Der Hauptmann von Baku

Es ist der größte Skandal seit Kohls schwarzen Kassen und Thüringen ist

mittendrin im Sumpf. Es geht um Maskendeals, illegale Parteispenden, die autoritären Herrscher von Aserbaidschan und auch um den Politikwechsel.

 

Flieg' nicht so hoch, mein kleiner Freund, hätten seine CDU-Parteikolleg- *innen Mark Hauptmann zurufen sollen. Zu spät. Wie einst Ikarus kam er der Sonne zu nahe und stürzt jetzt tief. Aber worum geht es überhaupt in der CDU-Affäre, um Masken-Deals, illegale Spenden und mysteriöse Nacht- und Nebelaktionen? Was für ein Typ ist eigentlich dieser Mark Hauptmann? Und bedeutet der größte CDU-Skandal seit Kohls schwarzen Kassen jetzt Rückenwind für einen grün-rot-roten Politikwechsel auch im Bund?  

 

Mit 15 in die Junge Union

 

Hauptmann wurden 1984 in Weimar geboren und trat  im zarten Alter von 15 Jahren in die Junge Union ein. In Anlehnung an Max Webers Artikel „Politik als Beruf“, dürfte er der Typus sein, der von und weniger für die Politik lebt. Nach dem Abi studierte er Politik, Wirtschaftsgeschichte und Interkulturelle Wirtschaftskommunikation in Jena, Osaka und Yale. Es folgte ein steiler Aufstieg: Büroleiter bei Christian Hirte, ab 2013 – mit 29 Jahren –  selbst CDU-Bundestags-Abgeordneter und wirtschaftspolitischer Sprecher und überall die wohl nicht ganz  sauberen Hände drin. Sei es mit dubiosen Briefkastenfirmen oder seinen Geschäftsbeziehungen zum autoritären Regimen wie nach Aserbaidschan. 

 

7.000-Euro-Spende für Masken?

 

Hauptmann wird derzeit zweierlei vorgeworfen: Er soll Maskenlieferungen, u.a. von eine Frankfurter Firma, an Landkreise vermittelt haben, wofür der CDU-Kreisverband Suhl eine Spende von 7000 Euro erhalten haben soll. Dessen Vorsitzender war bis zum Bekanntwerden Mark Hauptmann.  Laut Gesetz dürfen Parteien aber keine Spenden annehmen, die ihnen „erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden“. Außerdem hat Hauptmann der Landrätin von Schmalkalden-Meinigen, Peggy Greiser, einen solchen Deal angeboten, was die SPD-Politikerin aber abgelehnt hat. 

 

Besondere Beziehungen zur Regierung von Aserbaidschan

 

Zudem wirft man ihm vor, besondere Beziehungen zur Regierung von Aserbaidschan zu pflegen, die wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik steht. Unter anderem soll die Regierung Anzeigen in einer von Hauptmann herausgegebenen Zeitung („Südthüringer Kurier“) geschaltet haben, außerdem gibt es Gerüchte um undeklarierte Spendenzahlungen an seinen Kreisverband, die ebenfalls aus Aserbaidschan stammen könnten. Hauptmann gibt die Parteispenden zu, bestreitet aber, sich persönlich bereichert zu haben. Sein Bundestagsmandat hat Hauptmann bereits niedergelegt. 

Die Prüfung der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft erstreckt sich nach Angaben der Sprecherin sowohl auf Hauptmanns Maskengeschäfte als auch auf die Aserbaidschan-Verbindungen.  Gegenüber der Springer-Zeitung „Welt“  bestritt Hauptmann alle Vorwürfe. Für den Rückzug aus dem Bundestag habe er sich nur entschieden, weil die Anfeindungen zu groß geworden seien.

 

Prüfung heißt auch nicht Ermittlungsverfahren, dazu muss erst noch seine Immunität aufgehoben werden. Bleibt zu befürchteten, dass etwaige Beweise bis dahin längst vernichtet wurden. Schon am Tag nach Bekanntwerden des Skandals tauchte der Thüringer CDU-Generalsekretär Christian Herrgott in der Suhler CDU-Zentrale auf. Angeblich natürlich nur, um die illegale 7.000-Euro-Spende an die Bundestagsverwaltung zu überweisen. Aber wer kann garantieren, dass nicht auch Festplatten formatiert und Akten geschreddert wurden? 

 

CDU-Ehrenerklärung: Wie ein Gag aus "die anstallt" 

 

Auf diese Fragen wird es wohl leider keine befriedigenden Antworten geben. Die CDU will sich aus „Maskengate“ und der „Aserbaidschan-Connection“ rauswinden. Die „Ehrenerklärung“, die alle Unions-Abgeordneten unterschreiben mussten, mit der sie versichern, dass sie sich mit Maskendeals nicht persönlich bereichern, klingt fast wie ein Gag aus der ZDF-Satire-Sendung „Anstalt. 

 

Hennig-Wellsow:  "Wir brauchen keinen Abgeordneten-Knigge"

 

„Ich persönlich misstraue allen Ehrenerklärungen, wie sie jetzt die Unions-Fraktion von ihren Abgeordneten verlangt. Wir brauchen keinen Abgeordneten-Knigge, sondern klare und transparente Regeln. Und wir brauchen Konsequenzen. Wer bestechlich ist, wer sich bereichert oder der Vorteilsnahme überführt wird: der fliegt“, meint dazu die LINKE-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow. 

 

Lobby-Skandale am laufenden Band

 

Klare Ansagen kommen auch von anderen Stellen: „Bei CDU und CSU reihen sich Lobby-Skandale am laufenden Band. Zugleich verhindert die Union schon seit Jahren, dass schärfere Gesetze solchen Auswüchsen einen Riegel vorschieben. Wir brauchen strengere Regeln für Abgeordnete, abschreckende Strafen für Verstöße, Begrenzung von Parteispenden und umfassende Transparenz per Gesetz!“, so Ulrich Müller von der NGO Lobbycontrol. Mark Hauptmann und andere Abgeordnete weigern sich aber weiter mit allen Mitteln,  auch nur ihre Nebeneinkünfte offen zu legen. 

 

Ein Sumpf aus Korruption und Vorteilsnahme

 

Für Susanne Hennig-Wellsow ist das schwarze Lobbykratie mit System: „Jetzt offenbart sich ein Sumpf aus Korruption und Vorteilsnahme. Das gefährdet unsere Demokratie.“ 

 

Die Männer nach Merkel können es nicht

 

Anderseits bietet der Skandal im mal wieder so genannten Superwahljahr auch Chancen. „Was wir hier in diesen Tagen sehen, ist ganz zu Recht als die moralische Kernschmelze der Union bezeichnet worden“, meint die LINKEN-Vorsitzende. Und noch etwas zeige diese Krise der Union überdeutlich: „Diese Partei ist erschöpft, die Männer nach Merkel können es nicht. Es ist Zeit für eine Regeneration in der Opposition. Es ist Zeit für eine progressive Erneuerung. Reden wir jetzt endlich darüber, was links der Union möglich ist.“

 

Kopppeln die Grünen den schwarzen Waggon ab? 

 

Angesicht des Skandals und der jüngsten Erfolge für Grüne bzw. SPD bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz rückt diese Erneuerung für den Herbst in greifbare Nähe. Zwar rollt der schwarz-grüne Zug noch immer. Aber die designierte Lokführerin, Annalena Baerbock (Grüne) könnte sich eventuell noch entscheiden, den schwarzen Waggon abzukoppeln und lieber zwei Rote anzuhängen. Dazu müsste es nur eine rot-rot-grüne Mehrheit geben und die Grünen hinter der CDU landen. Und für eine Fortsetzung von Rot-Rot-Grün in Thüringen sind die Chancen mit Maskengate ebenfalls deutlich gestiegen.                

 

 

Thomas Holzmann