Vom Sofa aufstehen

Zur Sache

Die Omas gegen Rechts sind Symbol der älteren Generation im Kampf gegen ein rechtsextremes Klima. Auch in Erfurt gibt es Ortsgruppe eine aktive Ortsgruppe.

 

Von Thilo Manemann 

 

Die Schilder sind schlicht. Die Botschaft ist eindeutig. Die Menschen, die sie hochhalten, sind vielen bereits bekannt. Die Bewegung nennt sich Omas gegen Rechts und hat sich auch in Erfurt etabliert. Am 1. Mai als Ortsgruppe gegründet, umfasst sie mittlerweile mehr als 30 Mitglieder. Den Ursprung hat die Bewegung in Österreich. Auslöser war das Erstarken der FPÖ und die „bedrohlichen Entwicklungen wie Antisemitismus, Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Faschismus“. Das positive Echo hat dazu geführt, dass die Gruppe auch Eingang in die deutsche Gesellschaft gefunden hat. Sie nahm einen öffentlichkeitswirksamen Platz ein, der bis dahin in der Protestkultur kaum besetzt war: Menschen – vorwiegend Frauen* – älterer Generationen, die warnend auf die aktuelle Situation aufmerksam machen.

 

Die Omas gegen Rechts haben einen gemeinsamen Nenner: Sie wollen eine lebenswerte Zukunft für die Kinder und Enkelkinder. Im Hinblick auf die Erfahrung vieler Mitglieder und der aktuellen Situation sagt eine Aktivistin: „Wir haben alle Enkelkinder und wollen nicht, dass es ein zweites 1933 gibt.“ Doch eine lebenswerte Zukunft zu wollen, schließe viele Bereiche ein. Rechtsextreme Tenden-zen seien nur ein Teil davon. Unter anderem engagieren sich die Omas gegen Rechts auch für ein Umdenken was die Einheit Deutschlands betrifft. Sie möchten, dass die Entzweiung in Ost und West ende und die Einheit hervorgehoben werde. Zudem wehren sie sich gegen die Aneignung der Proteste von 1989 durch die Rechtspopulist*innen. „Wir sind für Demokratie, Pressefreiheit und Wahlrecht auf die Straße gegangen und das wird mit Füßen getreten“, sagte eine Aktivistin. Viele dieser Werte müssten sie jetzt wieder gegen die Politik der AfD verteidigen.

 

Die Gruppe hat zwei Faktoren, wie sie selbst sagt. Zum einen wolle sie die Menschen motivieren von ihrem Sofa aufzustehen, die längst nicht mehr an eine Veränderung glauben. Die Hürde sei gerade für ältere Menschen oft sehr hoch, sich politisch zu betätigen. Diese Hürde hoffen die Omas gegen Rechts abbauen zu können. Zum anderen sei es wichtig, durch ihre Anwesenheit und Redebereitschaft Menschen zurückzugewinnen, die ein folgenschweres Kreuz bei der AfD hinterließen. „Wer wiederspricht schon Omas“, fragte eine von ihnen. Ob letzteres erfolgreich sei, scheint auch in der Gruppe ungewiss. Vielmehr besteht die Hoffnung, dass Menschen bei ihrem Anblick ein zweites Mal über ihre Entscheidungen nachdenken.

 

Doch dass sie neue Bilder produzieren, ist ihnen bewusst. Der Nutzen sei nicht zu unterschätzen: Die Gruppe älterer Frauen*, die sich selbstbewusst zwischen Antifaschist*innen und die Polizei schiebt. Als Schutz und als Kommunikatorinnen. „Die Polizei reagiert anders auf uns“, sagte eine der Aktivistinnen. Dass ältere Menschen nichts mehr bewegen würden, wiederlegen sie durch ihre bloße Anwesenheit. Sie bringen Menschen zum Nachdenken: jene die am Rand ständen, Demonstrationsteilnehmer-*innen und eben auch Polizist*innen.

 

Aber sie sind auch eine Herausforderung für die üblichen Akteur*innen: Für die Polizei, die es wesentlich einfacher hätte, gegen schwarzgekleidete Antifas vorzugehen. Für die Rechtspopulist*innen, die eine Zeit heraufbeschwören, der sich nun Zeitzeuginnen entschieden entgegenstellen. Für die antifaschistische Bewegung, die nun eine wichtige Generation zur Seite stehen hat, gegen die sie sonst oft aufbegehrt hat. 

 

Eine Aktivistin von Omas gegen Rechts erklimmt bei der Demonstration von dem Bündnis „Alles muss man selber machen“ am 12.10. den Lautsprecherwagen. Sie redet frei und mit überzeugenden Worten. In ihrer Stimme spiegelt sich die Besorgnis über die aktuelle Situation wieder. Sie erinnert an den Schwur von Buchenwald. An den mahnenden Ort des Konzentrationslagers gleich um die Ecke. Es sind klare Signale.

 

Das Potenzial dieser älteren Generation kanalisiert sich jetzt in einer Bewegung, die einen Namen hat und sich selbstsicher auf der Straße präsentiert. Das Credo der Omas gegen Rechts, ist ein Aufruf an die Gesellschaft: „Es geht uns alle an!“