Parteifinanzierung steht vor großen Herausforderungen

Thema

Die Thüringer Linkspartei hat als einziger Landesverband eine „Finanzierung von unten“, das heißt: das Geld wird an der Basis erwirtschaftet und von dort aus verteilt

Eine handlungsfähige LINKE braucht nicht nur Mitglieder und SympathisantInnen mit großen Engagement, vielen Ideen und Bürgernähe, sondern auch handlungsfähige Strukturen, Geschäftsstellen, Personal und Öffentlichkeitsarbeit. Dazu benötigen wir Geld, vor allem Beiträge und Spenden. Vielen unserer Mitglieder ist bewusst, dass wir unsere politischen Ziele ohne eine finanziell handlungsfähige LINKE nicht erreichen können. Mitgliedsbeiträge und Spenden sowie  eine saubere, nachvollziehbare und effektive Finanzarbeit der Partei sind eine wichtige politische Größe. Gerade in Zeiten von demographischem Wandel und Mitgliederrückgang bei allen Parteien, steht die Finanzierung vor großen Herausforderungen. 

 

Finanzsystem der Thüringer LINKEN


Seit 1992 verfolgt unser Landesverband – als einziger Landesverband der LINKEN bundesweit – das Finanzierungskonzept „von unten“. Das bedeutet: Die Kreise nehmen Mitgliedsbeiträge ein und finanzieren aus diesen Beiträgen ihre eigene und die Arbeit des Landesvorstandes. Spenden verbleiben der Gliederung, die sie einnehmen. Der Landesverband finanziert sich selbst, ohne Zuschüsse. 

So verstehen wir den Begriff Basisdemokratie auf dem Gebiet der Finanzen. Andere Landesverbände nehmen Mitgliedsbeiträge auf Landesebene ein und zahlen den Kreisen Anteile aus. Ein Vorteil unseres Modells ist die größere Nähe und Anbindung der Mitglieder an ihre Kreisverbände. Im Verhältnis zu allen Ost-Landesverbänden hat Thüringen – trotz Rückgangs – die günstigste Mitgliederentwicklung. Resultat ist das sehr selbstbewusste Handeln unserer Kreisverbände und eine meist disziplinierte Finanzarbeit vor Ort, denn jede Einnahme wirkt sich zuerst auf die Kraft des Kreisverbandes aus. Es ist von Vorteil, dass der Landesvorstand sich nicht verselbständigt und er besonders transparent arbeiten muss. In allen wichtigen Finanzfragen werden die Kreise frühzeitig einbezogen. Nur in Absprache mit ihnen kann der Landesverband zusätzliche Aufgaben realisieren, wie z. B. die vor Kurzem beschlossene Bildung eines Kommunalwahlfonds.

Nachteilig ist, dass Entscheidungsprozesse zu Finanzenfragen länger dauern, denn sie müssen bis ins Detail mit allen Kreisen beraten werden. Dieser Nachteil hat zugleich den Vorteil, dass ein besseres wechselseitiges Verständnis zwischen Kreisen und Land besteht. Bei finanziellen Engpässen im Kreis muss der Landesvorstand mitunter allerdings auf seine Beitragsanteile warten. Das schränkt die Handlungsfähigkeit des Landesvorstandes ein. Höherer ehrenamtlicher Arbeitsaufwand ist auch mit der Beitragserhebung im Kreis verbunden, da leider noch immer viele Mitglieder ihre Beiträge nicht vom Konto im Lastschriftverfahren abbuchen lassen. Das aber fordert unsere Finanzordnung!

Trotz Mitgliederrückgangs haben wir es in den letzten zehn Jahren geschafft, die Thüringer Linkspartei komplett selbst zu finanzieren, davor waren wir auf Zuschüsse angewiesen. Und wir konnten in allen Kreisverbänden wenigstens eine Geschäftsstelle erhalten. Das ist bundesweit einmalig!


Mitgliedsbeiträge


Sie sind unsere wichtigste Einnahmequelle und machen 80 Prozent der Einnahmen in den Kreisen aus. Die restlichen 20 Prozent sind vor allem Spenden und Mandatsträgerbeiträge – regelmäßige Spenden unserer Abgeordneten und Wahlbeamten. Im Durchschnitt zahlte 2009 jedes Thüringer Mitglied 11,53 Euro monatlichen Beitrag. Daraus ergeben sich mehrere Problemfelder:

1. Unsere durchschnittliche Beitragshöhe ist – verglichen mit den anderen ostdeutschen Landesverbänden – zu niedrig. Beispiele: Sachsen-Anhalt: 12,51 Euro, Mecklenburg-Vorpommern 13,75 Euro, Brandenburg 14,86 Euro. Mit jedem Euro pro Mitglied und Monat mehr könnten unsere Beitragseinnahmen um 80.000 Euro im Jahr wachsen. Viele unserer Mitglieder zahlen – trotz Lohn- oder Rentenerhöhungen – seit vielen Jahren den gleichen, oft zu niedrigen, Mitgliedsbeitrag. Natürlich gibt es auch Mitglieder, die mehr Beitrag zahlen, als sie müssten – obwohl es manchen von ihnen durch Hartz IV, Strafrenten usw. wirklich sehr schwer fällt.

2. Viele Mitglieder prüfen und korrigieren leider nicht regelmäßig – wenigstens jährlich – ihre Beitragshöhe. Laut Finanzordnung der LINKEN stuft sich aber jedes Mitglied auf Grundlage seines Nettoeinkommens selbst in der Beitragstabelle ein und legt seinen Beitrag entsprechend fest. Manchen Mitgliedern ist diese Tabelle offenbar unbekannt.

3. Unsere Partei hat einen hohen Altersdurchschnitt. Die ausscheidenden, vorwiegend älteren Mitglieder, zahlten zumeist bedeutend höhere Beiträge als unsere Neumitglieder. Dadurch stagnieren unsere Beitragseinnahmen insgesamt.

4. Dauerhafte und offensive Mitgliederwerbung im familiären und persönlichen Umfeld, bei unseren SympathisantInnen und parteilosen MandatsträgerInnen findet kaum statt. Da unsere geburtenstärksten Jahrgänge zwischen 1925 und 1935 liegen, verlassen uns leider noch mehr Mitglieder, als neue hinzukommen. 


Lastschrift-Einzugsverfahren


Noch immer zahlen 3.000 unserer 6.850 Mitglieder ihre Beiträge und regelmäßigen Spenden in bar oder durch Banküberweisung – also nicht im Lastschriftverfahren, wie erforderlich. Das bedeutet eine enorme Mehrbelastung für unsere durchweg ehrenamtlichen SchatzmeisterInnen in den Kreisen. Jeder Beitrag muss einzeln mit Datum, Betrag, Anzahl der Monate, Beleg-Nummer erfasst und dem richtigen Mitglied zugeordnet werden. Beitragslisten müssen gedruckt, ausgegeben, beschrieben, abgerechnet, geprüft und abgeheftet werden. Bei der Einzelerfassung passieren Fehler. Daher werden z. B. Zuwendungsbescheinigungen verspätet ausgegeben. Diese Beiträge werden meistens zu spät gezahlt und nicht wie festgelegt „jeweils zu Beginn des Zahlungszeitraums“. Wir haben rund 800 Beitragsschuldner, zum Teil über mehrere Monate, mit denen wir uns laufend auseinandersetzen müssen. Diese Selbstbeschäftigung ist überflüssig und überfordert uns permanent.

Von 15.000 Buchhaltungsvorgängen, die in unseren 21 Kreisverbänden bis zum 30. September erfasst wurden, sind allein 5.000 einzelne Beitrags- und Spendenzahlungen. Die Arbeit der KreisschatzmeisterInnen könnte durch mehr Lastschrifteinzug deutlich entlastet werden: Mittels weniger Knopfdrücke am Computer ist innerhalb von Minuten die Beitrags- und Spendenzahlung – einschließlich Nachweisführung – für den Kreis erledigt. Ich bitte deshalb alle Mitglieder, in den Kreisvorständen die Einzugsformulare auszufüllen.

Bar-Zahlungen mit drohendem Kontaktverlust zum Mitglied zu rechtfertigen, halte ich für untauglich: Mitgliederversammlungen könnten zeitlich entlastet werden, wenn nicht auch noch Kassierung stattfindet. Fast alle Kreisverbände produzieren regelmäßig „Kleine Zeitungen“ und stellen sie persönlich den Mitgliedern zu. Übrigens: Kontakt zum Mitglied nur wegen der Beitragszahlung zu unterhalten, ist kein politisch überzeugender Grund. Bei einer Reihe von Beitragsschuldnern ist dieses Argument ohnehin verfehlt.


Spenden und Mandatsträgerbeiträge


Die Mitgliedsbeiträge reichen für unsere Arbeit nicht aus. Wir sind zunehmend auf Spenden angewiesen. Im Gegensatz zu Union, SPD und FDP sind es bei uns nicht die Firmen, die mit Spenden Wohlverhalten erkaufen („Mövenpick“). Unsere Spenden erhalten wir von unseren Mitgliedern und SympathisantInnen. Im letzten Jahr waren es 3.688 Menschen, die 192.000 Euro spendeten. Wir sind die Partei der „kleinen Leute“, was mich mit Stolz erfüllt.

491 unserer Abgeordneten,   MandatsträgerInnen und WahlbeamtInnen spendeten im letzten Jahr weitere 300.000 Euro an die Partei, allen voran unsere Landtagsfraktion. Allen diesen SpenderInnen möchte ich herzlich danken.

Dass 862 SpenderInnen ihre Spenden regelmäßig durch Lastschrifteinzug einziehen lassen, ist eine gute Ausgangsposition. Wir wollen mehr SympathisantInnen unserer Partei als Spender gewinnen. Leider erfüllen noch nicht alle unsere kommunalen MandatsträgerInnen, Wahlbeamten und Aufsichts- und Verwaltungsräte den Beschluss des Landesparteitages von 2009, mindestens zehn Prozent ihrer funktionsbedingten Einkünfte an die Partei zu spenden.


Unsere Mitglieder und SympathisantInnen können sich auch in Zukunft darauf verlassen, dass wir mit Parteigeldern sehr verantwortungsbewusst umgehen werden. Das ist der fleißigen Arbeit unserer Kreisvorstände und besonders der KreisschatzmeisterInnen und weiteren Finanzverantwortlichen zu danken. Die beste Form des Dankes ist,  Mitgliedsbeiträge und regelmäßige Spenden im Lastschriftverfahren einziehen zu lassen. 

Holger Hänsgen, Landesschatzmeister