand gehen, haben Konservative und Rechte die Hosen vor dem Schreckgespenst politischer Streik, gestrichen voll. 

 

Thomas Holzmann